Goodwood ist immer eine Reise wert. Egal ob das Wetter nun gut oder schlecht ist, was hier jeweils an Action geboten wird, ist schlichtweg unglaublich. Das Programm des 77. Goodwood Members’ Meetings startete am Samstag, dem 6. April 2019, morgens um 10 Uhr und endete abends um etwa 19 Uhr. Am Sonntag dann dasselbe von 9 bis 18 Uhr.
Pausenlos wurde ein Programm durchgezogen, das wohl weltweit einmalig ist. Es blieb weder die Zeit zum Essen, noch für die Toilette! Auch mit Prominenz wurde nicht gespart. Neben Jochen Mass, Emanuele Pirro und den unten erwähnten Porsche-Fahrern waren auch Jackie Stewart, Tiff Needell, Tom Blomqvist, Steve Soper und Tom Kristensen vor Ort.
50 Jahre Porsche 917 gefeiert
Auch das Porsche Museum liess es sich nicht nehmen, die Bühne zum 50-Jahre-Jubiläum des 917 zu nutzen und brachte gleich fünf dieser Autos ins südenglische West Sussex.
Gefahren wurden sie dann alle von ehemaligen Le Mans-Siegern wie Mark Webber, Neel Jani, Derek Bell, Romain Dumas und Richard Attwood. Webber fuhr am Samstag das bärenstarke offene CanAm-Auto mit rund 1200 PS, welches 1973 die CanAm Serie mit Mark Donohue nach Belieben dominiert hatte. Am Sonntag zwängte er sich dann in den frisch restaurierten 917 mit der Chassisnummer 001, der heute wieder exakt so dasteht, wie er am 12. März 1969 am Autosalon in Genf präsentiert wurde. Das Auto war für den grossgewachsenen Australier eng wie eine Sardinenbüchse. Einmal drin kam er nicht mehr raus und musste so in Socken fahren ohne seinen Kopf auch nur in irgend einer Form noch bewegen zu können.
Betty Richmond Trophy - Mini-Rennen hart umkämpft
Das Members’ Meeting feierte auch den 60. Geburtstag der britischen Ikone Mini. Ein imposantes Startfeld von genau 60 Autos war zu diesem Zweck zusammengetrommelt worden. In drei Läufen wurde der Gesamtsieger erkoren.
Am Ende machte Mini-Guru Nick Swift in seinem 63er Cooper S das Rennen und gewann, eigentlich fast schon gegen sich selbst, denn im Gesamt-Feld fuhren 38 von ihm präparierte Motoren mit. Die Drifts der kleinen Minis waren atemberaubend. Es hob die Fans nur so aus ihren Sitzen.
Der junge Finne Tom Blomquist, Sohn des Rallye-Haudegen Stig, sass im Auto mit der Nummer 1 und stand nach dem Training in der ersten Startreihe zum ersten Rennen. Leider wurde er in der Start-Kurve Opfer einer Feind-Berührung und verlor dadurch wichtige Plätze. Die Aufholjagd des jungen ex-DTM BMW-Piloten konnte sich aber sehen lassen. Er kämpfte sich immer schön "sidewise" bis zum Schluss auf den 3. Platz zurück. Im Finalrennen aber schied er aber dann leider in der 4. Runde aus. Die Zwei- und Dreikämpfe waren erste Sahne und nur ausnahmsweise blieben alle Räder am Boden. Dazu gab es auch einiges an Landschaden.
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Gerry Marshall Trophy - Rover in Front
Das Tourenwagen-Rennen mit Fahrzeugen von 1969 bis 1984 bot viele Zwei- und Mehrkämpfe in der Abenddämmerung von Goodwood. Le Mans-Sieger Neel Jani bewegte zusammen mit J. Wood einen Rover 3500 SDI.
Nach der Sitzprobe im Gulf-917, dem ex-Auto von Rodriguez/Oliver, schwärmte er eine ganze Weile von dieser Fahrzeug-Ikone und meinte lachend: “… und dann fahr ich heute Abend noch diesen eckigen Rover Koffer …!”
Aber auch diesen “Koffer” hatte er voll im Griff und stellte ihn im Training gleich einmal in die erste Startreihe und auch den Sieg liessen sich Jani/Wood nicht nehmen.
Parnell Cup - Monoposti der Frühzeit
Ein attraktives Feld von Monoposti bot der Reg Parnell Cup. Mit einem Parnell-ERA und einem Parnell-MG standen auch zwei von ihm gebaute Autos am Start. Reg Parnell baute nicht nur Autos, er fuhr selbst auch Rennen und gewann 1948 das erste Goodwood-Meeting.
Das 77. Meeting konnte William Nuthall im Alta F2 von 1952 für sich entscheiden. Dritter wurde Alexander van der Lof im Ferrari 340 F1 von 1950, genau eine Woche vor dem 1000. F1 GP in China. Keine andere Marke startete 1950 beim ersten Rennen und ist noch heute mit von der Partie.
Derek Bell Cup - Herzschlag-Finish
Die kleinen 1-Liter Formel-3-Rennwagen von 1964 bis 1970 boten beim Derek Bell Cup ein packendes Rennen bis zum Zielstrich.
Die beiden Brabham-Ford BT28 und BT18 fuhren mehr neben- als hintereinander. Selbst die Zielflagge kreuzten sie fast gleichauf. Ben Mitchell gewann mit gerade mal einer Zehntelsekunde Vorsprung auf Andrew Hibberd. Der Schweizer Christoph Widmer wurde dabei Vierter.
