Am 18. Juli 1965 fand das letzte Rennen auf der Solitude statt. Heute existieren zwar die meisten Streckenfragmente noch, doch sie dienen primär der Versorgung des Wohngebiets und sind mit meist niedrigen Höchstgeschwindigkeiten ausgeschildert. Ruhe und Rücksicht sind das ganze Jahr über gefragt.
Doch einmal, alle zwei Jahre ändert sich der Ton auf den 11,7 Kilometern im Südwesten Stuttgarts.
Dann brüllen Zwölfzylinder, kreischen Zweitakter und donnern brachiale Vierzylinder mit 14 Litern Hubraum. Das Solitude Revival bringt nicht nur Erinnerungen zurück, sondern auch die Autos und Motorräder von damals.
Grosses Interesse
Der Anlass ist beliebt, am Wochenende des 20. und 21. Juli 2019 fanden sich rund 12’000 Besucher ein, um dem Treiben auf der wiedererweckten Rennstrecke zu frönen.
Dass die Rennwagen hinter einem Pacecar herfahren mussten, meist nur gerade zwei Runden im 20-Minuten-Slot absolvieren durften und die Tempo im Vergleich zur Vergangenheit meist bescheiden blieben, das schien die begeisterten Zuschauer an der Strecke nicht zu stören.
Die Tradition im Blick
Nicht nur die Strecke konnte beinahe unverändert befahren werden konnte, auch die Gebäulichkeiten und das Fahrerlager erinnerten an die guten alten Zeiten.
Statt wie beim modernen Rennsport nur von weit weg etwas zu erhaschen, konnten die Besucher richtig ran an die Buletten und mit den “Rennfahrern” sprechen, die Wagen von Nahem bewundern.
Zwei, drei und vier Räder
Gefahren wurde mit allem, was schon damals auf der Solitude unterwegs war und mit einigem mehr, das wohl erst in den Folgejahren gebaut wurde. Motorräder, Seitenwagen-Gespanne, Autos mit verschalten und freistehenden Rädern, es war alles da, selbst die Vorkriegsfraktion war mit einem breiten Fahrzeugangebot angetreten.
Wer sich für Alfa Romeo interessierte, wurde genauso fündig wie die Fans des Trabants oder der Volkswagen Formel V.
Porsche-Festival
Nur wenige Kilometer von der Solitude entfernt liegt Zuffenhausen, das Heim der Porsche-Sportfahrzeuge. Kein Wunder, war die Präsenz des schwäbischen Autobauers sofort spürbar. Mit eigenem Zelt und einer Ausstellung von Museumsfahrzeugen erklärte man dem interessierten Publikum die Renngeschichte der Marke.
Auch auf der Strecke waren wichtige Meilensteine des Porsche-Wirkens zu bewundern, darunter natürlich der Porsche 917, der 2019 bekanntlich seinen 50. Geburtstag feiert.
Zu sehen waren auch die brachialen Porsche 917/10 und 917/30 sowie die zierlichen Porsche 550 Spyder, Porsche 718 und die Abarth-Version des Porsche 356 Carrera.
Am Steuer sassen damalige und heutige Porsche-Piloten von Hans Joachim Stuck bis Neel Jani.
Die Gegner von damals - Porsche 804 und Ferrari 156
Etwas Besonderes war auch die Präsenz der Porsche-Einsitzer der frühen Sechzigerjahre. Sowohl der 804 als auch der 718 F2, mit dem John Surtees damals den zweiten Platz errungen hatte, konnten bewundert werden.
Begleitet wurden sie passenderweise von zwei Ferrari 156 Sharknose Monoposti aus derselben Zeit.
Von den originalen Wagen hat keiner überlebt, in Stuttgart standen zwei überaus gelungene Kopien am Start.
Zu Ehren Linges und Mitters
Vielen Helden der Vergangenheit wurde gehuldigt, auch dem vor 50 Jahren bei einem Rennunfall verstorbenen Gerhard Mitter. Ein Mitter-DKW konnte sogar auf der Rennstrecke verfolgt werden.
Ein Sonderlauf zu Ehren Herbert Linges erinnerte an seine Leistungen als Rennfahrer, aber auch als Entwickler bei Porsche.
Und auch zu Eberhard Mahles Siege 1959 gingen die Gedanken zurück, der Mann hatte es geschafft damals zwei von drei Rennen zu gewinnen.
Vielfarbiges Treiben
Auf der Strecke wechselten sich derweil die verschiedenen Felder ab. Voraus fuhr meist ein grüner Porsche als Pacecar, manche Piloten hätten ihn wohl gerne überholt.
So aber mussten sie deutlich langsamer fahren, als es Jim Redman auf seiner Honda vor über 50 Jahren geschafft hatte, als er mit 160,614 km/h die schnellste je auf der Solitude gefahrene Motorrad-Rennrunde registrieren liess.
Noch heute schwelgt “Gentleman Jim” von den guten alten Zeiten, im Interview liess er auch die Revival-Besucher an seinen Erinnerungen teilhaben.
430 Fahrzeuge
Mit über 400 Fahrzeugen war das 2019-er Solitude Revival gut aufgestellt.
Allerdings fiel schon auf, dass die damals jeweils so zahlreich vertretenen Messerschmitt und FMR Tiger genauso fehlten, wie offizielle Delegationen von Mercedes-Benz oder BMW. Wie schön wäre doch ein Lauf mit einem Feld von BMW 700 gewesen …
Gelungene Veranstaltung
Im Ganzen überzeugend war das 2019-er Revival, im Prinzip war für jeden etwas dabei. Aber lassen wir Hans-Peter Koch, den Vorsitzenden des Solitude Revival e.V. das Schlusswort “sprechen”: „Wir sind begeistert von dem, was an diesem Wochenende auf der Solitude geboten wurde. Ganz herzlich bedanken möchten wir uns bei den Sponsoren und bei allen Teilnehmern, die mit ihren historischen Fahrzeugen auf der Strecke waren. Bei den Besucherinnen und Besuchern, die hier für eine einzigartige Atmosphäre gesorgt haben. Und nicht zuletzt bei allen Helferinnen und Helfern, ohne die diese Veranstaltung niemals möglich gewesen wäre.“
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Denn mit Rennsport hat das nicht viel zu tun.