So ganz wie andere Toffen-Versteigerungen war die Veranstaltung am 17. Oktober 2020 trotz Vorort-Bietern trotzdem nicht. Die Schweiz erlebte Mitte Oktober eine starke Zunahme der Corona-Erkrankungen und Reinhard Schmidlin und sein Team wusste wohl bis kurz vor Beginn der Auktion am Samstag Nachmittag nicht, ob die Durchführung wie geplant möglich sein würde.
Doch es klappte alles wie vorbereitet. die Anzahl Vorort-Besucher hatte man auf 275 Personen beschränkt, womit sich die notwendige physische Distanz zwischen den Teilnehmern sicherstellen liess. Es wurden Masken getragen und auf eine Festwirtschaft draussen verzichtet. Dies führte dazu, dass vor Ort vor allem die Leute waren, denen wirklich etwas an der Versteigerung respektive den angebotenen Fahrzeug lag, während Beobachter ohne Kaufabsichten eher zuhause blieben. Diesen wurde ein gut funktionierender Live-Stream angeboten.
Bieten konnte man über zwei verschiedene Internet-Plattformen, via Telefonanruf oder schriftliche Vorgebote. Und natürlich vor Ort, wenn man zu den rund 200+ akkreditierten Bieter vor Ort gehörte.
Die Stimmung war fast schon familiär, man fühlte sich unter Gleichgesinnten. Es wurde viel geschmunzelt und gelacht, dafür sorgte auch der Auktionator mit seinen Sprüchen, z.B. “Weihnachten steht vor der Türe, die Ehefrau würde sich doch sicher über ein flottes Geschenk freuen …”.
Starker Einfluss des Internet-Bieterkanals
Bei fast jedem Lot spielten Internet-Gebote eine wesentliche Rolle, bei rund 40 Prozent kam sogar das höchste Angebot via die beiden Internet-Plattformen herein. Damit schlugen die zuhause sitzenden Interessenten sogar die Vorort-Bieter, allerdings ergab sich bei den erfolgreichen Verkäufen in etwa eine Pattsituation. Auch die schriftlichen Vorgebote hatten dieses Mal einen grossen Einfluss auf den Ausgang der Versteigerung, sie waren deutlich wichtiger als die Telefonbieter.
Weil der Livestream im Vergleich zur Vorortsituation einige Sekunden verzögert sein konnte, musste der Auktionator immer kurze Pausen einlegen, um allen Interessenten die gleiche Chance einräumen zu können.
Beim Einspielen der Filmchen, welche die Autos fahren zeigen sollten, ergab sich die eine oder andere Panne und es erschien gar kein Wagen. Das wirkte sich aber kaum negativ aus. Im Grundsatz ist es sicherlich eine gute Idee, fahrende Autos zu zeigen, der gewählte Ansatz hat aber sicherlich noch Verbesserungspotential.
Auch wäre es hilfreich, beim Livestream den aktuellen Gebotsstand immer einzublenden.
Breites Angebot
Neben einige Automobilia kamen am 17. Oktober 2020 während rund 5,5 Stunden 105 Automobile, 12 Motorräder/Mofas, zwei Fahrräder und sogar ein LKW unter den Hammer.
Der Gesamtwert der Automobile (inkl. LKW) und Motorräder lag bei gegen CHF 6,9 Millionen. Fast 20 Prozent der Fahrzeug-Lots, die im Schnitt 46 Jahre alt waren, kamen ohne Mindestgebot zur Versteigerung.
«Your classic car, our reliable values.»
8855 Wangen SZ, Schweiz
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- Automobil-Historiker
- Andere
Der herrliche Miura
Höhepunkt der Versteigerung war sicherlich der Lamborghini Miura P400 von 1968 in “Blu Miura”. Der Wagen, der lange Zeit als verschollen gegolten hatte, tauchte vor wenigen Jahren wieder auf und erhielt eine neue Lackierung in der Originalfarbe. Das Interieur ist dem Kilometerstand von knapp über 30’000 km entsprechend original erhalten, der ganze Supersportwagen ein Traum.
