Bei der "Bosch Hockenheim Historic – Das Jim Clark Revival" vom 10. bis 12. April 2015 auf dem Hockenheimring standen über 500 Teilnehmer in zwölf Rennserien und Präsentationsläufen am Start und boten den Besuchern Motorsport der Spitzenklasse sowie eine einmalige Zeitreise durch Jahrzehnte des Motorsports.
Organisationsleiter Wolfgang Huter zeigte sich am Sonntagabend nach Veranstaltungsende höchst zufrieden und freute sich, den bisherigen Rekord von rund 22.000 Besuchern bekanntgeben zu können: "Es zeigt uns, dass wir mit unserer Themenvielfalt und dem familienfreundlichen Konzept bestens aufgestellt sind. Ebenso konnten wir am Wochenende mit interessanten Rennserien aus England Vorgespräche für 2016 führen."
Harter Zweikampf um die Spitze in der YTCC
In der niederländischen Youngtimer Touring Car Championship konnte man schon früh den Kampf um die Spitze erkennen: Daniel Schrey im Kremer Porsche konnte seine Spitzenposition nur mit perfekt gefahrenen Runden gegen seine Konkurrenz durchsetzen. Roger Bolliger im Pontiac TransAm zeigte schon im Qualifying, dass ein Porsche-Sieg nicht auf sicher ist, und ebenfalls die zwei BMW M1 Rennwagen von Kammermann und Hagemann galten als potenzielle Podiumsanwärter.
Das erste Rennen gewann Roger Bolliger im Pontiac, der Sieg des zweiten Rennens ging dann doch an den schnellsten des Qualifyings, Daniel Schrey im gelben Porsche 935.
Im Gespräch mit dem «Car Chief» Mike Heup des #27 BMW M1
Das schöne an historischen Motorsport Veranstaltungen sind nicht nur die Rennen sondern auch die Momente im Fahrerlager, dort wo man den Rennwagen aus der Nähe sehen und mit etwas Glück auch den Rennfahrer persönlich erleben darf.
Auch wir sind im Fahrerlager gewesen und hatten das Glück, Chef Mechaniker und «Car Chief» des Nummer 27 BMW M1 zu treffen und Zeit für ein kurzes Interview zu erhalten:
Zwischengas (Z): Wie früh muss man so einen M1 vor dem Rennwochenende vorbereiten?
Mike Heup (MH): In der Regel fangen wir relativ früh an, das Fahrzeug vorzubereiten. Dadurch dass ich hier im Team eine Festanstellung habe, kann ich mir die Zeit selbst recht gut einteilen, und doch wird es kurz vor Abreise immer ein wenig stressig. Hab ich an alles gedacht? Ist alles verladen? Und oftmals hat man (das kennt jeder der privat ein wenig schraubt) kurz vor Schluss noch ein kleines Problemchen das erledigt werden muss.
Z: Muss man Probefahrten machen oder geht man quasi von der Garage in die offiziellen Testläufe vor dem Rennwochenende?
MH: Für gewöhnlich nutzen wir die Testtage, die kurz vor dem Event auf den jeweiligen Strecken angeboten werden.
Z: Was ist oft eine Herausforderung bei solchen Rennen?
MH: Die Herausforderung ist ganz klar das Rennen zu gewinnen und für mich als Car Chief im speziellen das Auto vom ersten Testlauf bis zum Quali entscheidend zu verbessern. Die Fahrerwechsel, wie sie zum Beispiel in der VLN der Fall sind, Stabi Änderung oder auch Reifenmischungen können da schon sehr entscheident sein.
Z: Wie war grundsätzlich das Wochenende? Was ging gut, gab es Überraschungen?
MH: Das Wochenende war alles in allem sehr gut für uns. Überraschungen gab es eigentlich so gut wie keine. Einzig die Tatsache dass wir zusammen mir der holländischen Youngtimer Serie zusammen starten mussten...das war doch etwas überraschend. Schade ist nur, dass unser direkter Konkurrent leider ausgefallen ist.
