Mitte der Sechzigerjahre lief das letzte Porsche 356 Cabriolet vom Band und bis 1989 mussten Offenfahrer warten, bis ihnen Porsche wieder ein “richtiges” Vierzylinder-Cabriolet anbot. Dass der Motor nun vorne sass und die Karosserielinie eine Weiterentwicklung des 924/944-Modells war, dies störte Sonnenanbeter kaum. Eher schon war der Preis von DM 89’900 oder CHF 83’100 ein Hinderungsgrund, sich das hübsche Cabriolet zuzulegen.
Vom 924 zum 944 S
Im Jahr 1976 präsentierte Porsche nach dem 914 erneut einen volkstümlichen Sportwagen, den 924.
Dass er ursprünglich als Projekt für Volkswagen entstanden war, sahen die frühen Käufer sofort, denn manches im Innern stammte direkt aus dem VW-Ersatzteillager. Am meisten übel nahm man es dem hübschen Coupé aber, dass auch der Motor normalerweise seinen Dienst in Audi- und Volkswagenmodellen tat.
Abhilfe kam mit dem Porsche 944, dem man halbierten 928-Motor verpasste, 2,5 Liter gross und 163 PS stark. Dank zweier Lanchester-Ausgleichswellen sollten sich die fehlenden Zylinder weniger stark auf die Laufruhe auswirken.
Der Schritt zum 944 S mit vier Ventilen pro Zylinder lag 1986 auf der Hand, denn diese Technologie wurde bereits beim 928 und beim 959 genutzt. Das Ergebnis waren 190 statt 163 PS, optisch aber orientierte sich der 944 S immer noch am 944-Basismodell.
Mit geglätteter Front hingegen zeigte sich der 944 Turbo, den es mit 220 und 250 PS gab und der dem Vierzylinder den Weg zu Fahrleistungen im 911-Terrain ermöglichte.
Mehr Hubraum für den 944 S2
1988 präsentierten die Zuffenhausener dann den 944 S2, der als Hybrid zwischen 944 Turbo und 944 S gesehen werden kann.
Optisch glich er dem Turbo fast wie ein Zwilling dem anderen, technisch kann er als Evolution des 944 S gesehen werden. 2990 cm3 gross war nun der Vierzylinder, womit er damals zu den grössten Motoren dieser Art überhaupt gehörte. Dank hochkarätiger Materialien und einer ausgeklügelten Motorsteuerung leistete er 211 PS, unabhängig davon, ob er mit oder ohne Katalysator ausgeliefert wurde. Und er vertrug sich auch mit schlechten Benzinqualitäten, ohne Schaden zu nehmen.
Dem gesteigerten Temperament wurde auch das Fahrwerk angepasst, viele er Teile konnten dazu direkt vom Turbo übernommen werden.
Design-Evolution
Karosserie und Interieur des S2 wurden direkt vom bisherigen 944 Turbo übernommen. Der cw-Wert verbesserte sich damit von 0,35 auf 0,33, die Front zeigte sich geglättet, die Flanken wirkten kraftvoller. Ein Unterflurspoiler am Heck sorgte für eine verbesserte Luftströmung.
Mehr Zylinder sind nicht immer mehr
Während die Konkurrenz mit sechs (Toyota Supra, Maserati Biturbo, Renault Alpine V6 Turbo) oder zumindest fünf (Audi Quattro 2.2 Turbo 20 V) Zylindern aufwartete, musste sich der 944 S2 mit deren vier begnügen. Vom Prestigewert einmal abgesehen, bedeuteten der Verzicht auf einige Zylinder aber kaum Nachteile. Zumindest bezüglich Temperament (0 bis 100 km/h in 6.8 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 239 km/h) jedenfalls konnte der 944 S2 mit seinem meist günstigeren Konkurrenten sehr gut mithalten. Und auch bezüglich Laufkultur bestätigten im die Redakteure der Automobil Revue “ein erstaunlich kultiviertes Laufverhalten, das gar nicht so weit von demjenigen eines Sechszylinders entfernt ist”.
Verbrauchsgünstig
11,8 Liter pro 100 km konsumierten die AR-Tester auf ihren Fahren, damit lag der Porsche sehr günstig. Mit dem 80-Liter-Tank waren Reichweiten von 700 km möglich und mit etwas Zurückhaltung beim Fahren konnte diese auf 800 und mehr Kilometer gesteigert werden.
