Wie jedes Jahr organisierte Bonhams am 18. August 2023 seine “Pebble-Beach”-Versteigerung in Carmel (Kalifornien). Ihren Namen “The Quail Auction” erhält die Auktion durch den Standort “Quail Lodge & Golf Club’s West Field”.
108, respektive 109 Klassiker brachte Bonhams an einem einzigen Tag unter den Hammer. Der 109. Klassiker war ein historischer Wohnwagen, der sozusagen als Zubehör bei einem Pierce-Arrow mit dabei war.
Rupert Banner und Marteen ten Holder schwangen den Hammer, die Autos wurden alle auf eine schön gestaltete Bühne gefahren und kurz eingeführt.
Von den 108 Autos liessen sich 78 verkaufen, was einer Verkaufsquote von 72 % entsprach. Angesichts des Anteils von 44 % “No Reserve”-Lots mochte dieses Ergebnis etwas enttäuschen. Zudem war das mittlere Höchstgebot mit 78 % des durchschnittlichen Schätzwerts auch nicht so hoch wie erhofft. Doch ein einziger Ferrari entschädigte für alles.
Der Privatier-Ferrari mit Rekordergebnis
Der Höhepunkt der Versteigerung war der Ferrari 412P von 1967, der ohne Schätzwert angeboten wurde. Die 412P-Rennwagen waren die etwas weniger leistungsfähigen Privatier-Alternativen zum Werks-330P3/P4. Chassis 0854 wurde von Maranello Concessionaires in Grossbritannien gekauft und nahm unter anderem bei den 24 Stunden von Le Mans, in Spa, auf dem Nürburgring und in Brands Hatch an Rennen der Marken-Sportwagenmeisterschaft teil, mit Richard Attwood, Lucien Bianchi, Piers Courage, David Piper und Jo Siffert am Steuer. Siege gab’s in Nürnberg, beim Solituderennen und am Grand Prix von Schweden.
Der Rennwagen wurde mit vielen Originalteilen restauriert und verfügt über eine Strassenzulassung.
USD 27,5 Millionen rief schliesslich der Meistbietende auf, was sich inklusive Aufpreis/Kommission in einen Verkaufspreis von USD 3,026 Millionen (EUR 27,83 Millionen, CHF 26,6 Millionen) umrechnete. Rekord und mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes der Bonhams-Versteigerung.
Europäisch dominiertes Angebot
Nur etwa 20 % der Autos hatten amerikanische Wurzeln, das Gros stammt aus Europa. An der Spitze der Markenliste standen bei Bonhams Porsche mit 12, gefolgt von Aston Martin, Ferrari und Mercedes-Benz mit je neun Wagen.
Rolls-Royce wurde mit acht, Chevrolet und Jaguar mit je fünf Autos repräsentiert. Alle anderen Marken, darunter auch exotische Hersteller wie Allard, Glide, Panoz oder Simplex waren durch maximal vier, in den meisten Fällen aber einem oder zwei Autos vertreten.
Von den stark verteilten Marken konnte sich Chevrolet mit einer Verkaufsquote von 100 % und einem mittleren Höchstgebot von 87 % des gemittelten Estimates am besten in Szene setzen. Von den 12 Porsche konnten nur 8 verkauft werden, bei Aston Martin und Ferrari betrug die Verkaufsquote 78 %, bei Mercedes-Benz aber nur 67 %.
Über 60 Jahre alt im Schnitt
Das Durchschnittsalter der angebotenen Fahrzeuge betrug fast 62 Jahre. Die Vorkriegsfaktion war mit 25 Autos stark vertreten, während nur 11 ganz junge Autos (nach 1994 gebaut) im Katalog auftauchten. Die Vorkriegsautos schnitten in der Bietergunst etwas besser ab als der Schnitt der übrigen Autos, allerdings konnte nur knapp über die Hälfte verkauft werden.
Die ganz jungen Autos liessen sich besser an den Bieter bringen, 87 % betrug das mittlere Höchstgebot vom gemittelten Schätzwert, 8 von 11 Autos konnten zugeschlagen werden. Oben aus schwang ein Nissan Skyline R33 GT-R von 1996, der für USD 134’000 (EUR 123’648, CHF 118’272) in eine neue Garage fand.
21 Wagen stammten aus den Fünfziger-, 24 aus den Sechziger- und 15 aus den Siebzigerjahren.
Millionenwerte durchaus gefragt
15 Lots sollten Preise im mindestens siebenstelligen Bereich erzielen. Unter den zehn teuersten Wagen gibt es immerhin drei Vorkriegsautos und zwei Wagen aus der Nachkriegszeit (bis 1959).
Gut die Hälfte fand einen neuen Besitzer, der Ferrari 412P mitgerechnet. Die Höchstgebote lagen bei 77 % des mittleren Schätzwerts.
Am anderen Ende der Preisskale gibt es einige Klassiker, die unter USD 50’000 einen Käufer suchen, darunter etwa zwei Rolls-Royce der Sechzigerjahre, Vorkriegsautos von Lincoln und Buick sowie ein Citroën ID 20 Break von 1972, der prompt sogar noch etwas höher bewertet wurde als erwartet und für USD 42’000 (EUR 38’640, CHF 36’960) einen neuen Besitzer fand. Gut schlug sich auch ein Rolls-Royce Silver Cloud III Saloon von 1964, der für USD 70’000 vermittelt werden konnte.
Die besondere Barchetta
Der 412P war nicht der einzige Ferrari mit Le-Mans-Geschichte. Auch der 212 Export Barchetta von 1951 mit Touring-Karosserie und Chassisnummer 0100E nahm 1951 bei den 24 Stunden teil und schloss auf dem 16. Gesamtrang ab. Das schöne Fahrzeug wurde auf USD 4,25 bis 4,75 Millionen eingeschätzt.