Entsprechend hoch war denn auch der Schätzwert mit CHF 1,45 bis 1,65 Millionen angesetzt. Internetbieter legten dann mit einer Million vor, ein Saalbieter zog mit, doch bei CHF 1,075 Millionen hörte der Bieterkampf bereits wieder auf. Der Lambo wurde zwar unter Vorbehalt zugeschlagen, was bedeutet, dass der Bieter an sein Gebot gebunden ist, aber die Erwartungen dürften zu deutlich verpasst worden sein, als dass der Verkauf realistische Chancen hat. An Interessenten hinter den Kulissen wird es aber vermutlich nicht fehlen.
Auch der am Schluss angebotene Alfa Romeo 1900 C Super Sprint von 1955 fand nicht definitiv einen Käufer, das Maximalgebot lautete hier auf CHF 180’000.
Ähnlich ging es auch dem Maserati Bora 4900 von 1973 (CHF 110’000), dem Jaguar E-Type Series 1 3,8 Litre Flafloor Roadster von 1961 (CHF 145’000) sowie dem Lagonda Rapide von 1963 (CHF 140’000) und dem Mercedes-Benz 190 SL von 1960 (CHF 90’000).
Ein Alpina B12 und ein 250 SL als Überflieger
Richtig gut in Szene setzen konnte sich dafür der Alpina (BMW) B12 5,7 von 1996, basierend auf dem BMW 850i. Mit einem Höchstgebot von CHF 150’000 wurden die Erwartungen zumindest erfüllt und ein Verkaufspreis von CHF 168’000 realisiert.
Bis zum Schluss hatten sich hier zwei Telefonbieter duelliert, von denen offenbar keiner aufgeben wollte.
Noch besser, zumindest im Vergleich mit dem Estimate, schnitt ein Mercedes-Benz 250 SL von 1967 ab. Geschätzt waren CHF 65’000 bis 75’000, der Kaufpreis lautete auf CHF 98’000, hier hatte ein Internetbieter den Zuschlag erhalten.
Allerdings gab es noch eine Reihe von Fahrzeugen, die deutlich besser abschnitten als erwartet. Am deutlichsten gelang dies einem Mofa, der Motobécane Mobylette M1 von 1974, allerdings auf tiefem Niveau.
Aber auch ein Jaguar S-Type 3,8 Litre von 1965 konnte den Estimate deutlich übertreffen, genauso wie ein Citroën SM von 1971, der für CHF 22’000 anstatt CHF 10’000 bis 15’000 verkauft wurde.
Brillieren konnte auch ein Lancia Gamma 2500 IE Coupé von 1981, um das sich ein regelrechter Kampf im Saal etablierte, der erst bei CHF 34’000 endete, womit der Verkaufspreis schliesslich bei CHF 38’080 anstatt erwarteten CHF 20’000 bis 30’000 zu stehen kam.
Deutlich wertvoller als erwartet wurde auch ein Mercedes-Benz 230 TE von 1988 eingeschätzt. Die erzielten CHF 8960 dürften aber im internationalen Vergleich immer noch preiswert für einen W124-Kombi gewesen sein.
Alle Vorkriegsfahrzeuge verkauft
Nur drei Autos aus der Vorkriegszeit wurden in Toffen angeboten, immerhin fanden sie aber alle neue Besitzer.
Am überzeugendsten gelang dies einem DeSoto Six Series SA Sedan von 1931, der für CHF 33’600 über den Erwartungen verkauft wurde.
Der Dodge D8 als Cabriolet Langenthal von 1938 fand für CHF 47’040 in eine neue Garage, während die Rolls-Royce Wraith 4 Door Limousine von 1939 für CHF 58’800 die Hand wechselte.
Deutlich schwerer taten sich die Autos ab Baujahr 1940 bis in die Fünfzigerjahre. Sie konnten in vielen Fällen nur unter Vorbehalt oder gar nicht zugeschlagen werden.