“Keine Schwächen” notierten die Testfahrer für das Fahrwerk und Komfort und Ausstattung des Fahrerarbeitsplatzes überzeugten ebenso. Kein Wunder schloss der Bericht mit der Bemerkung: “Zwar entspricht der S2 optisch trotz verschiedener Modernisierungsmassnahmen nicht mehr ganz dem aktuellen Stylingtrend für Sportcoupés, doch wie schon vor ihm der legendäre 911er, profitiert er prestigemässig davon, dass ihn jedermann zweifelsfrei als Porsche identifiziert. Und ein echter Porsche ist er bestimmt.”
Am Schluss noch das Cabriolet
Als Schwestermodell zum 944 S2 Coupé wurde ab Januar 1989 ein Cabriolet verkauft, das durch die Firma ASC (American Sunroof Corporation) auf Basis des Coupés umgebaut wurde. Dazu wurden Verstärkungen im Bodenbereich vorgenommen und die Windschutzscheibe gekürzt. Die Glasheckscheibe wich einem herkömmlichen Kofferraumdeckel aus Stahlblech.
Das Stoffdach konnte manuell oder elektrisch (teilweise gegen Aufpreis) geöffnet/geschlossen werden und im offenen Zustand mit einer Stoffhaube geschützt werden. Der Aufpreis für die offene Version war beträchtlich. Immerhin erhielt der Kunde für den fünfstelligen Mehrpreis aber ein einigermassen komplett ausgestattetes Fahrzeug, das ab Modelljahr 1990 sogar serienmässig mit ABS und Airbag ausgerüstet war.
Nicht einmal drei Jahre
Über die drei Baujahre wurden nicht ganz 7000 Cabriolets gebaut, 1/3 davon war für die USA bestimmt. Dazu kamen noch 528 Turbo-Cabriolets, die es nur ein Jahr lang gab.
Modell | Modelljahr | Stückzahl |
---|---|---|
944 S2 Cabriolet | 1989 | 1286 |
944 S2 Cabriolet USA | 1989 | 91 |
944 S2 Cabriolet | 1990 | 2015 |
944 S2 Cabriolet USA | 1990 | 1724 |
944 S2 Cabriolet | 1991 | 1403 |
944 S2 Cabriolet USA | 1991 | 461 |
944 Turbo Cabriolet | 1991 | 528 |
Nachfolger des 944 wurde dann der 968, der sich designmässig stärker am Porsche 928 und am 964 jener Zeit orientierte.
Hochwertig
Setzt sich der Fahrer eines früheren 924 oder 944 ans Lenkrad des 944 S2 Cabriolets, so staunt er zuerst einmal ob der Wertigkeit des Interieurs. Vergessen sind die Schalter und Knöpfe des Volkswagen Golf, hier wird Porsche-Design pur geboten. Alleine die Plastikabdeckung auf der Mittelkonsole dürfte noch aus dem alten Porsche-924-Fundus stammen.
Die Sitze bieten guten Seitenhalt, der Schalthebel verströmt Präzisionsgefühl, das Lenkrad ist klein und griffig. Weiterhin sitzt das Zündschloss rechts vom Lenkrad, so dass auch Porsche-unbedarfte Naturen nicht ins Leere greifen.
Auch nach dem Start des Motors ist man keineswegs enttäuscht. Die “nur” vier Zylinder lassen einen tiefen Bariton, ergänzt mit einem Sirren erklingen, das gut zu diesem Sportwagen passt.
Dank des hohen Drehmoments, das bereits ab Tourenzahlen um 2000 Umdrehungen wirksam ist, beschleunigt der 944 S2 kraftvoll und lässt die 1390 kg (50 kg Mehrgewicht gegenüber dem Coupé) vergessen. Rückenschäden sind trotz der relativ straffen Fahrwerksauslegung nicht zu befürchten. Die Fahrt unter freiem Himmel macht Spass.
Fallen allerdings die ersten Regentropfen vom Himmel, dann ist trotz elektrischem Verdeck Arbeit angesagt. Zuerst will die Stoff-Persenning demontiert werden, wofür der Kofferraum geöffnet werden muss. Dann schliesst man mit elektrischer Unterstützung das Dach, muss aber zwei Handgriffe zu Hilfe nehmen, um die Kapuze vorne zu befestigen. Mit geschlossenem Dach ist die Sicht nach hinten allerdings weitgehend verbaut, dafür schützt die Stoffhaut aber zuverlässig vor einem Monsunregen.
