Zwischen 1928 und 1955 wurde in Luzern die “Schönheitskonkurrenz für Automobile” mehrfach durchgeführt und dabei die Schönsten und Elegantesten der Zeit prämiert. Im Jahr 2015 wurde die alte Tradition wieder aufgenommen und der “Concours d’Excellence” ins Leben gerufen.
2020 und 2021 musste man wegen Corona pausieren, aber am 9. und 10. September 2022 wurde der beliebte Concours erneut durchgeführt, wenn auch mit umfassenden Anpassungen.
Fahren und Stehen
Irgendwie erinnerte der 2022er Concours d’Excellence Luzern ein wenig an das berühmte Vorbild Pebble Beach, wo die international vermutlich meist beachtete Schönheitskonkurrenz alljährlich stattfindet. Wie in Kalifornien spielte auch in Luzern das Wetter nur teilweise mit und wie in Pebble Beach konnten die Autos nicht nur stehend, sondern auch auf einer kleinen “Tour d’Elégance beobachtet werden.
In Luzern nannte man diese kleine Rundfahrt “Parcours” und sie führte die Teilnehmer zuerst auf den Dietschiberg, wo die Autos auf dem schön gelegenen Golfplatz ein erstes Mal präsentiert werden konnten. Auch dies war eine Parallele zu Pebble Beach.
Danach führte die Reise weiter zum Löwenplatz, anschliessend zum Schwanenplatz, in die Pfistergasse und am Schluss wieder in den Alpenquai und zurück ins Verkehrshaus.
An den verschiedenen Stationen wurden die Autos dem Publikum gezeigt und erklärt, nur auf dem Dietschiberg entfiel dies mangels Publikum.
Im Verkehrshaus Luzern wurden die nicht ganz vier Dutzend Autos in der Arena vor der Motorfahrzeughalle aufgestellt und dem Verkehrshauspublikum gezeigt. Es folgte die Jurierung und die Siegerehrung am späteren Samstag Nachmittag.
Die Teilnehmer, denen die Veranstaltung sichtlich gefiel, wurden zudem noch mit einem Rahmenprogramm unterhalten.
Licht und Schatten
Während das Wetter gerade auf der Rundfahrt nicht ganz trocken blieb, zeigte sich Petrus am Samstag Nachmittag, als die Autos im Verkehrshaus juriert wurden, gnädig.
Wer als Besucher an der Strecke auf die Concours-Fahrzeuge gewartet hatte, durfte bereits gut die Hälfte der Wagen in Fahrt und mit authentischer Klangkulisse bewundern. Leider nahmen nicht alle Autos an der kleinen Rundfahrt teil, die deshalb und auch weil der Verkehr in Luzern weniger dicht als befürchtet war weniger lange dauerte als erwartet.
Aber nur zu gerne hätte man wohl an den fünf Stationen wohl noch etwas länger ausgeharrt, wenn man dafür in den Genuss gekommen wäre, den ältesten noch existierenden Serien-Porsche 356 (von Beutler in Thun karossiert) oder den herrlichen Bugatti Typ 50 Roadster sehen und hören zu können.
Leider waren gerade auch diese Fahrzeuge dann im Verkehrshaus etwas unvorteilhaft aufgestellt, so dass einige der Höhepunkte des Concours fast untergingen aus Publikumssicht.
Dazu kam noch, dass die Preisträger während der eher kurz gehaltenen und wenig feierlichen Siegerehrung nicht vorgefahren werden konnten und wohl mancher der Zuschauer sich keine klare Vorstellung machen konnte, wer denn nun die Auszeichnungen erhalten hatte.
Heimliche Stars
Während einige der teuren und bekannten Klassiker im Rahmen der Preisübergabe Erwähnung fanden, blieben andere Autos eher im Hintergrund, obwohl es sich dabei durchaus auch um interessante Fahrzeuge handelte.
Als Beispiel sei hier der Ranger 2500 von 1972 erwähnt. Der Ranger war ein richtiges Baukastenauto, bei dem die Karosseriestruktur vom Opel Rekord C stammte, der Sechszylindermotor vom Opel Commodore, der Kühlergrill von Vauxhall und die Sitze vom Opel Admiral.
