Schon seit vielen Jahren ist die Bonhams-Versteigerung ein fixer Programmpunkt im Rahmen des alljährlich stattfindenden Zoute Grand Prix, der ja auch einen grossen Concours d’Elégance beinhaltet, in Knokke-Heist (Belgien).
Am 9. Oktober 2022 (am Sonntag Nachmittag) versteigerte Bonhams dann 74 Automobile, einige Motorräder und Automobile im Rahmen einer rund viereinhalb Stunden dauernden Verkaufsveranstaltung.
Im Vorfeld waren die Fahrzeuge auf rund EUR 28,7 Millionen geschätzt worden, 59 Prozent und damit für Europa ein ungewöhnlich hoher Anteil der Autos wurden ohne Mindestpreis angeboten, offenbar war man sich des Interesses der belgischen und internationalen Bieter sicher.
Vor allem Superklassiker, kaum Vorkriegsautos
Das Durchschnittsalter der Autos war mit 46 Jahren vergleichsweise jugendlich, was auch am geringen Anteil der Vorkriegsautomobile lag.
Nur gerade zwei Autos, ein Bugatti Typ 30 von 1924 und ein BMW 327/328 Sport Cabriolet von 1939, stammen aus der Vorkriegszeit. Während der Bugatti für EUR 345’000 etwas unter den Erwartungen verkauft werden konnte, scheiterte der BMW an den nicht erfüllten Erwartungen des Einlieferers bei einem Höchstgebot von EUR 250’000.
Alle übrigen Autos wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut. Bei rund 60 Prozent von ihnen handelte es sich um sogenannte Superklassiker, die allerdings im Vergleich zum Gesamtangebot etwas unterdurchschnittlich abschnitten. Für sie wurde im Schnitt 98 % des mittleren Schätzwerts geobten, während der Gesamtdurshschnitt bei 103 % lag.
Für einen tiefen Altersschnitt waren vor allem auch jene 22 Fahrzeuge verantwortlich, die nach 1990 die Fabrik verliessen. Die jungen Fahrzeuge schnitten bezüglich Bietergunst deutlich besser ab. So pendelten sich bei ihnen das durchschnittliche Höchstgebot bei 121 % des mittleren Schätzwerts ein, während die übrigen Autos den mittleren Schätzwert nur knapp erreichten.
Mercedes-Benz vor Ferrari und Porsche
Im Angebot fielen vor allem die Marken Mercedes-Benz (10 Fahrzeuge), Ferrari (9) und Porsche (9) auf. Aston Martin war mit sieben, Rolls-Royce mit sechs Wagen vertreten. Von den übrigen gut 20 Marken waren jeweils höchstens einer Handvoll Autos vor Ort.
Alle Mercedes-Benz konnten verkauft werden, im Schnitt sogar deutlich über den Erwartungen.
Dies lag unter anderem an einem 190 SL von 1959, der deutlich über dem Schätzwert für EUR 172’500 verkauft werden konnte. Auch die angebotene Pagode konnte mit EUR 132’250 überzeugen, während ein 280 SE 3.5 Coupé von 1970 und ein 250 SE 3.5 Cabriolet aus dem selben Jahr eher etwas enttäuschten.
Für den hervorragenden Durchschnitt sorgten dann aber drei junge Benze, nämlich ein (praktisch neuer, aber über Jahre gestandener) SLR McLaren 722 S Roadster von 2009, der für das 1,6-fache des gemittelten Estimates zugeschlagen wurde, ein SL65 AMG Black Series der sogar auf das 2,64-fache kam und ein G63 AMG x6 von 2014 der ebenfalls weit über dem Schätzwert verkauft werden konnte.
Bei Ferrari betrug die Verkaufsquote nur 78 %, bei Porsche 89 %, bei Aston Martin 86 % und bie Rolls-Royce 83 %. Nur Ferrari erreichte von dieser Gruppe im Durchschnitt die gemittelten Estimates nicht.
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BMW 507 als teuerster Wagen
Mit EUR 2,093 Millionen (CHF 2,03 Millionen) wurde ein BMW 507 aus der Serie I mit Hardtop am teuersten verkauft.
Allerdings erreichte das Höchstgebot den Schätzwert nicht ganz.
Gleich dahinter folgte ein wunderschöner Ferrari 250 GT/L “Lusso” von 1963, der allerdings erst kurz nach der Versteigerung für EUR 1,7 Millionen (CHF 1,649 Millionen) an einen neuen Besitzer vermittelt werden konnte.
Auf Platz 3 lief ein Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer von 1955 ein, bei dem das Höchstgebot exakt den unteren Schätzwert erreichte und der für EUR 1,38 Millionen (CHF 1,339 Millionen) in eine neue Garage fand.
Platz 4 ging dann an einen Porsche Carrera GT von 2004, für den ein Enthusiast EUR 1,38 Millionen (CHF 1,339 Millionen) zu zahlen bereit war.
Ein Miura mit Arbeit
Zwar sah der Lamborghini Miura P400 von 1967 (Chassis 3769) auf den Bildern ganz passabel aus, aber der Kommentar vom Auktionatorspult, dass der Motor eingelaufen sei, hätte Kaufbabsichten eigentlich dämpfen müssen. Immerhin handelte es sich beim Wagen aber um einen weitgehend original erhaltenen frühen Miura mit bereits verstärktem Chassis und einer relativ geringen Laufleistung.
Geschätzt war der Lambo auf moderate EUR 500’000 bis 800’000. Für viele überraschend wurde der Wagen ohne Mindestpreis angeboten.
Bonhams-Motor-Chef und Auktionator Marteen ten Holder starte den Bieterkampf bei EUR 300’000, aber erst bei EUR 970’000 fiel schliesslich der Hammer. Inklusive Kommission/Aufpreis (15 %) zahlte der neue Besitzer als stattliche EUR 1,116 Millionen (CHF 1,082 Millionen) für den Wagen, für den sicherlich noch eine nicht unerhebliche sechsstellige Summe investiert werden muss, bis er wieder auf die Strasse kann.
Zwei moderne Shooting Brakes
Interessant für Sammler neuerer, aber besonders seltener Autos waren die beiden Sportkombis, die Bonhams auf der Basis eines Rolls-Royce Wraith von 2015 und eines Maserati Quattroporte anbieten konnte.
Die beiden Raritäten, die auf die Namen “Silver Spectre” und “Bellagio Fastback Shooting Brake” hörten, wurden für EUR 368’000 respektive EUR 161’000 verkauft, wobei der Maserati doch ein wenig unter den Erwartungen blieb.
Junge Rolls-Royce waren sowieso im Trend in Zoute, zwei Phantom von 2010 jedenfalls überflügelten die Estimates deutlich.
Der 993 Turbo als Überflieger
Auf EUR 80’000 bis 120’000 hatten die Bonhams-Spezialisten einen Porsche 993 Turbo mit X50-Leistungssteigerung aus dem Jahr 1997 eingeschätzt. Er war sogar als “No Reserve”-Lot angekündigt.
Das Interesse der Bieter war deutlich grösser als erwartet, denn erst bei EUR 242’000 endete der Kampf um den Turbo. Somit wurde er für EUR 278’300 (CHF 269’951) verkauft.
Zuwenig Nachfrage nach Walter Wolfs Ferrari 288 GTO
Zum teuersten Wagen der Auktion hätte eigentlich der Ferrari 288 GTO von 1985 mit Chassisnummer ZFFPA16B000054783 werden. Der rote Sportwagen wurde damals von der Garage Foitek an den F1-Teamchef Walter Wolf ausgeliefert. Bis heute waren durch Wolf und die nachfolgenden Besitzer gerade einmal 25’600 km zusammengekommen. Jetzt sollte der GTO für EUR 3,7 bis 4,1 Millionen einen neuen Besitzer finden.
Mit EUR 3,5 Millionen lag das Höchstgebot auch gar nicht allzu weit von den Erwartungen weg, aber es reichte dann doch nicht.
Nur sieben Autos blieben insgesamt unverkauft, wobei die Höchstgebote die Erwartungen jeweils vergleichsweise knapp verfehlten. Ein Porsche 911 Carrera RS 2.7 von 1972 blieb bei EUR 480’000 stehen, ein Aston Martin DB4 Series IV Cabriolet von 1962 scheiterte bei EUR 1,1 Millionen. Auch für den Ferrari 250 GTE Series II von 1962 wollte kein Bieter mehr als EUR 360’000 ausgeben und das Lancia Aurelia B24S Convertible von 1957 war auch dem Meistbietenden “nur” EUR 260’000 wert.
Exoten mit mittelprächtigem Ergebnis
Um einen Werkswagen handelte es sich beim Renault Alpine A110 1600 S von 1970 in Gruppe-4-Ausführung. Der Wagen wurde 1971 von einem Privatier in der französischen Rallye-Meisterschaft eingesetzt, nahm aber vorher u.a. am WRC-Anlass Tour de Corse mit Vinatier/Murac als Team teil und fuhr beim Criterium des Dévennes mit, als De Cortanze/Roure als Pilot/Copilot agierten.
Nach dem aktiven Einsatz befand sich der Wagen viele Jahre in der Sammlung des Schweizers Peter Müller. Der Käufer zahlte EUR 178’250 (CHF 172’903) und musste damit auch inkl. Kommission etwas weniger als den unteren Estimate bezahlen.
Ähnlich war es beim sicherlich hochinteressanten Jaguar XK150 von 1957 mit eleganter Bertone Karosserie. Hier reichten EUR 862’500 (CHF 836’625) für den Kauf.
Eigentliche Schnäppchen gab es bei der Versteigerung in Zoute nicht, obwohl ein Alfa Romeo 6C 2500 SS Cabriolet von 1948 und ein Rolls-Royce Phantom V von 1964 doch deutlich unter den Schätzwerten verkauft wurden.
Mit einer Verkaufsquote von 91 % und einem Gesamtumsatz von EUR 23’474’100 für die Autos dürfen die Bonhams-Verantwortlichen sicherlich mit Stolz auf ihre Versteigerung in Belgien zurückschauen, zumal die Bieter während der 4,5 Stunden Dauer wirklich eifrig mitzogen und auch gegen Schluss nicht Schlapp machten, was sicherlich auch nicht zuletzt an der fast unerschöpflichen Energie des Auktionators ten Holder lag.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | EUR Est von | EUR Est bis | EUR HG | EUR VP | CHF VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
101 | Fiat 500 Giardinera | 1970 | 9000 | 12'000 | 12'500 | 14'375 | 13'943 | +36.9%
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V |
102 | Fiat Abarth 595 | 1966 | 30'000 | 40'000 | 42'000 | 48'300 | 46'851 | +38%
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V |
103 | Fiat 500D 'Trasformabile' | 1962 | 25'000 | 30'000 | 25'000 | 28'750 | 27'887 | +4.55%
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V |
104 | Porsche 911 Type 993 Turbo 'X50' Coupé | 1997 | 80'000 | 120'000 | 242'000 | 278'300 | 269'951 | +178.3%
|
V |
105 | Aston Martin DB Mark III Sports Saloon | 1958 | 80'000 | 140'000 | 170'000 | 195'500 | 189'635 | +77.73%
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V |
106 | Rolls-Royce Phantom Drophead Coupé | 2010 | 100'000 | 200'000 | 190'000 | 218'500 | 211'945 | +45.67%
|
V |
107 | Porsche 911 Type 991.2 Turbo S Coupé | 2017 | 80'000 | 120'000 | 120'000 | 138'000 | 133'860 | +38%
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V |
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