Barry Sheene Trophy - klarer Sieger
Völlig ungewohnt, wenn man es mit der aktuellen Moto GP vergleicht, war für einmal das Motorradrennen um die Barry Sheene Trophy, denn es war um Welten langweiliger als all die gebotenen Autorennen.
Graham Higlett macht auf seiner Rob North Triumph T150 von 1972 mit 2,5 Sekunden Vorsprung das Rennen.
Tony Gaze Trophy - geflügelter F1-Veteran
Bei den GT-Autos von 1954 bis 1959, zeigte ex-F1 Pilot David Coulthard seine Klasse.
Er gewann mit 7 Sekunden Vorsprung unangefochten im Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer von 1955 vor dem Austin Healey 100M aus dem Jahr 1954 von Mike Thorne.
John Duff Trophy - zweiter Platz für Champion
Bei den Vorkriegs-Sportwagen mit Baujahr bis 1931 gewann der Vauxhall 30-98 Brooklands von 1925, gefahren von Gregor Fisken, vor dem Frazer Nash Super Sports von 1928 mit Philip Champion am Steuer.
Nicht immer garantiert der Name auch für Erfolg.
Graham Hill Trophy - Eleganz gegen Brutalität
Zwei Autos machten hier die Musik. Um den Pokal kämpften erbittert ein Jaguar E-Type Semi-Lightweight und ein TVR Griffith 400.
Am Ende des 45-minütigen Spektakels mit Fahrerwechsel hatten Minshaw/Keen im Jaguar die "lange" Nase vor, zweiter wurde der kurze, aber sehr kräftige TVR von Spiers und Tiff Needell.
S.F. Edge Trophy - das verrückte Rennen der Alten
Man kann echt nicht glauben, dass mit Vehikeln bis Jahrgang 1923 ein derartig verrücktes Rennen gefahren werden kann. Es war absolut beeindruckend zu beobachten, wie man solche Fahrzeuge im Grenzbereich bewegen kann. Und langsam waren die Veteranen sicher nicht.
Julian Majzub im Sunbeam Indianapolis von 1916 gewann das Rennen über 15 Minuten mit einem Schnitt von 72.37 MPH, umgerechnet also über 117 km/h. Auf den Fotos ist deutlich zu erkennen, mit welch enormem Einsatz die Fahrer am Werk waren.
Gurney Cup - GT40 muss dem Crossle den Vortritt geben
Bei den Rennsportwagen von 1960 bis 66 war der Crossle-Oldsmobile MK5S von 1964 eine Klasse für sich.
Cameron Jackson gewann nach 20 Minuten Renndauer mit sage und schreibe 25,499 Sekunden Vorsprung auf den Ford GT40 von Craig Davies.
Peter Collins Trophy - Knalleffekt zum Schluss
Ein Jaguar D-Type von 1955 gewann das letzte Rennen, ein weiterer hatte nur noch Schrottwert. Auch der wunderschöne Cooper Bristol T25 musste das Zeitliche segnen. Ein heftiger Crash zwischen den beiden führte zum Rennabbruch kurz vor Ende des Rennens und des Meetings. Schade, dass es so enden musste, aber Rennsport auf diesem hohen Niveau fordert seine Opfer.
Beim Abbruch des Rennens lag John Pearson nur 0,8 Sekunden vor Martin Stretton, beide auf Jaguar D-Type. Steve Brooks machte das Tripple für den D-Type sicher. Es ist nur zu hoffen dass die beiden Crash-Opfer nicht ihre wertvollen Originale eingesetzt haben und niemandem bleibende Schäden zugefügt wurden.
Die besonderen Demonstrationsläufe
Auf dem Programm standen auch einige Demonstrationsläufe. Bei der ProCar BMW M1 Demonstration standen sechs Autos am Start und am Steuer mit dabei war Prinz Leopold von Bayern, kurz Poldi genannt. Mit erkältungsbedingt verlorener Stimme trat der 76-Jährige vor und nach seinen Gurgelaktivitäten so richtig aufs Gas. 1979 und 1980 gehörte die noch heute berühmte ProCar Serie mit dem M1 zum Rahmenprogramm der Formel 1.
Viele behaupten, dass dieses Rennen oft besser als die Grand Prix waren. Jochen Neerpasch: "Beim ersten Rennen in Zolder brachte Max Mosley eine Tasche voller Dollars mit, was natürlich die Grand-Prix Piloten animierte teilzunehmen. Als Mario Andretti zusagte, zogen alle anderen nach. Selbst Bernie Ecclestone war von dieser Serie begeistert, denn sie verdoppelte die Zuschauermenge am F1-Training-Samstag.
Eine weitere Demonstration zeigte die Horde von 13 V8-Tourenwagen der NASCAR-Szene. Mit viel Gebrüll zeigten die Fahrer, wieviel Gefühl im Gasfuss sein muss, um ein solches Auto vernünftig um eine Kurve zu kriegen.
Zum Schluss wollen wir aber die 14 LMP-Autos aus der Le Mans-Huldigung nicht vergessen. Allerdings gingen diese optisch neben den beiden formal sensationellen Porsche 917 ein wenig verloren.
Es war wieder so beeindruckend in England, dass wir bestimmt auch trotz des drohenden Visa-Antrages 2020 wieder kommen werden.