Gene Ponder ist sicherlich kein durchschnittlicher Sammler. Er liebt Autos, aber her hat einen besonderen Geschmack. Er liebt die Marke MG, aber die Autos müssen nicht unbedingt originalgetreu sein. Sowieso sind ihm schöne Formen im Zweifelsfall wichtiger als Originalität, und so liess er schon einmal einen Alfa Romeo auf der Basis eines Jaguars aufbauen.
Und er baute seine Sammlung gleich zweimal auf, denn als Unternehmer verkaufte er den grössten Teil seiner ersten Sammlung, um den Aufbau einer neuen Firma zu finanzieren. Mit dem Erfolg seiner Unternehmen konnte er sich sein besonders Hobby leisten.
Rechtzeitiger Abschied
Weil er langsam in ein Alter kommt, das es ihm nicht mehr erlaubt, alle seine über 120 Automobile, Motorräder und Boote regelmässig zu fahren, und weil er nicht seine Nachkommen mit der Aufgabe, diese Sammlung zu verkaufen, belasten wollte, entschied Gene Ponder, fast seine gesamte Assemblage zu versteigern: So kamen am 22. bis 24. September 2022 unter anderem 1047 Automobilia-Lots, 98 Autos und zwei Dutzend Motorräder unter den Hammer.
Alleine für die Autos, die genauso wie der Rest ohne Mindestpreis angeboten wurden, kamen so rund USD 20,3 Millionen zusammen, im Schnitt kostete ein Auto also USD 207’423. Damit lag man, allerdings inklusive des Aufpreises von 10 %, durchaus in der Nähe der aufsummierten Schätzwerte, die bei USD 22,5 Millionen lagen. Die Abweichungen von den Estimates waren allerdings bei einigen Fahrzeugen beträchtlich.
MG-Liebhaber
Die 98 Autos teilten sich auf rund 30 Marken auf, bei ziemlich genau einem Drittel handelte es sich allerdings um Autos der Marke MG. Während das Durchschnittsalter aller Autos bei 68 Jahren lag, waren die MGs im Schnitt sogar noch sechs Jahre älter. Der Anteil an Vorkriegs-Exemplaren und frühen Nachkriegswagen (TC/TD) war denn auch bei MG besonders hoch.
Gleich drei Wagen des Typs NA/NB kamen unter den Hammer, die Preise lagen deutlich unter den Erwartungen und die raren Reihensechszylinder wurden alle für USD 71’500 verkauft.
Zwei K1/K3-Konversionen gab es ebenfalls zu kaufen, sie erzielten USD 104’500 und 264’000.
Im Vorfeld mit besonderem Interesse erwartet wurde der besonders seltene MG PB von 1935 mit Airline Coupe Karosserie. Hier wurden schliesslich USD 121’000 erzielt, was ebenfalls nicht ganz den Erwartungen entsprach.
Viele “Recreations”
Gene Ponder hatte ein Faible für schöne italienische und französische Karosserien der Dreissiger- bis Fünfzigerjahre. Weil man nicht jeden Tag einen Disco Volante oder einen Bugatti Atalante für noch vernünftiges Geld kaufen kann, liess sich Ponder diese Autos einfach nachbauen. Er beschäftigte dafür oft lokale Blechkünstler und setzte auf die bewährte Mechanik der Jaguar XK-Baureihe.
Allerdings besass Ponder auch mehrere Bugatti-Nachbauten, die wertvollste stammte von Koux und war ein Bugatti 57SC Atlantic von 1938 auf originalem Chassis, der für USD 1,155 Millionen einen neuen Besitzer fand.
Wie schwierig es ist, den Wert einer Recreation einzuschätzen, zeigen die Abweichungen der Höchstgebote vom mittleren Schätzwert, diese pendelten nämlich zwischen 51 und 236 %. Am meisten “überzahlt” wurde ein Porsche 550 Spyder Nachbau, der anstelle der geschätzten USD 30’000 bis 40’000 immerhin USD 90’750 erzielte.
Einige der ungewöhnlichen Konstruktionen Ponders liefen auch als “Special”, von denen es ebenfalls ein Dutzend gab.
Für eine Überraschung sorgte der Jaguar RS 2000 Special von 1957, der dem Veritas RS 2000 nachempfunden war und statt der erwarteten USD 150’000 bis 175’000 immerhin USD 330’000 als Verkaufspreis erreichte.
Attraktive Superklassiker
In Ponders Sammlung fanden sich auch viele sogenannte Superklassiker. Sie erzielten teilweise höhere Preise als geschätzt.
So bezahlte der neue Besitzer eines Dino 246 GTS von 1974 USD 632’500 (EUR 561’475, CHF 619’850) und damit über 30 Prozent mehr als erwartet.
