Der Rundkurs von Spa Francorchamps in Belgien gehört zu den berühmtesten Rennstrecken der Welt. Eingebettet in hüglige Wälder wird er oft von Nebel und widrigen Wetterumständen heimgesucht, war aber auch verantwortlich für einige der berühmtesten Langstrecken- und Formel-1-Rennen überhaupt. Hier wurde Motorsportgeschichte geschrieben, hier fuhren die berühmtesten Piloten auf legendären Automarken ihre wichtigsten Rennen.
Noch heute wird Spa in einem Atemzug mit der grünen Hölle (Nürburgring), Le Mans, Suzuka, Monza oder Indianapolis genannt, wenn es um die grossen Rennstrecken der Welt geht.
Sehr schnell
Ursprünglich war der Rundkurs 14 Kilometer lang und mit langgezogenen Bögen wie der berühmten “Eau Rouge” extrem schnell, so schnell, dass Henri Pescarolo im Matra Prototyp eine Rundenrekord mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 262 km/h schaffte im Jahr 1973. Jacky Ickx gelang im Ferrari 312 PB sogar eine noch schnellere Zeit.
Mit der Sicherheit stand es allerdings nicht zum besten und nach einem schweren Unfall beim belgischen Grand Prix setzten sich die F1-Piloten unter Führung von Jackie Stewart für bessere Sicherheitsbedingungen und schnellere medizinische Versorgung ein.
Im Jahr 1979 schliesslich wurde der Rundkurs mehr oder weniger halbiert, die Passagen Burnenville und Masta wurden ausgelassen, sie waren zu schnell gewesen und mit Häusern praktisch an der Strecke zu gefährlich. Auch der Streckenteil Stavelot musste daran glauben, trotzdem behielt die gekürzte Rennstrecke ihren typischen Charakter.
Rennfahrer lieben diesen Rundkurs, auch wenn er immer wieder Menschenleben gefordert hat, so etwa als Stefan Bellof im Jahr 1985 versuchte im Porsche 956 Jackie Ickx bei Eau Rouge aussen herum zu überholen. Michael Schumacher war trotzdem einer der grossen Fans dieser Strecke und gewann insgesamt sechs Mal dort. Renngott Ayrton Senna schaffte dies nur fünfmal, während Jim Clark und Kimi Raikkonen viermal erfolgreich waren. Schon alleine diese Namen zeigen, dass es vor allem den Ausnahmetalenten gegönnt war, in Spa zu siegen.
Klassisch genauso attraktiv
Peter Auto organisierte seine Spa Classic bereits zum siebten Mal, diese Veranstaltung gehört zu den populärsten Peter-Auto-Anlässen überhaupt, vor allem in den Jahren, in denen weder die Le Mans Classic noch der historische Grand Prix in Monte Carlo stattfinden.
Nicht weniger als 20’000 Zuschauer säumten am Wochenende vom 19. und 21. Mai 2017 die Strecke, angereist hauptsächlich aus Grossbritannien und den Niederlande, wie die vielen TVRs und Astons auf den Parkplätzen klar dokumentierten.
Fast typisches Spa-Wetter
Natürlich konnte auch das Spa-Classic-Wochenende nicht komplett trocken ablaufen, aber immerhin regnete es nur am Freitag, während Samstag und Sonntag trocken waren, der Sonntag sogar mit Sonne aufwartete.
Sechs Rennfelder
Für viel Unterhaltung bei den Besuchern sorgten natürlich die verschiedenen Rennserien, insbesondere das Dreistunden-Rennen mit Autos der Sechzigerjahre. Für viel Interesse aber sorgten auch die beiden Rennen der Gruppe C Boliden, die zwei Rennläufe der Formel-2-Piloten sowie die Wettbwerbe der in zwei Gruppen aufgeteilten Langstrecken-Boliden (CER 1: 1966 bis 1972, CER 2: 1972 bis 1981).
Die Fans der früheren 24-Stunden-Rennen freuten sich sicherlich an den Autos des Heritage Touring Cups und Italophile fieberten natürlich den beiden Rennläufen der Trofeo Nastro entgegen.
Die Schnellsten
Am schnellsten umrundeten erwartungsgemäss die Gruppe-C-Sportwagen aus den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren den Rundkurs in den Ardennen. Am schnellsten schaffte dies in den beiden Rennen Langstrecken-Profi Nicolas Minassian im Mercedes-Benz C11, einem Ex-Werksauto, das einst von Michael Schumacher gesteuert wurde. 2:14,965 respektive eine Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 187 km/h liess er sich notieren.
Und er erzählte mit grossen Augen, wie es sich anfühlte mit einem 930-PS-Prototypen um diese sagenhafte Rundstrecke zu kurven, wobei er Spitzengeschwindigkeiten von gegen 340 km/h erreichte am Ende der Geraden nach Eau Rouge.
Hätte er alle Runden so gut erwischt, wie die achte, so wäre er zuoberst auf dem Treppchen gestanden. Dort aber durfte es sich nach beiden Läufen Steve Tandy bequem machen, nachdem er im Spice SE90 von 1990 jeweils als Erster die karierte Flagge sah. Der Mercedes schaffte es einmal auf den zweiten und einmal auf den dritten Platz.
