2003 organisierten Georg Dönni und sein Freund Balz Bessenich zum ersten Mal ein Alpenbrevet. Dabei handelt es sich um eine Art Oldtimer-Rallye, die allerdings nicht dem üblichen Muster dieses Genres entspricht.
Etwas für enthusiastische Autofahrer
Beim Alpenbrevet wird damit nämlich an eine Zeit erinnert, als Passfahren noch eine Herausforderung war und als man noch stolz die Kleber der erfolgreichen “Überwindung” auf seinem Auto anbrachte. Und weil es heute selbst mit alten Autos nicht mehr so schwierig ist, klassische Alpenpässe wie den Gotthard oder den Grossglockner zu befahren, werden beim Alpenbrevet gerne weniger bekannte Alpenstrassen mit schmalen Strassen aufgesucht. Und dies gleich in grösserer Zahl. Denn eine Auszeichnung erhält, wer von einer vorgegebenen Liste an Pässen die grösste Anzahl innert einer vorgegebenen Zeitperiode (2019 standen 20 Stunden zur Verfügung) bezwingen kann.
Natürlich liegt der damit vorgegebene Schnitt nicht höher als 50 km/h, aber auch dies kann herausforderungsreich sein, wenn man die halbe Strecke bei Nacht absolvieren muss.
Ein ganz besonderes Alpenbrevet
Die 16. Austragung am 14. bis 18. August 2019 war einerseits Balz gewidmet, der unerwartet vor gut einem Jahr verstarb, andererseits nutzte man das 50. Jubiläum des Kultfilms “The Italian Job”, um eine ganz besondere Veranstaltung zu organisieren.
Zur Erinnerung eine kurze Zusammenfassung des 1968 gedrehten und 1969 lancierten Films: Der Plan für einen Goldraub gelangt in die Hände von Charlie Crocker, als er kurz nach dem Verlassen des Gefängnisses die Witwe eines von der Mafia in seinem Lamborghini Miura ermorderten Ehemanns namens Roger Beckermann besucht. Um den Raub durchführen zu können, benötigt Crocker die Hilfe des britischen Obergangsters Mr. Bridger, der seine Geschäfte aus dem Gefängnis heraus führt. Damit er ihn sprechen kann, muss Crocker ins Gefängnis einbrechen!
Um das Gold zu rauben, organisieren Crocker und sein Team einen totalen Verkehrskollaps in Turin, dem sie dank der Wendigkeit von drei Mini-Cooper-Fluchtfahrzeugen (samt dem Gold) ausweichen und so Polizei und Gangsterkonkurrenz ausschalten können. Nachdem das Gold in einen Omnibus umgeladen wurde, die Minis entsorgt sind und eigentlich alles bestens geklappt hat, verliert der Fahrer die Kontrolle und der schwer beladene Omnibus hängt über der Klippe auf dem Nivolet-Pass.
Der Ausgang blieb offen, eine Fortsetzung war damals geplant, wurde aber nie gedreht.
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Natürlich mit einem Lamborghini Miura …
Berühmt sind nicht nur die atemberaubenden Stunteinsätze mit den Minis in Turin, sondern auch die Einleitungssequenz, in der Beckermann im Lamborghini Miura den Grossen Sankt Bernhard hochfährt, untermalt von der Stimme Matt Monros, der “On days like this …” intoniert.
Es war also nur logisch, dass auch am Alpenbrevet mit Übertitel “The Italian Job” ein Lamborghini Miura dabeisein musste. Georg Dönni mietete sich kurzerhand ein entsprechendes Fahrzeug mit Rechtslenkung (!) der Fondation Renaud.
Zwar mutete man dem Miura die Strapazen der Vielpässefahrt vom Freitag auf den Samstag nicht zu, ansonsten aber war der Lambo die ganze Zeit dabei und absolvierte gegen 1200 km.
… und vielen Minis
Noch wichtiger im Film als der Lamborghini sind allerdings die Mini, eigentlich Austin/Morris Mini Cooper S der späten Sechzigerjahre.
Tatsächlich fand sich ein kleines Rudel dieser kleinen Autos ein und es gelang sogar, die eine und andere Szene aus dem Film nachzustellen, insbesondere die Fahrt über das Lingotto-Oval, doch davon später.
Eine ganz besondere Autozug-Fahrt
Den Anfang des Alpenbrevet 2019 aber machte eine für viele Teilnehmer sicherlich unvergessliche Autozugfahrt von Kandersteg nach Iselle (in Italien). Alleine schon, dass dies möglich war, grenzte an ein kleines Wunder, denn offiziell werden gemäss BLS wegen Bauarbeiten keine derartigen Autozüge mehr nach Italien durchgeführt bis ins Jahr 2022.
Der kurze Zug bot Platz für rund 45 Fahrzeuge, die dieses besondere Vergnügen geniessen durften. Von dort ging es per Achse weiter nach Stresa, wo das erste Nachtlager (mit Seesicht auf den Lago Maggiore) aufgeschlagen wurde.
Der Prolog zum Nivolet
Am nächsten Tag stand eine Fahrt auf den Colle del Nivolet auf dem Programm. Dort wurden viele Szenen des Films, insbesondere aber das Ende gedreht. Eigentlich wäre der Pass am Feiertag “Ferragosto” geschlossen gewesen für den motorisierten Verkehr, doch eine Ausnahmegenehmigung machte den Ausflug möglich.
Für die Teilnehmer gab es nicht nur eine gut gekochte Polenta, sondern auch eine sagenhafte Aussicht zu bewundern.
Am Nachmittag führte die Fahrt dann nach Turin, wo ein Hotel in der ehemaligen Fiat-Fabrik Lingotto für eine dringend notwendige Schlafgelegenheit sorgte.
