Drei Nobelmarken massen sich in den Vereinigten Staaten über viele Jahre darin, wer die protzigsten und luxuriösesten Automobile auf die Räder stellen könne: Cadillac (General Motors), Imperial (Chrysler) und Lincoln (Ford). Traditionell hatte Cadillac zwar meist den grössten Marktanteil, aber es war Lincoln, die für das Baujahr 1961 etwas besonderes anzubieten vermochten, eine schlicht-elegant gekleidete riesige Limousine mit gegenläufig öffnenden Türen, die es zudem auch als Cabriolet mit den gleichen vier Türen gab.
Dieser Lincoln Continental wurde nicht nur mit dem Preis des “Industrial Designers Institute” ausgezeichnet, er blieb auch untypisch viele Jahre in Produktion, die letzten klassischen Continentals wurden nämlich 1970 gebaut. Die Fahrzeuge hatten einen guten Ruf, der Käufer erhielt gar zwei Jahre Garantie, die Qualität der verwendeten Materialien war hoch, die Verarbeitung sorgfältig. Im Verkaufsprospekt titelten die Marketing-Leute: “Form beautifully follows function”. Kein Wunder, war dieses Fahrzeug auch eine gute Basis für die Präsidenten-Limousine.
Schon Roosevelt, Truman und Eisenhower fuhren Lincoln
Bereits Präsident Roosevelt wurde in einem Lincoln mit Baujahr 1939 chauffiert. “Sunshine Special” wurde die Sonderausführung mit V12-Motor für den Präsidenten genannt und damit der Beginn einer Serie von Staatslimousinen gesetzt, die dazu führte, dass Lincoln mit dem Spruch “The Car for the Presidents” werben konnte.
Im Jahr 1950 erhielt Truman einen neuen Lincoln, eine verlängerte Limousine mit besonderer Ausstattung. Für Präsident Eisenhower wurde der Wagen umgebaut und ein durchsichtiges Heckabteil aufgesetzt, “Bubbletop” genannt. Auch dieses Fahrzeug war über viele Jahre im Dienst, Kennedy nutzte ihn noch bei seiner Inauguralparade und nach der Restaurierung für seine Europafahrt im Jahr 1963.
Der SS-100-X für Präsident John F. Kennedy
Auch John F. Kennedy wurde durch Ford/Lincoln mit einer Sonderversion des im Jahre 1961 neu erschienen Lincoln Contintental der sogenannten vierten Generation (1961-1970) ausgerüstet. Basis war die Cabriolet-Version, die im Radstand um 83 cm verlängert wurde, so dass der ganze Wagen imposante 6,4 Meter in der Länge mass. Wie schon der Vorgänger konnte das Cabriolet mit einer verglasten Kuppel (aus Plexiglas) bedeckt werden, doch waren diese Teile abbaubar und konnten wie das normale Cabriolet-Dach im Kofferraum mitgeführt werden. Zusätzlich verfügte die Präsidentenlimousine auch noch über ein Stahldach für das Fondabteil, das aber separat mitgeführt werden musste, wenn es nicht montiert war.
Voll ausgerüstet wog die Präsidentenlimousine 3,5 Tonnen, dem Motor wurden daher einige Zusatz-PS - die Serienlimousine hatte 304 PS - entlockt. Gebaut wurde das Einzelstück mit dem Code “SS-100-X” durch die Firma “Hess & Eisenhart” und es wurde einiges an Zusatzausrüstung verbaut: beleuchtete Fahnenstangen, Stehplattformen für die Sicherheitsleute, verstärkte Aufhängungen, Lenkung mit besonders engem Wendekreis, Feuerlöscher, separate Heizung und Radio-/Sende- und Empfangsstationen vorne und hinten, usw.
J. F. Kennedy wurde 1963 in diesem Fahrzeug erschossen und die Erbauer von Hess & Eisenhart übernahmen auch die Reparatur nach dem Attentat. Bei dieser Gelegenheit wurde die Staatslimousine denn auch gleich kugelsicher mit einem festen Dach ausgerüstet und sie diente noch viele Jahre im Fuhrpark der folgenden Präsidenten.
Neue Limousine für Präsident Johnson/Nixon
Gerade einmal 100 USD musste die amerikanische Regierung im Monat für die Staatslimousine berappen, die den Kennedy-Lincoln nach über 80’000 zurückgelegten Kilometern ablöste. Im Jahr 1968 konnte Präsident Nixon das von seinem Vorgänger Johnson bestellte “White House Model 1969” im Empfang nehmen. Sicherheit stand im Vordergrund, entsprechend waren Glasflächen und Blechpartien schusssicher ausgelegt. Wiederum war die Basis ein Lincoln Continental, dieser wurde aber auf einem Radstand von 3,9 Meter gestreckt, was zu einer Gesamtlänge von 6,35 Metern führte.
Auf den Rücksitzen hatten sechs Personen Platz, die zwar auf Serienpolsterbezügen sitzen mussten, aber ihre Füsse auf Schaffell ausruhen lassen konnten. Die Glasplatten im Dach liessen sich öffnen, so dass der Präsident im Fahrzeug stehen und nach draussen winken konnte. Auch diese Limousine wurde wiederum mit vielen Zusatzausrüstungen versehen, u.a. eine besonders leistungsfähige Klimaanlage, ein drahtloses Mikrofon und nach aussen gerichtete Lautsprecher unter den Kotflügeln und im Kofferraumabteil, eine 40-Watt-Neonbeleuchtung für das Passagierabteil, usw.
PPG Industries und Karosseriebauer Lehman-Petersen waren verantwortlich für den Umbau, der rund 500’000 Dollar gekostet haben soll. Darin war dann aber auch eine auf 340 PS optimierte Version des 7,6-Liter-V8-Motors inbegriffen.
Noch einmal ein Lincoln für Ford, Carter, Reagan und Bush
Im Jahr 1972 kam wiederum ein neuer Lincoln in den präsidialen Wagenpark, dieser neue Wagen wurde von den Herren Ford, Carter, Reagan und Bush benutzt. Er gelangte nach seiner “Pensionierung” genauso in ein Museum, wie seine Vorgänger. Die Nachfolger aber wurden aus Sicherheitsgründen alle vom Geheimdienst zerstört.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 29 / 1961 vom 29.Jun.1961 - Seite 33: Ein neuer Lincoln Continental für Präsident Kennedy
- AR-Zeitung Nr. 52 / 1968 vom 05.Dez.1968 - Seite 3: Nixons Staatskarosse
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