Bis heute gehört der Ford Capri zu den bekanntesten Autos der Neuzeit, obschon bereits schon über 30 Jahre seit dem Bau des letzten Exemplars vergangen sind. Mit fast 1,9 Millionen produzierten Fahrzeugen ist der Capri auch einer der erfolgreichsten Wagen dieser Art.
Angefangen hatte alles vor 50 Jahren.
Sofort ein Knüller
Am Autosalon von Brüssel wurde das zweitürige Coupé mit der Bezeichnung Capri, die man übrigens bei Ford schon früher benutzt hatte, vor grossem Publikum vorgestellt. Erste Exemplare waren bereits 1968 gebaut worden, bald waren die ersten 50’000 Wagen, die es ab DM 6995 günstig zu kaufen gab, produziert.
Der Capri war im Hinblick auf günstige Preise vergleichsweise einfach konstruiert. Die Karosserie war selbstragend, die Vorderräder waren einzeln an McPherson-Federbeinen aufgehängt, während im Heck eine Starrachse für die Führung der angetriebenen Hinterräder sorgte. Der Capri punktete vor allem mit seinem an den Mustang angelehnten Design.
Von Anfang an konnte man den Capri in unterschiedlichen Ausstattungs- und Motorvarianten bestellen, so dass ein hoher Individualisierungsgrad erreicht werden konnte. Zunächst waren Motoren bis zwei Liter erhältlich, dazu kamen schon bald 2,3-, 2,6- und 3,0-Liter-Versionen.
150 PS leistete die nicht mehr ganz so günstige Version 2600 RS mit Kugelfischer-Einspritzung, mehr ging zunächst nicht.
Ein Schweizer Ingenieur legt nach
Für Leistungshungrige gab es eine Alternative zum Standard-Angebot von Ford. Bereits 1967 hatte der Schweizer Michael G. May begonnen, mit Turboladern, deren Konstruktionsprinzip auf eine Erfindung eines weiteren Schweizers namens Dr. Büchi zurückging, für Benzinmotoren zu experimentieren. Als idealen Motor für seinen Nachrüstsatz hatte May schon früh die Kölner V6-Aggregate identifiziert, denen er mit seiner Technik eine deutliche Leistungssteigerung entlocken konnte.
Weil keine passende Turbine auf dem Markt erhältlich war, musste er selber eine solche konstruieren und produzieren lassen. Die Entwicklungsarbeiten erfolgten teilweise im ehemaligen Kloster St. Lutzen bei Hechingen, wo May mit seiner kleinen Firma Unterschlupf fand.
Es zeigte sich schnell, dass der Turbolader mehr Leistung ermöglichte, als in einem Strassenfahrzeug verwendbar waren. Über 300 PS entwickelten Rennversionen des Motors, für die Strasse aber wurde der 2,3-Liter-V6, der u.a. auch im Capri eingebaut war, durch Drehzahlbegrenzung bei 5800 Umdrehungen auf 180 PS “eingebremst”. Dies war immer noch mehr als genug für das weitgehend serienmässig belassene Fahrwerk.
Die 2,6-Liter-V6-Version kam übrigens auf rund 210 PS und erlaubte Beschleunigungszeiten von 7,8 Sekunden für den Sprint von 0 bis 100 km/h. Als Spitze wurden damals (von AMS) 203,4 km/h notiert. Was damals überraschte, war, dass der Benzinverbrauch nicht wesentlich anstieg.
Sanfte Gewalt
Dank der robusten und thermisch gesunden Natur des Ford-V6 konnte May darauf verzichten, die Verdichtung des Vergasermotors zu senken. Somit verhielt sich der Motor bis zum Einsetzen des Turbo-Boosts ähnlich wie das nicht zwangsbeatmete Serienaggregat. Ab etwa gut 3000 Umdrehungen kam dann die bessere Befüllung der Vergaser zum Tragen und es setzte zusätzlicher Schub ein, die den Turbo-May vehement davonziehen liess.
Anfänglich kostete ein May-Turbo-Kit etwa DM 3250, vertrieben wurde es von der Stuttgarter Schwabengarage.
Es seien vornehmlich gut situierte Leute wie Rechtsanwälte oder Ärzte im Alter von über 40 Jahren, die sich diesen Aufpreis – immerhin 35 Prozent des Neupreises des 2,3-Liter-Capris – für mehr Vortrieb leisteten, liess sich Michael May damals vernehmen.
Vom Capri I zum Capri II
Bereits nach fünf Jahren und nach über einer Million gebauten Capris wurde im Februar 1974 ein aufgefrischter Capri II vorgestellt. Obschon das Karosseriekleid weitgehend neu war, glich der neue Capri seinem Vorgänger stark, schliesslich wollte man nicht von der Erfolgs-Formel abrücken.
Die beiden auffälligsten Unterscheidungsmerkmale zum Vorgänger waren eine Heckklappe und die grösseren Breitbandscheinwerfer vorne. Die Fenster wurden etwas grösser, die Karosserie insgesamt geglättet.
An der Grösse veränderte sich wenig: Länge 4,29 m, Breite 1,7 m, Höhe 1,3 m. Der Kofferraum wuchs um 10 Liter. Mit umgeklappten Rücksitzen aber fasste er nun 640 Liter - nicht schlecht für ein Coupé.
Technik weitgehend unverändert
Unter dem hübschen Kleid blieb eigentlich fast alles beim Alten. Fünf Motoren von 1300 cm3 (57 PS), über 1600 cm3 (72 PS), 1600 cm3 (88 PS), sowie 2300 cm3 (V6, 108 PS) und 3000 cm3 (V6, 138 PS) wurden verbaut.