Z: Kann man mit Abstimmungseinstellungen von früheren Jahren arbeiten als Startpunkt?
MH: Wir stellen das Fahrzeug immer auf unseren Fahrer ein. Er muss sich wohl fühlen. Mit den Einstellungen aus dem Vorjahr ist es immer so eine Sache, man kann sich zwar grob orientieren aber im Grunde fangen wir oft wieder von Null an.
Z: Was verstellt man überhaupt von Rennen zu Rennen?
MH: Wenn das Grundsetup mal erarbeitet ist sind nur noch Kleinigkeiten zu machen wie zum Beispiel das Testen verschiedener Achseinstellungen. Diese testen wir über die Reifenmischungen/Temperaturen als auch über die Aussagen des Fahrers.
Z: Wie "komplex" ist eigentlich ein M1 für einen Mechaniker?
MH: Im Prinzip sind uns im historischen Rennsport eigentlich die Hände gebunden. Wir haben keine verstellbaren Dämpfer oder ähnliches. Hier haben uns schon oft die Einstelldaten der Procar Serie von damals helfen können um unsere Startpunkte festzulegen. Allerdings weichen diese mehr und mehr ab, da sich die Strecken ja über Jahrzehnte zum Teil auch stark verändert haben.
Z: Kann man überhaupt sagen, dass ein Rennfahrzeug weniger komplex ist als ein anderes? Falls ja, wo reiht sich ein M1 ein (Vergleichsfahrzeuge aus Sicht Betreuung des Fahrzeugs)?
MH: Der Historische M1 ist natürlich schon etwas speziell, es kommt sehr darauf an, wie wir Mechaniker das Fahrzeug abstimmen. Wenn der Wagen perfekt werden soll, hat man jede Menge Arbeit vor sich, da uns natürlich auch keine moderne Elektronik zur Verfügung steht wie sie inzwischen in den großen GT3 Fahrzeugen verbaut ist.
Z: Und zum Schluss noch dies: Bei welchen Rennen wird man diesen M1 dieses Jahr sonst noch sehen?
MH: Wir werden dieses Jahr die Youngtimer Trophy sowie die Deutsche Rennsportmeisterschaft mit dem M1 bestreiten.
Bei acht Litern Hubraum war die Sachskurve komplett besetzt
Als die Teilnehmer mit ihren Prototypen auf der Start-und-Ziel-Geraden brummten, füllte sich die Sachs-Kurve bis auf den letzten Platz. Durch den Zusammenschluss der Serien "SuperSportsFestivals" und "Canadian-American Challenge Cup" bot sich eine beeindruckende Vielfalt an Sportprototypen zwischen zwei Litern und bis zu über acht Litern Hubraum.
Als klarer Titelverteidiger galt Andrew Newall im McLaren M8F, der beide Qualifyings als schnellster hinter sich brachte; beste Rundenzeit war 1:41.269. Beide Rennen konnten dann auch mit deutlichem Abstand gewonnen werden. Auch wenn die Rennen klar entschieden wurden, galt der Motorsound und die hohen Geschwindigkeiten dieser Prototypen als Highlight der Veranstaltung. Die Tribünen blieben jedenfalls bis zur letzten Runde voll besetzt.
Wenig Hubraum erfordert höchstes fahrerisches Können
An Spannung kaum zu überbieten war einmal mehr der Lauf der Formel Junior-Rennwagen um die "FIA Lurani Trophy". Alle Fahrer der kleinen Monoposti mit nur 1100 Kubikzentimeter Hubraum demonstrierten höchstes fahrerisches Können. Wie in den Vorjahren dominierten die Brabham BT6.