Ganz so hoch schnellten die Gebote aber doch nicht, schliesslich wurde der Ferrari für USD 3,9 Millionen als verkauft gemeldet.
Der rare Morgan überzeugte nicht
Nicht ganz in derselben Preisliga lag der Morgan +4+ von 1964. Allerdings ist Chassis A5794 eines von nur 26 derartigen Coupés, die Morgan mit Kunststoffkarosserie baute und er befindet sich zudem in einem Concours-Zustand gemäss Bonhams. USD 180’000 bis 220’000 waren hier angesetzt, was sicherlich ein Rekordwert für diesen Wagentyp gewesen wäre.
Aber es sollte nicht sein, bei USD 155’000 war Schluss und der Wagen genauso unverkauft wie 29 andere, darunter zwei Vorkriegs-Alfa-Romeo 6C 1750, ein Alvis-Rennwagen mit Frontantrieb, ein Bristol 405 DHC von 1955 oder ein Ferrari Enzo, der bei USD 2,7 Millionen scheiterte.
Zwei Power-Kombis mit unterschiedlichen Ergebnissen
Teil eines komplett anderen Segments waren zwei starke Kombis. Da war einerseits ein Mercedes-Benz T-Modell aus der W123-Serie, das als Mercedes-Benz 500 TE AMG von 1980 in der Lotliste auftauchte. Offenbar wurde der Wagen als US-300er-gebaut, aber noch in der Periode mit sehr vielen AMG-Teilen zum Fünfliterkombi hochgerüstet. Jetzt sollte der Wagen USD 75’000 bis 100’000 wert sein, wobei für die Restaurierung über 2000 Stunden aufgewendet wurden.
Ganz soviel musste der Käufer nicht investieren, für USD 39’200 konnte er den Kombi übernehmen, eigentlich ein Schnäppchen.
Ebenfalls nicht ganz serienkonform war ein BMW “M5” Touring von 2002. Einen solchen Wagentyp gab’s bei BMW selber nicht, aber in diesem Falle wurde ein 540i mit M5-Antriebsstrang und zugehörigen allen Interieur- und Exterieur-Teilen aufgewertet, was über USD 66’000 an Aufwand produziert hatte. “The most perfect car that BMW never built”, meinte Bonhams dazu und setzte USD 60’000 bis 80’000 als Schätzwert an. Dies überzeugte die Interessenten, USD 75’040 wurden schliesslich für das Einzelstück bezahlt.
Steve McQueens Allard verkauft
Während RM/Sotheby’s den Ferrari 275 GTB/4 von Steve McQueen anbot in Monterey, konnte Bonhams einen Allard J2X von 1951 aus demselben “Stall” unter den Hammer bringen. McQueen kaufte den lauten und schnellen Allard 1962, um ihn auf der Strasse zu geniessen und er verkaufte ihn auch später nicht. Angetrieben wird der Wagen von einem Chrysler-Hemi-V8, der 250 PS liefern soll. Ein Dreiganggetriebe reichte da sicher angesichts des enormen Drehmoments.
Als Schätzwert gab Bonhams hier USD 300’000 bis 400’000 an, USD 346’000 wurden schliesslich bezahlt
Der besondere Talbot-Lago Grand Sport mit neuem Besitzer
Nur drei Talbot-Lago T26 Grand Sport Cabriolets mit kurzem Radstand sollen überlebt haben. Chassis 116 wurde von Dubos nach einem Desgin von Carlo Delaisse karossiert und gemäss Bonhams-Angaben befindet sich der Wagen in weitgehend unrestauriertem Zustand.
Geschätzt waren USD 2 bis 3 Millionen, bezahlt wurden USD 2,04 Millionen und restauriert werden muss der Wagen auch noch.
Noch einmaliger war der Mercedes-Benz 300 SEL 6.3 Pininfarina von 1969. Bis zu den geforderten USD 400’000 bis 600’000 wollten die Bieter aber nicht gehen, bei USD 350’000 blieb der spezialkarossierte Mercedes stehen.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | USD Est von | USD Est bis | USD HG | USD VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
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001 | Citroën ID 20 Break | 1972 | 30'000 | 40'000 | 37'500 | 42'000 | 36'960 | 38'640 | +20%
|
V |
002 | Mercedes-Benz 560 SL | 1987 | 30'000 | 40'000 | 18'500 | 20'720 | 18'233 | 19'062 | -40.8%
|
V |
003 | Chevrolet Impala Convertible | 1958 | 80'000 | 120'000 | 97'500 | 109'200 | 96'096 | 100'464 | +9.2%
|
V |
004 | BMW M3 Coupe | 1995 | 80'000 | 100'000 | 65'000 | 72'800 | 64'064 | 66'976 | -19.11%
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V |
005 | Rolls-Royce Silver Wraith Long Wheelbase SW10 Sports Sedan with Division | 1965 | 35'000 | 45'000 | 24'000 | 26'880 | 23'654 | 24'729 | -32.8%
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V |
006 | Nissan Skyline R33 GT-R 'Tommykaira' R | 1996 | 75'000 | 100'000 | 120'000 | 134'400 | 118'272 | 123'648 | +53.6%
|
V |
007 | Porsche 911S 2.4 Targa | 1973 | 150'000 | 180'000 | 135'000 | N |
Alle Angaben ohne Gewähr
Legende: Spalte S = Status (V = Verkauft, N = Nicht verkauft, Z = Zurückgezogen, U = Unter Vorbehalt)
Est = Estimate/Schätzwert, HG = Höchstgebot, VP = Verkaufspreis