Die Jungen brillierten
Gut schlugen sich die jungen Fahrzeuge, von ihnen konnten die meisten verkauft werden.
So fand etwa ein Morgan +8 von 2000 für CHF 55’440 einen neuen Besitzer und ein Mercedes-Benz SLK 32 AMG von 2003 konnte für CHF 16’800 verkauft werden.
Auch die CHF 19’040 für einen BMW 535i E34 von 1988 müssen als einen hohen Verkaufspreis gewertet werden, auch wenn man schwerlich ein zweites derartiges Exemplar finden dürfte.
Es gab allerdings auch im jüngeren Segment Enttäuschungen, so konnte der Ford Sierra Cosworth 4x4 von 1991 die hohen Erwartungen nicht erfüllen und auch der rote BMW 850i von 1992 blieb deutlich unter dem Estimate.
Die Volkswagen verfingen nicht so wie erwartet
Die Schweiz ist bekanntlich ein Käfer- und Volkswagenland, so durfte natürlich das Wolfsburger Krabbeltier in Toffen nicht fehlen. Die drei angebotenen Kàfer deckten ein breites Spektrum ab, aber nur der gelbe VW Käfer 1300 als Cabriolet von 1972 konnte ohne Vorbehalt für CHF 20’720 verkauft werden.
Der Automatic-Käfer 1500 von 1969 erzielte überhaupt kein verwertbares Angebot, der Brezel-Käfer von 1952 in unglaublichem Originalzustand wurde bei CHF 51’000 (erwartet wurden CHF 60’000 bis 70’000) unter Vorbehalt zugeschlagen.
Und auch für den VW Golf 1 1600 als Cabriolet von 1987 wollte niemand mehr als CHF 3750 bieten, notabene nur etwa die Hälfte des Schätzwerts.
Vielleicht hatte es sich gerade bei diesen Fahrzeugen, die ja mit einem gewissen Jöö-Faktor daherkommen, negativ ausgewirkt, dass mancher Bieter seine Frau zuhause liess oder als Paar gar nicht erst in Toffen auftauchte und damit fehlte dann auch der eine oder andere Spontan-Käufer.
Insgesamt erzielten die 61 verkauften Fahrzeuge einen Umsatz von fast CHF 1,7 Millionen, dazu dürften nach Nachverhandlungen bei den 35 unter Vorbehalt zugeschlagenen Wagen weitere CHF 400’000 bis 800’000 kommen, womit sich die Veranstaltung für das Team in Toffen sicherlich gelohnt haben dürfte, auch wenn damit die wegfallenden Erträge der Gstaad- und Luzern-Versteigerung wohl kaum kompensiert werden können.
Für die professionelle Durchführung der Auktion in Toffen in zwei Sprachen und inkl. Livestream darf man der Truppe um Reinhard Schmidlin aber auf jeden Fall gratulieren.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | CHF Est von | CHF Est bis | CHF HG | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
101 | Renault 4CV "Heck" | 1957 | 3000 | 5000 | 3750 | 4200 | 3906 | +5%
|
V |
102 | VW Golf 1 1600 Cabriolet | 1987 | 6000 | 8000 | 3750 | U | |||
103 | Lancia Appia Coupé Pininfarina | 1959 | 4500 | 5500 | 3000 | 3360 | 3124 | -32.8%
|
V |
104 | Mercedes-Benz 230 TE W124 | 1988 | 5500 | 6500 | 8000 | 8960 | 8332 | +49.33%
|
V |
105 | Jaguar Sovereign 4.0i | 1994 | 10'000 | 12'000 | 6500 | U | |||
106 | Alfa Romeo Spider 2.0 | 1983 | 14'000 | 16'000 | 14'000 | 15'680 | 14'582 | +4.53%
|
V |
107 | Ford Cortina Mark II 1600 E | 1970 | 10'000 | 15'000 | 12'500 | 14'000 | 13'020 | +12%
|
V |
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