Immer wieder ist es spannend, den Verfolgungsjagden zu folgen, man sieht den leicht beweglichen Fahrzeugen regelrecht an, wie sehr es hier um den absolut korrekten Kurvenwinkel und die Ausfahrtsgeschwindigkeit geht. Kleinste Fehler geben dem Verfolger eine Chance, einen Platz gutzumachen.
"Diese Vielfalt an Motorsport zum Anfassen zeichnet die Bosch Hockenheim Historic aus. Besonders das offene Fahrerlager erwies sich als Anziehungspunkt für alle Fans, denn hier lassen sich die faszinierenden Boliden hautnah bewundern. Und auch unser ‚Marktplatz‘ auf dem Boxendach war sehr gut besucht“, erklärte Georg Seiler, Geschäftsführer der Hockenheim-Ring GmbH.
Die Schnellsten auf der Strecke
Vortrefflichen Motorsport boten in diesem Jahr erneut die beeindruckenden Formel-Fahrzeuge der Serie "BOSS GP". Das Kürzel steht für Big Open Single Seater, was bedeutet, dass es sich in dieser Klasse um ein Kräftemessen der stärksten Formel Fahrzeuge der legendären 80er- und 90er-Jahre handelt. Damit ist die BOSS GP eine der weltweit schnellsten Rennserien, was die Fahrer während der Bosch Hockenheim Historic wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis stellten. Hier beeindruckte vor allem Klaas Zwart, der mit seinem Dreiliter-Jaguar R5 eine Zeit von gerade einmal 1:26.599 Minuten in den Asphalt brannte.
Als Vergleich: die schnellste Runde der CanAm Fahrzeuge wurde in 1.41 gefahren, Formel Vau Fahrzeuge brauchen über 2 Minuten, der schnellste BMW M1 benötigte 1.51, ein Alfa Romeo GTV 6 aus der Alfa Romeo Classico Serie benötigte exakt zwei Minuten und der Kremer Porsche 935 von Daniel Schrey 1.51...
Vielfalt in allen Klassen
Die Fans vom historischen Rennsport kamen gewiss alle auf ihre Kosten, denn unterschiedlichste Fahrzeuge waren beim Hockenheim Historic auch dieses Jahr wieder am Start. Neben den bereits erwähnten Klassen fuhren etliche englische Fabrikate in der British GT zusammen mit der Triumph Competition.
"Porsche gegen BMW" wurde in Läufen des DRM Klassik Pokals gross geschrieben. Und für weitere Abwechslung sorgten die harten Duelle in den Formel Vau und Super Vau Klassen. Für einen Hauch Italianita sorgten die Rennen der Serie "Alfa Romeo Classico". Um den Sieg fuhren ein 156 1.8 Turbo und ein 147 GTA Cup während die folgenden Plätze von GTV6 und Alfasud Sprint bekämpft wurden.
Weitere Besonderheiten
Ergänzt wurde die Veranstaltung durch ein attraktives Markenclub-Areal mit Hunderten von Teilnehmern und die auf einer Rennstrecke weltweit einmalige Designpreis-Vergabe durch die Designschule Pforzheim. Die Professoren Ja Kelly und Horst Fügener zeichneten auch dieses Jahr wieder mit ihren Studenten die schönsten Exponate der Kategorien Formel-Fahrzeuge, GT- und Tourenwagen, Sportprototypen sowie historische Transporter aus. In letzterer Kategorie räumte der zu den Highlights gehörende Opel Blitz aus dem Porsche-Museum ab. Des weiteren haben Harry Read mit dem Sportprototyp McLaren M8C, Harald Fuchs mit dem Toyota Formel 1 TF 108, den einst Timo Glock steuerte, sowie Michael Kammermann aus der Schweiz mit dem BMW M1 Procar gewonnen.
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Leider fehlten "volksnahe" Rennfahrzeuge im Fahrerlager, so wie der "Kampf der Zwerge", aber die sind ja am kommenden Wochenende in Hockenheim am Start. SEE YOU IN HOCKENHEIM.