Ein Vierganggetriebe war Standard, eine Getriebeautomatik gab es gegen Aufpreis. Beim Fahrwerk gab’s kleine Anpassungen, hinten wurde die Spur um sechs Zentimeter verbreitert. Weil das Coupé etwas schwerer geworden war (ab 1010 kg), wurde die Feder-Dämpfer-Abstimmung modifiziert.
Die Ausstattungsvarianten hiessen weiterhin L, XL, GT und Ghia. Eine reichhaltige Aufpreisliste lud zum Individualisieren des Dreitürers ein.
Praktischer, aber nicht schneller
Natürlich nahm sich die Fachpresse den modernisierten Capri mit Freuden vor. Es wurde ausgiebig getestet, über Kuppen gesprungen und am Lenkrad gesägt. Auto Motor und Sport beschleunigte den nun 1145 kg schweren Ghia mit 2,3-Liter-V6-Motor in 11,4 Sekunden von 0 bis 100 km/h und erreichte eine Spitze von 179,1 km/h. Der Verbrauch lag im Test bei 14,7 Litern pro 100 km. DM 15’065 kostete die reichhaltig ausgestattete Version in Deutschland, CHF 18’950 in der Schweiz.
Fritz Reuter fasste seine Erkenntnisse 1974 für AMS so zusammen:
“Grundsätzlicher Art sind die Unterschiede zwischen dem Capri II und seinem Vorgänger zwar nicht, doch sie sind immerhin bemerkenswerter, als man zunächst vermuten möchte. Der Neue ist zweifellos besser, komfortabler und praktischer, und er erweist sich – zumal in den teureren Ausstattungsvarianten und mit sechs Zylindern – als angenehmer Partner im Verkehr, dem man keine schwerwiegenden Charakterfehler nach sagen kann. Man sieht also: Ein zweiter Aufguß muß nicht zwangsläufig fad schmecken.”
Nur für Leistungsfanatiker hatte Ford immer noch nichts anzubieten, aber für die gab es ja weiterhin den May-Turbo.
Mehr Vortrieb mit Turbine
Natürlich konnte man den Turbo-Einbausatz auch in den Capri II verbauen und gegen 4500 Capri-Besitzer sollen dies auch so getan haben. Inzwischen waren bereits DM 5413.83 für die Leistungssteigerung von 108 auf 180 PS fällig, dazu kam noch eine Reparaturkostenversicherung von DM 491,35, wenn es sich um ein Neufahrzeug handelte. Immerhin war der Einbau da bereits inbegriffen.
Empfohlen wurde die S-Ausstattung, da diese bereits Fahrwerksverbesserungen und HR-Reifen beinhaltete. 205 km/h versprach die Schwabengarage für den erstarkten V6-2,3-Liter, da gehörte man zu den Schnellen auf der Autobahn.
Ein später Capri II
1977 wurde der rote Capri II auf den Fotos zugelassen und auf Turbo-May umgebaut. Im Fahrzeugausweis sind die 180 PS eingetragen.
Bis heute hat der Wagen weitestgehend im Originalzustand im Besitz einer Familie überlebt. Dinitrol sei dank, hat er die Zeit unbeschadet überstanden.
Die Sitzposition ist sportlich, die Rundumsicht gut. Gestartet wird mit der rechten Hand und am Zündschloss, sofort verfällt der V6-Turbo in einen ruhigen Leerlauf. Im Vergleich zu modernen Sportwagen fühlt sich der Capri sehr komfortabel an, man spürt, dass die Reifen mitfedern. Auch laut wird er nicht, aber der sonore Auspuffklang gefällt.
Die exakte Schaltung lässt schnelle Gangwechsel zu, es geht flott, aber nicht übersportlich voran. Aber Sportlichkeit ist nur eine Charakteristik, Alltagsnutzen und praktische Handhabung eine andere. Und hier kann der Capri mit seiner Heckklappe und der umklappbaren Sitzbank hinten voll punkten, schliesslich müssen auch Sportcoupé-Fahrer mal ein Rad oder einen Kinderwagen transportieren.
Wir danken der Oldtimer Galerie Toffen für die Gelegenheit zur Probefahrt.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 36 / 1969 vom 21.Aug.1969 - Seite 29: Abgaslader für den Kölner V6
- auto motor und sport / Nr. 2 / 1970 - Seite 18: Die schnellen Capri - Kölns Kernige
- auto motor und sport / Nr. 25 / 1971 - Seite 88: Kurztest Ford Capri 2600 GT May
- auto motor und sport / Nr. 4 / 1974 - Seite 34: Ford Capri II (Vorstellung)
- AR-Zeitung Nr. 7 / 1974 vom 14.Feb.1974 - Seite 33: Praktisch - Ford Capri II mit Heckklappe
- auto motor und sport / Nr. 9 / 1974 - Seite 36: Test Ford Capri II GT und Ghia - Doppler-Effekt
- AR-Zeitung Nr. 30 / 1974 vom 11.Jul.1974 - Seite 13: Test Ford Capri II 1600 GT
- Powerslide Nr. 1 / 1975 Seite 28: Test Ford Capri II GT
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Im detail mit einigen Mängel wie Länge, Breit und vor allem Höhe .
Ist aber OK!
Was fehlt sind Hinweise auf die, welche den Capri am Leben erhalten , sicher nicht Galerie Toffen oderso.
z.b. www.capriclubfreedrivers.ch
oder
www.capriclubschweiz.ch
Besten Dank Zwischengas für den bericht.
Thomas Sutter
Präsident
Capri Club Free Drivers.
Für den Hinweis auf die Clubs sind wir dankbar.
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