Harte 20 Stunden
Der dritte Tag war samt Nacht dem eigentlichen Alpenbrevet gewidmet. Es galt, zwischen mittags um 12:00 Uhr und 08:00 am nächsten Morgen möglichst viele vorgegebenen Pässe zu überwinden und die Durchfahrt mittels Fotos zu dokumentieren: Iseran, Bourg St. Maurice, Madelaine, Défilé du Maupas, Ornon, Festre, Espréaux, Garçinets, St. Jean, Allos, Cayolle, Bonette, Lombarde. Dies bedeutete eine Strecke von rund 950 km mit einem Schnitt von etwa 50 km/h abzufahren. Kein leichtes Unterfangen, zumal der Vollmond in der Nacht kaum sichtbar war und die Strassen teilweise eher in rudimentärem Zustand waren.
Beim Fahrerbriefing machte Georg Dönni den Mitstreitern klar, dass jeder für sich selber verantwortlich sei und dass natürlich die Strassenverkehrsordnung gelte. “Das ist keine geführte Schulreise für Minderjährige”, mahnte er die startbereiten Teilnehmer.
Nicht ohne Pannen
Die ersten Fahrzeuge hatten schon vor Kandersteg respektive in Stresa schlapp gemacht, die Viel-Pässefahrt aber war dann für noch mehr Autos zuviel. Ein gebrochenes Radlager, versagende Benzinpumpen, ein geplatzter Ökühler und andere Defekte zwangen das eine oder andere Team zur Aufgabe.
Zwei Teams schafften es dann sogar nur noch per Taxi zurück nach Turin, nicht ohne auf der Rückfahrt noch einen weiteren Pass “mitzunehmen”.
Auf dem Testoval der Lingotto-Fabrik
Die Belohnung am Samstag Vormittag war dann die Fahrt auf das Testoval auf der Lingrotto-Fabrik in Turin.
Gruppenweise wurden die Fahrzeuge via den noch intakten Schneckengang auf das Dach geführt.
Dort konnten sie die renovierten drei Viertel der ehemaligen Einfahrstrecke auf dem Dach befahren, inklusive der einen Steilwandkurve. Es war für alle ein unvergessliches Erlebnis und man erfuhr bei dieser Gelegenheit auch, dass die Lingotto-Fabrik, gebaut zwischen 1916 und 1923, nicht nur ein architektonisches Meisterwerk ist, sondern auch die damals grösste Autofabrik der Welt war.
Inspiriert von den Autowerken in Detroit wollte Agnelli eine ähnliche Produktion hochfahren. Weil er nicht soviel Platz hatte wie die Amerikaner legte er die Autoherstellung auf mehreren Stockwerken an. Unten wurde der Stahl und das Rohmaterial per Zug herangefahren, von dort an nahmen die Autos, unter anderem der Topolino, Gestalt an, bis sie auf dem Dach getestet und eingefahren werden konnten.
Drei der sechs Minis schafften es bis aufs Lingotto-Dach und fuhren in Formation durch die Steilwandkurve, fast wie im Film.
Noch mehr “italian job”
Nach einem kurzen Erholungsnickerchen wurde am Samstag Abend die Stadt Turin erkundet. Eine überaus motivierte Dame erklärte in charmantem italienisch geprägten Englisch verschiedene Drehorte des Films “The Italian Job” und wies auf die kulturellen Highlights der geometrisch ausgerichteten Stadt Turin hin.
So konnte man aus dem Doppeldecker-Bus auch einen Blick auf das Wasserwehr erhaschen, über das die Minis im Film fuhren. Und natürlich gehörten auch die Arkaden, durch die die Minis rasten und die Einkaufsgalerie zur Tour.
Und ganz beiläufig erzählte die resolute Dame dann auch noch, dass ihr Vater einst bei Bertone arbeitete und am Miura-Prototypen mitwirke!
Bei einem gemütlichen Abendessen bestätigte Georg Dönni in Form vom goldenen, silbernen oder bronze-farbenen Plaketten auf der Bergkristall-Trophäe die Passsammelleistung.
Am nächsten Morgen reisen die Teilnehmer individuell nachhause, die meisten mit ihrem Klassiker, einige Unglückliche per Zug, Flugzeug oder Mietwagen.
Fast wie im Film
Für den Autoren dieser Zeilen nahm die Rückfahrt wieder Bezug zum Film. Er durfte nämlich den Lamborghini Miura auf den Spuren von Roger Beckermann über den Grossen Sankt Bernhard fahren. Allerdings war vor 50 Jahren wohl weder eine durchgehende 50-km/h-Beschränkung noch eine beinahe über die ganze Strecke bis zur Passhöhe führende Sicherheitslinie vorhanden …
Nicht nur der Schreiberling, sondern alle Teilnehmer waren vom grössten bisherigen Alpenbrevet 2019 begeistert. Das nächste Mal allerdings soll es wieder weniger aufwändig werden, meinte Georg Dönni bei der Verabschiedung …
Für weitere Fotos wurde eine zusätzlcihe Bildergalerie mit allen Bilder der Teilnehmerfahrzeuge angelegt.














































































































































































































































































































































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