Während die Nissan-Modelle, die man hierzulande im Jahr 1999 beim Händler kaufen konnte, Almera, Micra oder Maxima hiessen, und mehr oder weniger gefällige Hausmannskost waren, gab es in Japan den Skyline GT-R, einen Supersportwagen zum Budgetpreis, zumindest wenn man ihn mit Porsche- oder Ferrari-Alternativen verglich.
Entsprechend unbekannt waren die Skyline-Modelle hierzulande bei der grossen Masse. Dies änderte sich allerdings mit der Filmreihe “Fast & Furious”, die ab 2001 in unseren Kinos Hundertausende auf den japanischen Supersportwagen aufmerksam machte. War es im ersten Film “Fast & Furious” noch ein R33, so durfte Paul Walker (im Film: Brian O’Conner) im zweiten Teil selber einen R34 steuern. Und offenbar gefielt ihm der Wagen so gut, dass er ihn sich kaufte.
Lange Skyline-Geschichte
Bereits 1957 erschien der erste Skyline, damals noch unter dem Namen Prince. Über die Zeit stiegen Leistung und Sportlichkeit, 1969 wurde der erste GT-R vorgestellt, mit immerhin 160 PS unter der Haube.
Mit dem R31 setzte dann eine starke technische Evolution ein, die Modelle ab 1986 erhielten neben dem neuen Reihensechszylindermotor teilweise Allradantrieb und Hinterradlenkung. Die schnellsten Modelle trugen die Kürzel GTS-R und GTS Autech, waren aber im Geiste GT-R-Varianten.
Die Bezeichnung “GT-R” kam dann mit dem R32 ab 1988 wieder ins Verkaufsprogramm. Offiziell leistete der RB26DETT-Motor nun 280 PS, in Wahrheit aber waren es deutlich mehr, denn die japanischen Hersteller hatten sich damals in einer Vereinbarung auf selbstbeschänkende 280 PS geeinigt.
Mit dem R33 wurden Mitte der Neunzigerjahre einige Schwächen des R32 ausgemerzt, allerdings wurde der Wagen auch etwas grösser. Die Nürburgringrunde schaffte das Strassenauto in weniger als acht Minuten. Ab 1995 erhielt das Coupé eine weiterentwickelte Version des RB26DETT-Motors, ein verbessertes ATTESA-ETS-Allradsystem und das Super HICAS Allradlenksystem.
1998 wurde der R33 durch den R34 abgelöst, auf den GT-R mussten die Interessenten allerdings noch bis 1999 warten.
Technologiepaket
Grundsätzlich unterschied sich der R34 GT-R wenig von seinem direkten Vorgänger, zumindest was die Technik anging. Der Motor, der bekannte RB26DETT mit Doppel-Turbo, war im Detail verbessert worden, Allradantrieb, Vierradlenkung und Brembo-Bremsen waren wieder an Bord. Geschaltet wurde mit einem V160-Sechsganggetriebe von Getrag.
Die Karosserie, gezeichnet von Kozo Watanabe, war deutlich steifer und auch aerodynamischer geworden.
Richtig neu war aber ein zusätzliches LCD auf dem Armaturenbrett, das nicht nur den Gesundheitszustand des Motors (z.B. Öltemperatur, Wassertemperatur, Turbo-Druck, etc.) anzeigen konnte, sondern auch Rundzeiten und Längs-/Querbeschleunigungswerte.
Playstation?
Die Japaner hatten allerdings nicht bei der neuartigen Anzeige aufgehört.
Die aufgezeichneten Werte liessen sich sogar via einen Computeranschluss auf einen Laptop überspielen. Allerdings benötigte man dazu eine japanische Version des Betriebssystem Windows und eine Spezialsoftware, so dass diese Funktionalität heute wohl nur noch unter grossem Aufwand nutzbar ist.
Versionsvielfalt
Wie schon bei den Vorgängermodellen konnte man den R34 GT-R in den unterschiedlchsten Versionen kaufen, die sich bezüglich Motorleistung, Gewichtserleichterungen, Ausstattung und Aerodynamik-Pakete unterschieden.
So gab es beim “V-Spec” zusätzliche Aerodynamikteile, Einlässe für die Bremskühlung, einen Diffuser und ein Sperrdifferential. Beim “V-Spec II” kam dann noch eine Carbon-Kühlerhaube mit NACA-Lufteinlass dazu.
