Der schwarze Lincoln Continental von 1961 gehört vermutlich zu den bekanntesten Fahrzeugen überhaupt, der Grund dafür ist allerdings eher ein trauriger.
Am 22. November 1963 nämlich wurde John F. Kennedy auf einer Wahlkampfreise im offenen Continental in der Innenstadt mit mehreren Schüssen ermordet. Die Bilder gingen um die Welt.
Das beste Auto Amerikas?
Mit den als Lincoln angebotenen Luxusfahrzeugen trat die Ford Motor Company erfolgreich gegen die Vorherrschaft von Cadillac im Segment der teuersten und komfortabelsten Personenwagen an. Gegründet war die Marke bereits im Jahr 1917 von Henry M. Leland und dessen Sohn Wilfired als Lincoln Motor Car Company worden. Abraham Lincoln, der 16. Präsident der USA, war der Namensgeber. Zunächst beschäftigte man sich hauptsächlich mit dem Bau von Flugzeugmotore, dann kam 1920 der Lincoln L auf den Markt. Berühmt wurden dann in den Dreissigerjahren die Lincoln Zephyr Modelle mit Zwölfzylindermotoren.
Richtig erfolgreich wurde dann aber die Continental-Baureihe, die 1939 mit einem ersten Prototyp auf Basis des Zephyr ihren Anfang nahm.
Es folgten mehrere Continental-Varianten, die bezüglich Dimensionen zum Grössten gehörten, was man sich für Amerikas Strassen kaufen konnte.
Downsizing mit Mehrwert
Für das Baujahr 1961 erschien dann ein komplett neuer Lincoln Continental, der sich nicht nur von seinen Vorgängern, sondern auch von der ganzen Konkurrenz deutlich abhob. Er war nämlich kompakter und formlich eigenständiger geworden.
Die Automobil Revue berichtete anlässlich der Modellvorstellung im Oktober 1960:
“Die Spitzenmarke der Ford Motor Company, die Lincoln Division, baut den grössten in selbsttragender Ausführung hergestellten Wagen, Lincoln Continental, sowohl als viertüriger Sedan wie auch als einziges in Amerika existierendes Cabriolet mit vier Türen.
Die Betätigung des Verdecks der offenen Variante erfolgt hydraulisch. Dieses verschwindet unter dem sich nach hinten öffnenden Gepäckabteil. Ein spezielles Abschlussblech verdeckt den zwischen Kofferdeckel und hinterer Rückenlehne bestehenden Raum. Das Ein- und Aussteigen wird beim Cabriolet durch eine geschickte Vorrichtung erleichtert, indem beim Öffnen einer der hinteren Wagentüren die Seitenfenster automatisch um 12 cm nach hinten gleiten, um nach Schliessen der Türe wieder nach vorne zu fahren.
Die neuen Modelle haben bezüglich Abmessungen eine wesentliche Reduktion erfahren. Bei einem um 13 cm auf 312 cm verkürzten Radstand beträgt nun die Länge 538 cm (vorher 577 cm), die Breite 199 cm (204) und die Höhe 136 cm (144). Die für höchsten Reisekomfort gebauten Wagen weisen eine beinahe europäisch einfache, zurückhaltende Linie auf, welche auf jeden überflüssigen Chromschmuck verzichtet. Die wuchtigen Stoßstangen greifen bis weit in die vollständig glatten Seitenwände hinein und ziehen sich bis auf die Höhe der in den Kühlergrill einbezogenen Doppelscheinwerfer.
Der Zugang zur Fahrgastkabine wird durch die je vorne bzw. hinten angeschlagenen Türen erleichtert. Die luxuriös gepolsterten Sitzbänke sind je mit einer abklappbaren Armlehne ausgerüstet. Die reiche Ausstattung sowie die Betonung der mechanischen Zuverlässigkeit lassen klär erkennen, dass Ford mit seinem teuersten Produkt die Monopolstellung von Cadillac in der Klasse der Luxusfahrzeuge angreifen will. Der in seinen Abmessungen unverändert übernommene V8-Motor von 7 Liter Inhalt erfuhr eine Leistungsreduktion um 15 PS und leistet nun 304 SAE-PS bei 4100 U/min. Jede Motoreinheit hat einen harten Probelauf von drei Stunden zu bestehen, um anschliessend vollständig zerlegt und kontrolliert zu werden. Detailänderungen an der Maschine brachten eine noch grössere Laufruhe sowie einen besseren Leerlauf. Nach Verlassen des Fliessbandes werden die Modelle der Marke Lincoln Continental einer Testfahrt von 20 km unterzogen.
Zahlreiche Modifikationen an der Struktur der selbsttragenden Karosserien brachten eine wesentlich höhere Biege- und Torsionsfestigkeit mit sich. Neugestaltete Aufhängungselemente tragen im Zusammenhang mit dem nun tieferen Schwerpunkt zu einer Verbesserung der Strassenlage bei.
Die bei Ford eingeführten, auf der Basis des Molybdändisulfid beruhenden Schmiermittel erstrecken die Abschmierintervalle auf 50 000 km, während der Oelwechsel nur noch alle 10 000 km fällig wird.”
Mit dem neuen Continental hatte Lincoln also gute Karten in der Hand, um gegen Cadillac einige Trümpfe ausspielen zu können. Wenige Jahre später kamen noch vordere Scheibenbremsen dazu, die den Wagen nun noch sicherer verzögerten.
Die Automobil Revue führte 1965 einen Kurztest der rund 2,2 Tonnen schweren und 42’300 Franken teuren Continental-Limousine durch und resümierte:
“Der Lincoln Continental präsentiert sich als eigentlicher Pullman der Strasse mit allen erdenklichen Raffinements der modernen Automobiltechnik. In Linie, Ausstattung und Präsentation ist er entschieden exklusiver als der Cadillac; hingegen bestehen hinsichtlich der Fahreigenschaften gewisse Unterschiede, welche zugunsten des Spitzenmodells der General Motors ausfallen, beim Lincoln Continental jedoch zum Teil durch die wirksameren und wärmebeständigeren vorderen Scheibenbremsen aufgewogen werden.”
Ein Lincoln Continental für den Präsidenten
Dass sich John F. Kennedy also einen Lincoln Continental zum Präsidentenfahrzeug umbauen liess und nicht einen Cadillac hatte durchaus gute Gründe, zumal bereits frühere Präsidenten zum Lincoln gegriffen hatten.
Hess & Eisenhardt in Cincinnati (Ohio) wurden beauftragt, auf Basis des 61-er Continentals ein deutlich verlängertes Cabriolet zu bauen. Zu diesem Zweck musste die selbsttragende Basis aber nicht nur gestreckt, sondern auch verstärkt werden. Fünf Monate dauerte der Umbau und das Ergebnis war beeindruckend. So konnte etwa die hintere Sitzbank während der Fahrt in der Höhe verstellt werden. Aussen wurden Trittbretter für die Sicherheitsbeamten angebracht. Und für die Kommunikation wurden Sende- und Empfangsanlagen installiert. Gefahren werden konnte der Wagen offen oder geschlossen, mit festem oder durchsichtigem Dach.
6,4 Meter mass der Präsidenten-Continental, der Radstand war gegenüber der Serienausführung um 83 cm gewachsen. Voll ausgerüstet wog der Wagen 3,5 Tonnen, der Motor wurde in seiner Leistung dem gestiegenen Gewicht angepasst, ohne dass von offizieller Seite die PS-Zahl bekanntgegeben worden wäre. Der Wagen war aber nicht nur in allen Komponenten verstärkt worden, wichtig war auch ein relativ kleiner Wendekreis, um auch in Quartieren mit engen Strassen manövrieren zu können.
Eine exakte Kopie
Mit dem Mord an John F. Kennedy erhielt die Präsidentenlimousine dann natürlich internationale Berühmtheit und so ist es nachzuvollziehen, dass vor allem von Museen eine Nachfrage nach identischen Spezialversionen bestand. So entstand auch aus der Limousine mit Chassisnummer 3Y82N420576 aus dem Jahr 1963 bei Hess & Eisenhardt eine optisch identische Kopie des Kennedy-Präsidenten-Cabriolets.
Ab 1985 wurde der Wagen im Musée Automobile des Voitures des Chefs d’Etats” als zentrales Ausstellungsobjekt gezeigt. Später gelangte die Präsidentenversion nach Grossbritannien, am 18. März 2018 soll der Wagen nun anlässlich der Bonhams Goodwood Members Meeting Versteigerung in Chichester für £ 70’000 bis 90’000 einen neuen Besitzer erhalten.
Der Preis scheint angesichts der grossen Investitionen in den Wagen durchaus gerechtfertigt zu sein und auffallen dürfte man im riesigen Lincoln auf jeden Fall.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 43 / 1960 vom 6. Okt. 1965 - Seite 23: Neuerungen Ford Motor Company
- AR-Zeitung Nr. 29 / 1961 vom 29.Jun.1961 - Seite 33: Ein neuer Lincoln Continental für Präsident Kennedy
- AR-Zeitung Nr. 21 / 1965 vom 06.Mai.1965 - Seite 19: Kurztest Lincoln Continental
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