Diese Grundlage wurde u.a. in Biel im Rahmen der Montage Suisse mit weiteren Teilen aus dem General-Motors-Teileregal komplettiert und zu einem durchaus ansehnlichen Auto assembliert. Heute kennt den Ranger kaum noch jemand.
Von den beiden in Luzern gezeigten Jaguar E-Type war besonders der frühere ein besonders interessantes Exemplar. Es handelte sich dabei nämlich um einen der 26 ersten und noch von Hand zusammengebauten E-Types, der einst an Briggs Cummingham ausgeliefert worden war. Und weil der Wagen sein Leben lang weitgehend unrestauriert geblieben war, besitzt er zwar heute keine perfekte Lackierung mehr, dafür aber viel Patina.
Gleich drei Monteverdi Coupés stellten sich in Luzern der Jury, jedes von ihnen hätte einen Preis verdient gehabt. Insbesondere das frühe gelbe Coupé stellte einen der besonders raren noch bei Frua gebauten Monteverdi dar.
Eine Attraktion waren auch die beiden offenen Bentley, die es zwar nicht ins Programm geschafft hatten, bei den kurzen Rundfahrt aber umso mehr überzeugten.
Und nicht unerwähnt lassen sollte man das La Salle Opera Coupé mit seinem Art-Deco-Design und den Hotchkiss AM 680 mit Graber Karosserie.
Prämierte Klassiker
Zu vergeben waren in Luzern Klassenpreise, ein Publikumspreis, einen Teilnehmerpreis, ein Jury-Preis und der “Best of Show”.
- Klassensieg Kategorie A: Offene Automobile 1920-1945
Bugatti Typ 50 Roadster von 1931 - Klassensieg Kategorie B: Offene Automobile 1946-1965
Porsche 356 Beutler Cabriolet von 1949 - Klassensieg Kategorie C: Offene Automobile ab 1966
Alvis TF 21 Graber Cabriolet von 1968 - Klassensieg Kategorie D: Geschlossene Automobile 1920-1945
Fiat 1500B Touring von 1938 - Klassensieg Kategorie E: Geschlossene Automobile 1946-1965
Alvis TD 21 Graber Coupé von 1961 - Klassensieg Kategorie F: Geschlossene Automobile ab 1966
Monteverdi 375 High Speed Fissore von 1978 - Klassensieg Kategorie G: ACS Sport- und Rennwagen 1920-1945
Salmson AL Grand Sport GSS Wenger von 1924 - Klassensieg Kategorie H: ACS Sport- und Rennwagen 1946-1972
Abarth 750 GT Corsa Zagato von 1957 - Klassensieg Kategorie I: ACS Sport- und Rennwagen ab 1973
Bugatti Chiron Sport 110 ans von 2019 - Klassensieg Kategorie J: ASTAG Reisecars
Twin Coach Herkules 38-S-DT von 1948
Die Publikumswertung “Excellence Award Luzern 2022” ging an den Rolls-Royce 40/50 HP Silver Ghost Picadilly Roadster aus dem Jahr 1922, dem ältesten Wagen auf der Rundfahrt.
Die Teilnehmer wählten den Monteverdi 375 High Speed von 1978 als Sieger bei der “Entrans Trophy”.
Die Jury schliesslich entschied sich für den Bugatti Typ 50 Roadster von 1931 als Gewinner des “Best of Show” oder “Grand Prix d’Excellence Luzern 2022”.
Wie immer bei Preisverteilungen mag man mit der Wahl einverstanden sein oder auch nicht, es darf aber sicherlich gesagt werden, dass die Medaillen an durchaus interessante und geschichtsträchtige Autos gingen.
Insgesamt würde man sich für den nächsten Concours ein etwas ausgewogeneres Fahrzeugprogramm wünschen und eine vorteilhaftere Aufstellung für das Publikum. Auf jeden Fall sollten die siegreichen Autos bei der Siegerehrung vorgefahren werden oder zumindest zentral präsentiert werden.
Ob einem die Ambience des Verkehrshauses für einen feierlichen Concours gefällt, muss jeder für sich selber entscheiden. Sicherlich weinte aber der eine oder andere Zuschauer und auch Teilnehmer dem National Quai eine oder mehrere Tränen nach.