Gerne weiss
Von 1999 bis 2002 sollen insgesamt 11’577 R34 GT-R-Varianten gebaut worden sein. Die Basisversion wurde 3977 Mal produziert, V-Spec-Modelle gab es 4192 (plus 1855 V-Spec II). Dazu kamen kleinste Serien der leistungsgesteigerten Varianten und von Spezialserien.
Ein GT-R kostete in Japan im Jahr 1999 Yen 4,998 Millionen, ein GT-R V-Spec Yen 5,598 Millionen. Das waren umgerechnet rund EUR 46’000 oder CHF 73’000.
Weiss war eine der beliebtesten Farben, aber es gab den GT-R auch in diversen Silber-, Blau-, Violett-Tönen.
Zwischen Tradition und Moderne
Im Rennsport konnte sich der R34 nicht mehr so erfolgreich in Szene setzen wie der R32 (in Australien auch “Godzilla” genannt, wegen seiner Dominanz in der Gruppe A in den Jahren 1990 bis 1992), aber auf der Strasse blieb er an der Spitze.
Wer sich hinter das immer rechts montierte Lenkrad setzte, konnte gleichzeitig die Vergangenheit und die Zukunft erleben. Das relativ harte Fahrwerk, die Turbo-Verzögerung und der Motorenklang erinnerten an die Sportwagen der Siebziger- und Achtzigerjahre, während die Hightech-Elektronik die Zukunft voraus nahm.
Mit 4,6 Metern Länge und 1,79 Metern Breite war der R34 kein kompaktes Auto, auch die über 1,5 Tonnen Gewicht wirkten sich auf die Sportlichkeit nicht förderlich aus, aber die aufwändige Technik kaschierte einiges.
In seiner aktiven Zeit war der R34 ein beeindruckend schnelles Auto mit 0-100-km/h-Zeiten von rund sechs Sekunden. Ein moderner Nissan GT-R kann dies natürlich deutlich besser, allerdings macht seine Kraftübertragung nach zwei bis drei Versuchen bereits schlapp und verlangt nach Abkühlung, während der R34 deutlich mehr Ausdauer zeigt.
Tuning-Kandidat
Obwohl der R34 GT-R mit rund 320 PS (oder auch etwas mehr) beim Händler stand, wollten viele Kunden damals und vor allem heute mehr Leistung. Im Renntrieb leistete der Sechszylinder bereits rund 600 PS, Tuner aber entlockten ihm noch mehr Leistung, die allerdings nicht immer standfest erbracht wurde.
Die letzten R34 mit rund 507 PS wurden von der Nissan-Rennsportabteilung übrigens im Jahr 2005 gebaut, indem man 20 Occasionsfahrzeuge aufbereitete und modifizierte.
Filmstar
Dass der Nissan R34 GT-R zu Filmehren kam, ist sicherlich teilweise dem leider verstorbenen Enthusiasten Paul Walker, der in der Filmreihe “Fast & Furious” den Ex-Polizisten Brian O’Conner abgibt, zu verdanken.
Für den zweiten Teil der inzwischen achtteiligen Fortsetzungsgeschichte wurden mehrere R34 beschafft und als Stunt- und Showfahrzeuge eingesetzt. Weil der GT-R zuwenig spektakulär aussah bei den Dreharbeiten, wurden die vorderen Antriebswellen kurzerhand ausgehängt und das Vierradlenksystem ausser Kraft gesetzt, damit sich der Wagen mehr “wie ein normales Auto” verhielt.
Der F&F-GT-R war mit einem Bodykit von C-West modifiziert worden und hatte eine spezifische Lackierung. Wie O’Connor zum Wagen kam, zeigten die Filmemacher in einem nachträglich bei der DVD-Fassung des zweiten Teils nachgereichten Kurzfilms, genannt “The Turbo-Charged Prelude for 2 Fast 2 Furious”, den man sich als R34-Fan nicht entgehen lassen sollte.
Unter dem Hammer
Der hier abgebildete Nissan R34 GT-R V-Spec I von 1999 wird am 6. September 2017 durch RM/Sotheby’s in London versteigert . Beim ohne Mindestpreis angebotenen Chassis BNR34-001416 mit zwei bisherigen Besitzern handelt es sich um ein Fahrzeug aus der begehrten Tausenderserie, das bis heute 146’000 km zurückgelegt hat. Man darf gespannt sein, wie hoch die Gebote für diesen Ausnahmekönner gehen werden.
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