Man mag vor 25 Jahren das Design des 944 S2 nicht mehr für ganz zeitgemäss gehalten haben, heute wirkt es klassisch-elegant und stimmig. Nur, dass man in einem 25-jährigen Auto unterwegs ist, dies lässt die damalige Porsche-Qualität einen schon nach wenigen Kilometern vergessen und man fragt sich, wo denn eigentlich der Fortschritt des letzten Vierteljahrhunderts geblieben ist.
Wir danken der Touring Garage , die uns den dunkelblauen Porsche 944 S2 als Cabriolet zur Verfügung stellte.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 29 / 1986 vom 17.Jul.1986 - Seite 31: Porsche 944 S mit 16 Ventilen
- AR-Zeitung Nr. 45 / 1988 vom 03.Nov.1988 - Seite 25: Das Vierzylinder-Angebot 1989 von Porsche
- AR-Zeitung Nr. 27 / 1989 vom 29.Jun.1989 - Seite 23: Porsche-Programm Modelljahr 1990
- ADAC Motorwelt Nr. 2 vom 1. Februar 1989 - Seite 28: Test Porsche 944 S2 Kat
- AR-Zeitung Nr. 51 / 1989 vom 14.Dez.1989 - Seite 21: Test Porsche 944 S2
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Der Motor war ein Gedicht. Bei niedrigen Drehzahlen - und vor allem unter Last - konnte er zwar die Vierzylinderbauweise nicht verbergen, da sorgte die fehlende Arbeitstakt-Überschneidung für das typische Vierzylinderbrummen. Aber schon ab mittleren Drehzahlen - und erst recht im hohen Drehzahlbereich bis 7000 lief dieser Motor dank seiner Ausgleichswellen so richtig turbinenhaft sahnig. Selbst der für seinen kultivierten Lauf berühmte, große BMW-Sechszylinder, den ich anschließend fuhr, konnte da im oberen Drehzahlbereich nicht mithalten.
Ansonsten war der 944 S ein Super-Auto für den Alltag: handlich, kompakt, mit seiner Heckklappe auch für größeres Gepäck geeignet (selbst ein zweieinhalb-Meter-Weihnachtsbaum war kein Problem: Beifahrersitzlehne flachgelegt, Baum von hinten nach vorne in den Beifahrer-Fußraum geschoben, Klappe zu, heimgefahren), sehr komfortabel auch auf langen Strecken (in keinem anderen Auto konnte ich so beschwerdefrei selbst über 5 Stunden am Stück sitzen), und die Straßenlage war so überlegen, wie man es von einem Porsche erwartet: selbst bei starken Seitenwindeböen konnte man noch problemlos und gänzlich unaufgeregt Geschwindigkeiten über 200 km/h fahren. Das Überholprestige der Karosserie sorgte zudem dafür, dass einem der Verkehr auch ziemlich oft Gelegenheit dazu gab; manchmal war es mir direkt peinlich, wenn andere Autofahrer bereitwillig für mich die Überholspur räumten, obwohl ich momentan eigentlich gar nicht schneller fahren wollte...
Nicht ganz so gut sah es mit der Zuverlässigkeit aus: Da wurden neben dem üblichen Verschleiss an Bremsen, Auspuff und Batterie auch neue Ventilfedern, ein neues Antriebsgelenk, ein Kabelbaum (wegen Brandgefahr durch ein verschmortes Kabel), ein neuer Ölkühler (undicht - Öl im Kühlwasser) und diverse kleinere Reparaturen fällig; zweimal mußte ich mich wegen Defekten abschleppen lassen. Besonders ärgerlich war dabei, dass durchweg alle Ersatzteile bei Porsche damals schon unverschämt teuer waren; ich habe mich ernsthaft gefragt, wieviele Millionen Mark eigentlich ein komplett aus Original-Ersatzteilen aufgebauter 944 S gekostet hätte...
Das machte letztlich trotz des (angesichts sehr flotter Fahrweise) moderaten Verbrauchs (10,5 Liter) den Strich durch die Wirtschaftlichkeit, weshalb ich dann zu einem BMW 735i wechselte. Bei dem war das damals noch besser - teilweise auch deshalb, weil es dafür schon preiswerte Ersatzteile von Drittherstellern gab. Diesen BMW habe ich dann in 11 Jahren über 300.000 km gefahren - unterm Strich bisher mein bestes Auto. Das am besten zu fahrende Auto blieb aber bis heute der Porsche.