Der Porsche 964 war zwar initial ein Erfolg, aber es wurde schnell klar, dass man bei der Entwicklung bei Porsche nicht weit genug gegangen war. Mit dem neuen CEO Wiedeking kam nicht nur neuer Wind in die Produktionsabläufe, auch der 964-Nachfolger 993 wurde mit grossem Druck entwickelt und auf den Markt gebracht.
Schnell entstand auch eine RS-Variante davon, doch die Porsche-Entwickler wollten noch einen Schritt weitergehen und so entstand der GT2. Im Prinzip war dies ein gewichtsminimierter 993 Turbo ohne Allradantrieb, aber mit breiten Backen und Flügelwerk. Von Anfang an war klar, dass man den GT2 entwickelte, um in der Rennsportkategorie GT2 (eingeordnet zwischen GT1 und GT3) ein Wörtchen mitreden zu können, denn in jener Zeit schien es Porsche wichtig, im GT-Rennsport präsent zu sein, da sich hier marketingtechnisch viele Möglichkeiten erschlossen.
So entstanden drei Versionen des GT2, die Strassenvariante, die Clubsport-Version und die Rennversion GT2R. Gebaut wurden 194 Strassen-GT2 (inklusive Clubsport) und 78 GT2R in unterschiedlichen Varianten. Die ursprüngliche Schätzung hatte bei bei etwa 150 Exemplaren insgesamt gelegen, eine Zahl die zwischen 1994 und 1998 deutlich übertroffen werden konnte.
796 Seiten für 272 Autos
Christoph F. Mäder und Jan Koum haben diesem raren Porsche Sportwagen nicht nur ein, sondern gleich zwei Bücher gewidmet. Insgesamt umfassen die beiden Bände, die im gemeinsamen Schuber geliefert werden, 796 Seiten, pro gebautes Auto also fast drei Seiten.
Der erste Band schildert die Vorgeschichte, die Entwicklung, Marketing/Verkauf, Testberichte und Ausstattungsvarianten/Farben der Strassenversion auf 380 Seiten zusammen, die auch noch eine komplette Übersicht über alle gebauten Autos im Detail beinhalten.
Anhand vieler interner Porsche-Dokumente kann man Entwicklungsentscheidungen nachvollziehen, die Unterschiede zu anderen Porsche-Modellen studieren und bis ins kleinste technische Detail versinken. Eindrücklich!
Der zweite Band ist dann den Rennversionen gewidmet. Auch hier wird zunächst einmal das Umfeld beschrieben und dann die Unterschiede erklärt, die den Rennwagen vom Strassenauto absetzten. Selbst die durch privaten Teams vorgenommenen Modifikationen werden ausführlich dokumentiert. Über 200 Seiten des 416 Seiten umfassenden zweiten Bandes führen durch die Rennsaisons und Ergebnisse. Und auch die 78 GT2R-Versionen werden einzeln dokumentiert.
Trotz der Akribie der Verfasser gibt es natürlich immer noch Lücken in der GT2-Datenbank. Entsprechend bitten die Autoren denn auch Besitzer oder einstige Eigner von GT2 solche noch zu füllen, was dann einer zweiten Auflage zugute käme.
Nicht nur für GT2-Besitzer und für einen guten Zweck
Die GT2-Periode dauerte nur rund vier Jahre und die Autos sind im Vergleich zu anderen Porsche-Legenden wie 904, 917 oder 959 vielleicht auch weniger publikumswirksam. Richtet sich der Zweibänder also nur an die Besitzer der GT2-Autos, bei denen das Buch auf jeden Fall in die Bibliothek gehört?
Es gibt mehrere Gründe, sich auch als breiter Porsche- oder Sportwagen-Enthusiast für die GT2-Bücher zu interessieren. Erstens gehört der GT2 zur für Porsche enorm wichtigen 993-Periode dazu, zweitens erfährt man anhand der Entwicklung, wie Porsche in den Neunzigerjahren tickte und drittens spielte der GT2 auch im Rennsport eine bedeutende Rolle, fuhr mehrfach in Le Mans, gewann die ADAC GT Meisterschaft und bildete mit seiner klassischen Sportwagen-Architektur einen wichtigen Farbtupfer bei den Sportwagen- und GT-Rennen der Neunzigerjahre.
Mit EUR 399 ist das zweibändige Werk noch nicht einmal überrissen teuer, zumal der Gewinn aus dem Verkauf den Opfern der Flutkatastrophe in Deutschland im Jahr 2021 zugute kommen soll.
Man kann sich auch wirklich herrlich vertiefen in dieses Werk, ist es doch beispielsweise sehr spannend herauszufinden, in welchen Farben die GT2-Strassenvariante wie oft ausgeliefert wurde und wo die Autos schliesslich hingingen. Man lernt über die speziellen Codierungen M004, M002, M003 und M005, lächelt darüber, dass selbst Rennwagen eine Uhr im Cockpit hatten und staunt (aus heutiger Sicht) auch ein wenig, dass man damals auf die erzielten 430 PS (ja, das leistet heute fast schon eine Mercedes-A-Klasse im AMG-A45S-Trim mit zwei Litern Hubraum) so stolz war.
Spannend ist es auch zu verfolgen, mit welchen Eingriffen man der Rennversion bessere Chancen gegen McLaren F1, Dodge Viper und Co verschaffte. Und interessant ist es natürlich auch zu sehen, dass die Strassenversion für DM 268’000 (die Rennversion kostete DM 334’000) verkauft wurde, ein Betrag, der heute ungefähr EUR 135’000 entsprechen würde und den Autos, die an Auktionen gehandelt werden, bei weitem hinter sich lassen.
Das Vorwort wurde übrigens von Walter Röhrl verfasst, der bei der Entwicklung des GT2 eng dabei war und mit Prototypen und Vorserien-Exemplaren viele Testkilometer zurückgelegt hat. Seine Aussagen sind genauso wie jene anderer Interviewpartner sozusagen das Pünktchen auf dem “i” dieses umfangreichen GT2-Zweibänders.
Bibliografische Angaben
- Titel: 911 GT2
- Autoren: Christoph F. Mäder, Jan Koum
- Sprache: Englisch
- Verlag: RPM Books
- Auflage: 1. Auflage November 2021 (beschränkt auf 993 Exemplare)
- Format: Gebunden, zwei Bände, 25,7 x 29,9 cm, im Schuber
- Umfang: 380 + 416 (796) Seiten, über 1000 Fotos und Illustrationen
- ISBN: 978-3-9823486-1-2
- Preis: EUR 399.00
- Kaufen/bestellen: Online auf der Website von RPM Books