Die Langläufer
Das Startfeld zu den drei Stunden “Sixties Endurance” erinnerte ein wenig an die Langstreckenrennen der Sechzigerjahre, schliesslich standen in Spa etliche Shelby Cobras 289, Jaguar E-Types, Shelby Mustang 350 GT, Porsche 911 und Lotus Elan/Elite am Start, komplettiert um ein paar Exoten wie Elva GT160, Cooper Monaco oder Porsche 904 GTS.
Der Sieger, Philipp Oettli spulte in seiner Cobra in den drei Stunden 39 Runden ab und distanzierte den Zweiten gleich um einen ganzen Umlauf.
Vier Shelby Cobra sahen die karierte Flagge zuerst, dann folgten zwei Jaguar E-Types. Immerhin 47 von gegen 70 gestarteten Fahrzeugen erreichten das Ziel des schnellen Rennens.
Tourenwagen wie einst
Wie einst bei den berühmten 24-Stunden-Rennen von Spa standen beim Heritage Touring Cup Autos wie der Ford Capri 2600 RS, der BMW 3.0 CSL oder der Opel Commodore GS/E am Start.
Und wie damals machten die Fords und die BMWs den Sieg unter sich aus.
Yves Schemama konnte sich im Ford Capri 2600 RS zweimal durchsetzen und einmal Eric Mestdagh/Pierre-Alain Thibaut auf einem BMW 3.0 CSL sowie im zweiten Lauf Thierry de Latre du Bosqueau/Raphaël de Borman auf einem Ford Escort 1600 RS auf den zweiten Platz verweisen.
Fast komplett rot
Bei der Trofeo Nastro Rosso, als faktische Ablösung der früheren Ferrari-Maserati-Challenge, standen sich vor allem Ferrari GT-Fahrzeuge als Gegner gegenüber, ergänzt um einige Bizzarrini, Maserati sowie Porsche und Mercedes-Benz.
Der belgische Gentleman-Rennfahrer Vincent Gaye stellte seinen (nicht roten) Ferrari 275 GTB/C auf die Pole Position.
Auch im Rennen liess er sich nicht überholen und gewann beide Läufe souverän, eimal gefolgt von Peter Muelder/Christian Traber im Bizzarrini 5300 GT, im zweiten Lauf mit Carlos Monteverdi/Gary Pearson im Schlepptau. Akustisch und optisch waren diese beiden Rennen sicherlich Höhepunkte des Wochenendes.
Langstreckenhelden
Obwohl am Start hatten die einstigen Langstreckenhelden Ferrari 512 M oder Porsche 910 mit dem Ausgang des Rennens der älteren CER-1-Gruppe nichts zu tun. Es siegte Philipp Brühwiler auf einem Chevron B19 FVC von 1971 gefolgt von Maurizio Bianco auf demselben Typ und Toni Seiler im Lola T70 Mk III von 1968.
Bei den neueren Sportwagen der CER-2-Gruppe gaben zwei Toj den Ton an. Yves Schemama siegte im SC 304 von 1976, gefolgt von Marc Devis im SC 303 von 1978, während der Ferrari 312 PB (mit dem Ickx 1973 so schnell um den Kurs gefahren war) mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun hatte.
Mit mehreren BMW M1, einem Lancia Beta Montecarlo Turo, einigen Porsche 934/935 und einem Ferrari 512 BB LM zählte gerade dieses Feld mit über 30 Rennwagen zu den Bunteren des Wochenendes.
Enge Entscheide bei der Formel 2
Zwar liess sich Marti Stretton im March 782 von 1978 einmal mehr nicht die Butter vom Brot nehmen, die Abstände zwischen ihm und dem jeweiligen Zweiten Matthew Watts blieben aber immer unter vier Sekunden, ruhig angehen konnte Stretton die beiden Rennläufe also nicht. Mit 18 Monoposti am Start war das Feld sicherlich nicht das grösste, mit immerhin sechs vertretenen Marken konnte man aber sicherlich nicht von Einheitsbrei sprechen.
Stretton umrundete den Kurs übrigens mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 180 km/h, also etwa 6 km/h schneller als die besten CER-2-Prototypen.
Geschäftiges Wochenende
Neben den Rennen konnten die Zuschauer auch noch einen Demo-Lauf einer möglicherweise zukünftigen Rennserie mitverfolgen, bei dem u.a. GT1-Rennwagen wie der Ferrari 550 Maranello, der Maserati MC12, der McLaren F1 GTR oder der Lamborghini Murcielago für eine eindrückliche Geräuschkulisse sorgten.
Und wer sich selber in Zukunft ins Cockpit setzen wollte, der konnte bei Bonhams am Sonntag Renn- und Sportwagen ersteigern. Die Ergebnisse wurden in einem separaten Bericht dokumentiert.
Wir danken Marc Sonnery, der seit diesem Jahr Bonhams Schweiz aus Genf heraus repräsentiert, für diesen Bericht.