Generell schnitten die Ferrraris gut ab, für einen 212 von 1952 mit nicht orignaler Touring-Barchetta-Karosserie wurden USD 792’000 bezahlt, ein 330 GTC von 1967 kam auf USD 797’500 und ein 348 TS von 1990 mit sehr geringem Meilenstand auf überraschende USD 126’500.
Weniger gut lief es für einen Lancia Aurelia B24S Convertibile von 1964, der für USD 357’500 deutlich unter dem Estimate vermittelt wurde, während ein Flaminia GT Cabriolet von 1964 fast au Höhe des Schätzwerts verkauft werden konnte.
Für einen Maserati 3500 GT Vignale Spyder von 1960 mussten statt USD 800’000 bis 1 Million deutlich humanere USD 770’000 bezahlt werden.
Der AC Ace Bristol von 1958 erzielte USD 280’500, was auch eher an der unteren Grenze der aktuellen Marktpreise liegen dürfte.
Ebenfalls unter den Schätzwerten wurden die beiden Aston Martin DB2/4 Cabriolets von 1954 und 1955 verkauft. Bemerkenswert dabei ist, dass der ältere Wagen eine Graber-DHC-Karosserie trug und mit USD 687’500 rund doppelt so teuer vermittelt werden konnte als das Werks-Cabriolet (USD 385’000).
Am teuersten verkauft wurde ein Mercedes-Benz 300 SL Roadster von 1960, der für USD 1,595 Millionen (EUR 1,643 Millionen, CHF 1,563 Millionen) in eine neue Garage fand.
Mehr oder weniger britische Exoten
In der Sammlung von Gene Ponder fanden sich auch einige Exoten, die aus amerikanischer Sicht vermutlich besonders interessant waren.
So kamen zwei Arnolt-MG, die “Wacky” Arnolt mithilfe von Bertone in den Fünfzigerjahren bauen liess, als Coupé und als Cabriolet unter den Hammer. Während der offene Wagen auf USD 176’000 kam, wurde das Coupé für USD 60’500 unter Wert verscherbelt.
Noch rarer dürfte der Alvis-Healey als 3-Litre Sports Convertible von 1953 gewesen sein. Keine zwei Dutzend entstanden damals und trotzdem reichten USD 104’500, um in den Besitz einer solchen Rarität zu kommen.
Kaum weniger selten dürfte der Arnolt-Bristol Deluxe Roadster von 1959 sein, hier mussten USD 330’000 bezahlt werden.
Und dann gab’s gleich noch drei Nash-Healey Roadster der Jahre 1951 bis 1953 zu ersteigern, sie erzielten zwischen USD 82’500 und 154’000.
100 Prozent Verkaufsquote ist natürlich keine besondere Leistung, wenn alle Lots ohne Mindestpreis angeboten werden konnten, doch die weit über USD 20 Millionen, welche die RM-Versteigerung über drei Tage einspielte, zeigen, dass die Spezialisten des kanadischen Auktionshauses ihr Geschäft gut kennen und in der Lage waren, auch internationale Käufer für das Angebot zu begeistern.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | USD Est von | USD Est bis | USD HG | USD VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
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3126 | Fiat 850 Spider | 1973 | 10'000 | 20'000 | 16'000 | 17'600 | 17'248 | 18'128 | +17.33%
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V |
3127 | MG TC | 1948 | 50'000 | 70'000 | 45'000 | 49'500 | 48'510 | 50'985 | -17.5%
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V |
3128 | Formula Mazda | 1996 | 45'000 | 65'000 | 27'500 | 30'250 | 29'645 | 31'157 | -45%
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V |
3131 | MG A 1600 Mk II Special | 1962 | 50'000 | 75'000 | 47'500 | 52'250 | 51'205 | 53'817 | -16.4%
|
V |
3132 | Alfa Romeo 6C 2300 Corto Spider Recreation | 1939 | 325'000 | 375'000 | 180'000 | 198'000 | 194'040 | 203'940 | -43.43%
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V |
3133 | MG TC Special | 1948 | 65'000 | 85'000 | 55'000 | 60'500 | 59'290 | 62'315 | -19.33%
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V |
3134 | Jaguar Special | 1935 | 140'000 | 175'000 | 75'000 | 82'500 | 80'850 | 84'975 | -47.62%
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V |
Alle Angaben ohne Gewähr
Legende: Spalte S = Status (V = Verkauft, N = Nicht verkauft, Z = Zurückgezogen, U = Unter Vorbehalt)
Est = Estimate/Schätzwert, HG = Höchstgebot, VP = Verkaufspreis