Bereits zum dritten Mal fand zwischen dem 7. und 9. Dezember 2018 die Retro Classics Bavaria in Nürnberg statt. Vier Hallen mit ungefähr 36’000 Quadratmetern beherbergten für drei Tage die regionale Oldtimer- und Youngtimerszene.
Erwartet wurden rund 26’000 Besucher, genaue Zahlen über die tatsächlichen Eintritte liegen bislang noch nicht vor.
Von der Region für die Region
Die Retro Classics Bavaria ist eindeutig eine regionale Messe, Einzugsgebiet sind die Grossräume der Städte München und natürlich Nürnberg, womit sich ein beträchtliches Kaufpotential von rund 16 Prozent des gesamtdeutschen Oldtimermarkts ergibt, wen man die H-Kennzeichen als Berechnungsbasis nimmt.
Entsprechend fand man in Nürnberg vor allem in der Region angesiedelte Anbieter, aber kaum internationale Firmen. Dies stellte aber auch eine nur geringfügige Überlappung der ausgestellten Autos mit der Messe in Köln vor einigen Wochen sicher, für Besucher beider Veranstaltungen sicherlich vorteilhaft.
Doppelgesichtig (Janus)
Nürnberg ist von der Geschichte her eher eine Motorrad- als eine Auto-Metropole, Marken wie Ardie, Hercules, Hecker, Mars oder Victoria waren vor allem im zweirädrigen Umfeld zuhause.
Einige schöne Beispiele aus dieser Motorradtradition wurden auf einer 700 Quadratmeter grossen Fläche dargeboten und natürlich fehlte auch die Marke Zündapp nicht.
Als einer der wenigen Autoproduzenten erhielt Zündapp aber zusätzlich eine eigene Sonderschau, die dem Janus gewidmet war. Dort konnte man nicht nur einiges über die Geschichte dieses Kleinstwagens lernen, sondern auch viele fast ein halbes Dutzend dieser Fahrzeuge bewundern. Das Besondere am Janus war, dass die vier Passagiere Rücken an Rücken sassen und jeweils durch eine vorne respektive hinten montiere Schwenktüre ein- und ausstiegen.
Die ganze Konstruktion war so symmetrisch wie möglich aufgestellt, um die Menge der nötigen Komponenten zu minimieren. Ersonnen hatte die Konstruktion Claudius Dornier in seinem Büro in Madrid bereits 1953. Er nannte den Kleinwagen “Delta”, weil er wie ein Dreieck aussah. Nur 2,88 Meter lang war sein Prototyp, erste Probefahrten fanden 1954 statt und zeigten, dass die Konstruktion gut auf der Strasse lag und komfortabel zu fahren war.
Weil Dornier den Wagen nicht selber bauen wollte, wandet er sich anfangs 1955 an die Zündapp-Werke in Nürnberg, die den Wagen dann wegen der zwei Gesichter “Janus” nannten und 1957 auf den Markt brachten.
Sonderschau aus Frankreich anstatt Franken (Matra)
Nürnberg liegt ja bekanntlich in Franken, da ist es (aus Sicht der Völkergeschichte) nach Frankreich, das von den Westfranken begründet wurde, auch nicht mehr weit. So jedenfalls könnte man erklären, warum an der Retro Classics Bavaria eine Matra-Sonderschau präsentiert wurde.
Zwar fehlte der angekündigte Matra Djet, aber mit den Modellen M530, Bagheera, Murena und Rancho konnte ein beträchtlicher Teil der Autos, die bei Matra entstanden, gezeigt werden.
Als besondere Spezialität wurde noch ein Simca 1100 Citylaster auf den Stand gestellt, der ja sozusagen die technische Basis für den Matra Rancho, einen Vorläufer der heutigen SUVs.
Ebenfalls fast den Charakter einer Sonderschau hatte eine Aufreihung von Filmautos, darunter ein Polizeiauto, wie im Film Blues Brothers verwendet, ein DeLorean DMC-12 aus Back to the Future und ein Geländewagen aus Jurassic World.
Und nicht vergessen sollte man auch die Aufstellung des Rotkeuz-Museums, das mit Krankenautos der Vergangenheit auf sich aufmerksam machte.
