Wenn die schönsten und elegantesten Fahrzeuge der Welt in Cernobbio einfahren, dann steht der Concorso d’Eleganza Villa d’Este auf dem Programm. Ein Jahr lang haben die Organisatoren Fahrzeuge gesucht, beurteilt, ausgeschieden, um schlussendlich eine Schau von gut 50 Fahrzeuge zu präsentieren, unter denen die elfköpfige Jury und das Fach-Publikum die Besten prämieren kann.
Von Einzelstücken ...
Wie immer setzt sich das Feld der 51 Klassiker (ein Fahrzeug, ein Lancia Astura, glänzte durch Abwesenheit) aus Einzelstücken und Serienfahrzeugen zusammen. Unter den Unikaten finden sich unter anderem ein tropfenförmiger Volkhart V2 Sagitta (1947), ein Ferrari 250 Europa Coupé Vignale (1955), ein Lancia Flaminia Coupé von Pininfarina oder ein Prototyp des späteren Ferrari 365 GTB/4 Daytona, sowie viele weitere Spezialkarosserien auf Chassis von Vor- und Nachkriegssportwagen.
... bis zum Seriensportwagen-Klassiker
Am anderen Ende des Spektrums finden sich Fahrzeuge, die in durchaus nennenswerten Stückzahlen gebaut wurden, wie der BMW 507, der Mercedes 300 SL, der Ferrari 250 GT Spider California oder die Lamborghini-Modelle Miura und Countach. Bei praktisch jedem der Modelle lässt sich beim Nachfragen aber noch Spezielles und Ausserordentliches finden.
Der Concorso Villa d’Este ist auch eine Schau der Karrosseriebauer: Graber, Figoni, Zagato, Chapron, Vignale, Pininfarina, Allemano, usw., nur selten kann man auf so wenig Platz so viele Arbeitsstile und Ergebnisse vergleichen.
Volkstümlich und direkt
Was den Besucher des Concorso immer wieder fasziniert, ist der direkte Kontakt von Fahrzeugbesitzern und Zuschauern/Fachpublikum. Geduldig beantworten die angereisten Fahrer die Fragen der interessierten Betrachter. Und da gibt es gar manches zu erfahren. So kann man lernen, wie das Getriebe eines Cord 812 S/C von 1937 funktioniert, wie am Lenkrad elektrisch die Gänge vorgewählt und eingelegt werden, und dann via elektrische Signale der Befehl an die Stellmotoren geht, den nächsten Gang einzuwerfen, sobald die Kupplung elektrisch mitteilt, dass ausgekuppelt ist, sofern alles korrekt installiert ist. Man kann aber auch sehen, wie die beiden Pop-Up-Scheinwerfer per zwei Handkurbeln manuell herausgefahren werden. Besitzer von Allmen meint dazu, dass er es inzwischen ganz gut schaffe, die beiden Lichter noch vor der Tunneleinfahrt in Position zu bringen.
Alfieri Maserati und sein OSCA
Alfieri Maserati ist der Sohn von Ernesto Maserati, der einst zuerst die Marke Maserati und später die Sportwagenmarke Osca gründete. 1963 baute er einen aerodynamischen Sportwagen, der im Rennsport für Furore sorgen sollte. Doch es folgten andere Projekte und der Wagen kam nie ernsthaft zu Einsatz. Alfieri durfte selber nie Rennsport betreiben, weil der Vater ihm dies verboten hatte und so bringt er heute den unrestaurierten Schönling mit 1,6-Liter-Motor zur Villa d’Este, der in der Kategorie “Little Jewels” (kleine Juwelen) antritt, notabene gegen zwei Abarth, einen Porsche 550/1500 RS und einen hübschen kleinen Moretti 750 Grand Sport.
Schöne Le-Mans-Rennwagen?
Etwas Besonderes haben sich die Organisatoren mit der Kategorie “Heroes of Le Mans” vorgenommen. Sie haben sechs sehr sportliche Fahrzeuge zusammengetragen, die allesamt in Le Mans am Start waren, wenn nicht selber, dann zumindest ihre Brüder. Da ist zum Beispiel der hellblaue Porsche 917K, den Mark Finburgh 1973 direkt von Porsche gekauft hat und seit vielen Jahren besitzt. Der weitgehend unrestaurierte Rennwagen, als Anerkennung gewinnt er die Trofeo ASI für den am besten erhaltenen Nachkriegswagen, fühlt sich am Concours zwar nicht wohl und macht dem Piloten durch raubeiniges Verhalten etwas Kummer, beeindruckt aber das Publikum durch die Verbindung von Formschönheit und schierer Leistungs- und Lautstärke. Dass er nicht mehr starten will, als die Jury danach fragt, den heiseren Zwölfzylindermotor zu hören, ist dem Le-Mans-Renner, der einst auch von Jo Siffert und Pedro Rodriguez gefahren wurde, zu entschuldigen.
In derselben Klasse sind mit dem Jaguar D-Type (1956), dem Aston-Martin DBR1 (1959), dem Ferrari 250 GTO (1962), einem Ferrari 250 LM der Scuderia Filipinetti (1964) und einem strassentauglichen Ford GT40 Mk 3 von 1968 allesamt rare Rennsportwagen “am Start”.
Und auf die Frage, ob sich kompromisslose Auslegung auf Geschwindigkeit und Eleganz ausschliessen, kann getrost geantwortet werden, dass zumindest die gezeigten Fahrzeuge durchaus sehr schön und auch elegant wirken und manchem weniger sportlichen Fahrzeug Schönheitspreise streitig machen können.
Konkurrenz der Restaurierer
Ein Concours d’Elegance ist nicht nur ein Wettstreit der Formen und Fahrzeuge, sondern auch der Restaurierer, ob privat oder professionell. Alte Füchse wissen worauf es ankommt. Vollständige Ausrüstung (z.B. Werkzeugset, Handbücher, etc.), altersentsprechende Farb- und Materialwahl bei Reparaturen, 100%-ige Originalität, Liebe zum (hinterletzten) Detail und jederzeitige Auskunfsbereitschaft zu allen Punkten, das ist die halbe Miete für einen potentiellen Concours-Sieger. Stolz zeigt zum Beispiel Heinrich Kämpfer seinen vom ihm selbständig restaurierten Ferrari 250 Europa Vignale von 1954, der damals so schnell gebaut wurde, dass nicht nur die Türen ungleich lang sind, sondern auch der Schwung am Kofferraumdeckel links und rechts deutliche Unterschiede zeigt, die bei der Restaurierung natürlich unverändert blieben.
Dass das Fahren da bei einigen Besitzern auf der Strecke bleibt, kann kaum verwundern. Mancher der gezeigten Wagen hat kaum die Strasse gesehen seit der Restaurierung, trotzdem laufen aber alle Wagen und legen die einzelnen Überführungstecken aus eigener Kraft zurück.
Doch es geht auch anders, so reist Karol Pavlu mit seinem Tatra 87 Sedan Aerodynamic von 1939 per Achse aus der Slowakei an und gewinnt damit die Trofeo Automobili Club die Como, die die längste Anfahrtstrecke würdigt.
Monumentaler Rolls-Royce und BMW Turbo als Spezialgäste
Ausser Konkurrenz, aber nicht weniger eindrucksvoll macht ein Rolls-Royce Phantom II von Jonckheere aus dem Jahr 1934 seine Aufwartung. Wahrhaft monumental und gleichzeitig elegant steht der für damalige Verhältnisse enorm futuristische Wagen da. Gemäss letzten Informationen handelt es sich ursprünglich um einen Phantom I (Chassis 94MC) von 1925, der von Hooper aufgebaut worden ist. 1933 soll er bei einem Händler in London gestanden haben. Er gelangte dann nach Belgien wo er wohl 1934/5 die jetztige Karosserie von Jonckheere erhalten hat. 1937 tauchte er erstmals in den USA auf, wo unter verschiednenen Besitzern erst goldfarben, dann später weiss verblieb. Der Wagen wechselte mehrfach den Besitzer, nahm schliesslich im Jahr 2005, nun restauriert, ohne Stosstangen und mit schwarzer Lackierung am Concours d'Elegance von Pebble Beach teil, gemeldet durch das Petersen Museum, in deren Sammlung sich der Wagen noch immer befindet.
BMW zeigt als Überraschung das erste Konzeptfahrzeug, das die Münchner bauten, den BMW Turbo von 1972 . Der indirekte Vorläufer des späteren M1 überzeugt auch heute noch mit seinem futuristischen Äussern, der unorthodoxen Lackierung und dem Vorläufer des “Check-Control”-Instrumentes im durch Flügeltüren zu besteigenden Interieur.
Schwierige Aufgabe für die Jury
Die elf Mitglieder der Jury, darunter so bekannte Designer wie Harm Lagaay, Patrick Le Quément oder Lorenzo Ramaciotti, Klassik-Fahrzeug-Fans wie Lord March oder Nick Mason und Spezialisten wie Winston Goodfellow, Stefan Pasini oder Carlo Otto Brambilla, machen sich die Wahl der Schönsten nicht einfach. In Teilgruppen nehmen sie sich rund zehn bis fünfzehn Minuten Zeit pro Fahrzeug, sprechen mit dem Fahrer, lassen sich die Geschichte und Spezialitäten erzählen, schauen unter die Motorhaube, prüfen den Zustand des Fahrzeugs und lassen sich den Motor anhören.
Coppa d’Oro für den Alfa Romeo 6C 1750 GS Coupé Figoni
Da hat es das Publikum einfacher, das die Coppa d’Oro Villa d’Este (Best of Show) vergibt. Als würdigen Gewinner wurde der Alfa Romeo 6C 1750 GS aus dem 1933 erkoren, welchem Karosseriebauer Figoni ein elegantes Coupé-Kleid in schwarz-weisser Zweifahren-Lackierung verpasste. Wahrlich elegant! Dass dieses Fahrzeug seit 1934, als es am Concours d’Elegance von Monte Carlo gezeigt wurde, kaum mehr in der Öffentlichkeit gesehen wurde, macht den Wagen noch aussergewöhnlich. Da ist das wundervolle Motorengeräusch des mit Kompressor aufgeladenen Sechszylinders nur noch Beigabe, aber was für eine! Und dass auch die Jury die Trofeo BMW Group (Best of Show) an den Alfa Romeo vergibt, zeigt, dass dem Charme des tropfenförmigen Klassikers schwer zu entgehen ist.
Preisregen
Die Jury wählt in jeder Kategorie einen Klassensieger aus und vergibt zusätzlich eine Ehrenmeldung. Zum Besten ihrer Kategorie werden der Mercedes-Benz 540 K Spezial Roadster von 1939, das Delahaye 145 Coupé Chapron von 1937, der Alfa Romeo 6C 1750 GS Coupé Figoni von 1933, der Abarth-Fiat 500 Zagato von 1957, der BMW 507 von 1958, der Ferrari 250 GT Berlinetta Zagato von 1956, der Ferrari 400 Superamerica Pininfarina von 1962, der Alfa Romeo 6C 2500 Ghia von 1947 und der Aston-Martin DBR5 von 1959 erkoren.
Sonderpreise und Ehrenmeldungen gibt es für den Cord 812 S/C von 1937, den Chrysler Town&Country von 1941, den Tatra 87 Sedan von 1939, den Porsche 550/1500 RS Spyder von 1954, den offenen Ferrari 212 Inter Pininfarina von 1952, den Ferrari 250 GT SWB von 1962, den Lamborghini Countach LP 400 von 1975, den Alvis TD 21 Coupé Graber von 1962 und den Ford GT 40 Mk 3 von 1968.
Die Kleinsten kommen gross heraus
Eine besonders eindrückliche Ergänzung ist die Sonderausstellung von Kleinstfahrzeugen, wo es neben Fahrzeugen wie dem Renault 4CV, BMW Isetta, Messerschmitt oder Fiat 500C, an die sich noch viele erinnern können, auch Exoten wie den Kleinschnittger, den Brütsch Zwerg oder den Reliant Bond Bug zu bewundern wird. Grösser können die Kleinsten fast nicht herauskommen.
BMW-Rennsport-Sonderschau
Die am Sonntag gezeigte Sonderschau von Rennsportwagen kann ob all den Highlights nur noch als Tüpfchen auf dem “i” gesehen werden. Vom Mini, über den BMW 1800 TISA, bis zum aktuellen DTM-BMW ist vieles versammelt, was den BMW-Palmares ausmacht.
Die gemeldeten Fahrzeuge in den verschiedenen Kategorien
| Klasse | Nr | Marke | Typ | Jahr | Kommentar | Von |
|---|---|---|---|---|---|---|
| A | 02 | Rolls-Royce | Silver Ghost Piccadilly Roadster | 1922 | Trofeo Rolls Royce | CH |
| A | 04 | Rolls-Royce | Phantom I Drophead Coupé Manessius | 1925 | CH | |
| A | 06 | Packard | Twelve 15th Series | 1937 | E | |
| A | 08 | Rolls-Royce | Phantom III Cabriolet Voll&Ruhrbeck | 1937 | FL | |
| A | 10 | Cord | 812 S--C | 1937 | Mention of Honor | CH |
| A | 12 | Mercedes-Benz | 540 K Spezial Roadster | 1939 | Class Winner | D |
| B | 14 | Talbot | AV105 Sport Tourer James Young | 1933 | CA | |
| B | 16 | Alfa Romeo | 6C 2300 Pescara Spider Touring | 1935 | CH | |
| B | 18 | Delahaye | 145 Coupé Chapron | 1937 | Class Winner | US |
| B | 20 | Lancia | Astura IV Serie Roadster Motto | 1937 | nicht anwesend | I |
| B | 22 | BMW | 335 Cabriolet Autenrieth | 1939 | I | |
| B | 24 | Chrysler | Town & Country Station Wagon, Pekin Wood Products | 1941 | Mention of Honor | US |
| C | 26 | Alfa Romeo | 6C 1750 GS 6th Series Coupé Figoni | 1933 | Coppa d'Oro Villa d'Este, Trofeo BMW Group, Trofeo BMW Group Italia, Class Winner | CA |
| C | 28 | Avions Voisin | C 25 Berline Aerodyne | 1935 | Trofeo FIVA | CH |
| C | 30 | Aston Martin | C Type Speed Roadster Berelli | 1939 | I | |
| C | 32 | Tatra | 87 Sedan Aerodynamic | 1939 | Trofeo Automobile Club di Como, Mention of Honor | SK |
| C | 34 | Volkhart | V2 Sagitta | 1947 | A | |
| C | 36 | Maserati | A6 1500 Coupé Pininfarina | 1947 | I | |
| D | 38 | Abarth | 204 A Spider Motto | 1950 | AR | |
| D | 40 | Porsche | 550--1500 RS | 1954 | Mention of Honor | CH |
| D | 42 | Moretti | 750 Grand Sport | 1954 | GR | |
| D | 44 | Abarth | Fiat 500 Coupé Zagato | 1957 | