Man schrieb den 8. April 1953 als der Bristol 401 mit Chassisnummer 401-1239 seine ersten Nummernschilder erhielt und ab sofort auf den Berner Kantonsstrassen und natürlich auch anderen verkehren durfte. Nur gerade sieben Tage vorher war der Wagen in die Schweiz eingeführt worden, vermutlich durch Generalvertreter Titan, ansässig an der Badenerstrasse 527 in Zürich und Nachfolger von C. A. Drenowatz, der den Bristol-Import bis 1952 innehatte.
Allzu viel weiss man nicht von der frühen Geschichte des bordeauxroten Bristol Coupés, ausser dass es wohl im Mai 1963 den Besitzer (zum ersten Mal?) wechselte und irgendwann in den Sechzigerjahren verunfallte. Eine eingeschlagene Front war das Ergebnis, der Kühler dahinter blieb weitgehend unbeschädigt. Der Wagen landete auf dem Autofriedhof Kaufdorf, man erkannte aber sofort, dass es sich hier um etwas Besonderes handelte und so erhielt der Bristol zumindest einen trockenen Unterstand.
Im Jahr 2007 wurde der unfallbeschädigte Bristol im selben Zustand für immerhin CHF 20’000 verkauft und in der Folge erneut in einer Scheune trocken eingelagert und zwar bis zum 9. September 2021, als er von der Oldtimer Galerie Toffen geborgen wurde, um am 16. Oktober 2021 in Toffen “as is” versteigert zu werden. Die Bergung wurde fotografisch dokumentiert.
Bewährt
Als der Erstbesitzer im Frühling 1953 den Bristol 401 übernahm, ging er kein besonderes Risiko ein. Immerhin fabrizierte der aus dem Flugzeugbau kommende Hersteller bereits seit 1947 Autos und auch das Modell 401 war schon einige Jahre auf dem Markt.
Hohe Leistung, federleichte Lenkung, fortschrittliche Federung, starke Bremsleistung, Komfort für fünf Personen, viel Raum für Gepäck und günstiger Treibstoffverbrauch standen neben dem “continental styling” als Stärken des Wagens im Verkaufsprospekt.
Die zeitgenössische Werbung doppelte nach:
“Bristol ist der Zeit voraus! Er ist der Inbegriff des pfeilschnellen, windschnittigen, leistungsstarken und hochbequemen Reisewagens. Mit ihm rechnen Sie nicht in hundert Kilometern, sondern nur in tausenden. Strecken wie Zürich-Paris bringt er in Rekordzeit hinter sich und trotzdem entsteigen Sie am Ziel wohlgemut und ausgeruht Ihrem Bristol. Drei Zahlen sagen alles: 10 PS, 11 Liter auf 100 km, Spitze bei 165 km/Std.”
Dafür musste man allerdings auch eine tüchtige Summe Geld investieren. Immerhin CHF 28’500 kostete der Wagen gemäss Liste und dies ohne Radio. Für soviel Geld hätte man auch (fast) einen Aston Martin DB2 (CHF 30’500), anderthalb BMW 501 (CHF 18’500) oder drei Fiat 1400 (CHF 9975) kaufen können. Eine Lancia Aurelia wäre als Coupé etwa gleich teuer (CHF 28’400) gewesen, ein Ferrari 342 America hätte als Coupé Farina nochmals 30’000 Franken mehr gekostet.
Der Bristol 401 war bereits im Oktober 1948 zusammen mit der Cabrioletversion 402 auf der London Motorshow vorgestellt worden. Während die Technik weitgehend vom Bristol Erstling 400, welcher wiederum aus dem Vorkriegs-BMW 326 hervorgegangen war, stammte, war die Karosserie in Zusammenarbeit mit Touring Superleggera komplett neu gestaltet worden und bestand nun aus einem Stahlrohrgerippe, das mit Aluminiumblechen überzogen worden war.
Den Entwurf hatten die Italiener geliefert, die Bristol-Ingenieure aber trimmten den Wagen auf Aerodynamik und nutzten dafür sogar den Windkanal.
Schnell
Die Briten hatten gute Arbeit geleistet, denn beim Test der Automobil Revue fuhr ein Bristol 401 in Monthéry immerhin 162 km/h schnell und dies mit einem 86 PS starken Reihensechszylinder, dessen Konstruktion BMW zu verdanken war und noch aus den Dreissigerjahren stammte. Der 1971 cm3 grosse Verbrennungsmotor war an ein Vierganggetriebe mit Freilauf für den ersten Gang gekoppelt. Weitgehend der BMW-Tradition stammte auch der Plattformrahmen mit Kastenträgern und die vorderen Einzelradaufhängungen sowie die hintere Starrachse.
1252 kg wog der Zweitürer trocken, fahrbereit waren es dann 1320 kg, 47 % davon lagen auf der Vorderachse. Dies zumindest hatte die Automobil Revue in den Monaten September/Oktober 1952 gemessen, als sie dem Bristol mit Chassisnummer 401-1185 einen Langstreckentest über 3000 km widmeten. Für den Spurt von 0 auf 100 km/h gaben die Stoppuhren 18,7 Sekunden an, nach 45,2 Sekunden waren bereits 140 km/h erreicht. Als Verbrauch resultierten 14,8 Liter pro 100 km.
Fahrsicher, komfortabel und gut ausgestattet
Die Testfahrer der Automobil Revue lobten die gute Strassenlage, das vorbildliche Startverhalten, die leichte Schaltbarkeit des Getriebes, die umfangreiche Ausstattung und den guten Fahrkomfort. Besonders erwähnenswert fand man damals auch die Tatsache, dass man den Wagen für den Radwechsel anheben konnte, ohne sich Kleider oder Hände zu beschmutzen.
Ingesamt war das Fazit über den Wagen sehr positiv:
“Die Konstrukteure des Bristol haben weder für die Karosserie, das Chassis, noch den Motor eine extreme Lösung gewählt. Was diesen Wagen zu einem aussergewöhnlichen Fahrzeug macht, ist vielmehr die grosse Sorgfalt, mit der viele oft als nebensächlich betrachtete Bauelemente verfeinert und auf das gemeinsame Erfüllen hochgespannter Anforderungen zugeschnitten wurden. Deshalb darf der Bristol 401, ein schnelles und sparsames, ein ungemein komfortables und dabei sportliches Fahrzeug, unter die besonders guten Wagen der Spitzenklasse eingereiht werden.”
Kurz vor der Ablösung
Als der Bristol 401-1239 zum ersten Mal auf öffentlichen Strassen fuhr, da war die Ablösung bereits in Sichtweite. Das noch sportlichere Modell 404 wurde bereits im Herbst vorgestellt und den optisch unveränderten Typ 403 stärkerem Motor und satten 100 PS kündigte Bristol auch bereits im Juni 1953 an.
Die 86 PS des 401 dürften den Besitzern von 401-1239 aber sicherlich durchaus ausgereicht haben und ob es die hohen Fahrleistungen waren, die schliesslich zum Unfall führten, oder ein unaufmerksamer anderer Autofahrer, ist nicht überliefert.
Im Originalzustand erhalten
Dank oder wegen des damaligen Unfalls überlebte der Wagen weitgehend im ausgelieferten Zustand und natürlich rechtsgelenkt. Mit 490 cm Länge und 168 cm Breite ist er bei 154 cm Höhe ein stattliches Automobil, das unbedarfte Beobachter wegen des nierenförmigen zweiteiligen Kühlergrills wohl für einen BMW halten dürften.
Die Bemühungen um einen niedrigen Luftwiderstand sind augenscheinlich, das Interieur wirkt mit Holz- und Lederwerkstoffen hochwertig.
Am liebsten würde man einfach einsteigen und losfahren, aber bis 401-1239 wieder über unsere Strassen kurvt, dürften umfangreiche Restaurierungs- und Reinigungsarbeiten nötig sein. Nur gerade 611 Bristol 401 wurden zwischen 1949 und 1953 gebaut, da lohnen sich die Rettungsarbeiten also auf jeden Fall.
Der fotografierte Bristol 401 von 1953 wird am 16. Oktober 2021 an der Versteigerung der Oldtimer Galerie Toffen unter den Hammer kommen.
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