Fast wie vor 80 Jahren (IAMA)
Die IAMA, die Internationale Automobil- und Motorrad-Ausstellung, war im Prinzip ein Vorläufer der heutigen IAA. Sie fand in Berlin statt und zog damals Hundertausende von Zuschauern an. Dort wurden nicht nur der VW Käfer vorgestellt, sondern auch viele BMW-Automobile und Motorräder.
Sozusagen in Erinnerung an die Jahre 1936 bis 1938 wurden in Nürnberg BMW-Zwei- und Vierräder aus jener Zeit in einer eigenen Sonderschau präsentiert, darunter das nur zweimal gebaute Fachsenfeld-Coupé auf Basis des BMW 328.
Alte Fotos an den Wänden erinnerten an die IAMA-Ausstellungen der Vorkriegsjahre.
Zwei Welten
An der Retro Classics Bavaria prallten aus Zuschauersicht zwei Welten aufeinander und dies gleich in mehrfacher Hinsicht.
Während in den tageslichterhellten und modernen Hallen 3A und 4A die grossen Händler und Restaurierer ihre Autos präsentierten, wurden in den älteren und deutlich dunkleren Hallen 3 und 4 Teile und privat angebotene Automobile sowie Clubstände und die Traktoren und Nutzfahrzeuge aufgestellt.
Aber auch bezüglich Alter der ausgestellten Autos gab es eine Zweiteilung. Auf der einen Seite boten Oldtimer-Händler ihre Wagen an, auf der anderen gab es Neoklassiker, also fast neue Autos zu sehen.
Das Publikum schien damit keine Mühe zu haben und es kann gut sein, dass sich der Trend zu jüngeren Autos in Zukunft noch verstärkt. An Faszination fehlt es schliesslich einem Bugatti Veyron oder einem Porsche 911 GT3 nicht.
Nürnberg hatte, sozusagen als Kompensation, auch eine durchaus ansehnliche Auswahl an Vorkriegsfahrzeugen zu bieten. Vor allem BMW war, nicht nur auf dem IAMA-Stand, gut vertreten, aber wer genau hinschaute konnte auch über 70-jährige Ford, Buick, Talbot, Salmson oder Singer finden, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die Populären prägten
Das Angebot an käuflichen Klassikern war, wenig überraschend, geprägt von den Fahrzeugen, die in Deutschland besonders populär sind.
Dazu gehören sicherlich der VW Käfer, aber auch die SLs der Baureihe R107 sowie der Porsche 911/912. Diese finden sich allesamt weit oben auf der Zulassungshitparade bei den H-Kennzeichen.
Zu sehen waren auch viele jüngere BMW, die sich einer zunehmenden Wertschätzung (und damit steigender Preise) erfreuen.
Auch an Youngtimern und inzwischen langsam zu Raritäten werdenden einstigen Brot-und-Butter-Autos fehlte es nicht, genannt seien hier ein Fiat Ritmo 60 oder ein Saab 96 De Luxe, aber auch ein Opel Rekord E oder ein Ford Granada Ghia.
Eigentlich genügend Platz, aber …
An Platz fehlte es im Grundsatz in Nürnberg nicht, ein Teil der Halle 3 wurde gar unbespielt belassen. Umso weniger verständlich war es dann, dass eine interessante Aufreihung von japanischen Rallye-Autos der Marken Mitsubishi und Subaru eng parkiert fast übersehen wurde.
Warum konnte man für diese Autos nicht eine kleine Schotterpiste (ähnlich zur Start-/Zielgeraden der Zwerge in Köln) im hinteren Teil der Halle 3 aufbauen und die Autos sozusagen in ihrem Element zeigen? Die Zuschauer wären dadurch sicher eher auf die Rechnung gekommen und man hätte die Autos vielleicht auch noch beschriften können …
Aber auch ohne diesen Extra-Luxus kamen die Zuschauer, die zwischen 8 und 20 Euro Eintritt bezahlten, sicherlich auf die Rechnung.
Information
Kostenlos anmelden und mitreden!
Mit einem Gratis-Login auf Zwischengas können Sie nicht nur mitreden, sondern Sie profitieren sofort von etlichen Vorteilen:
Vorteile für eingeloggte Besucher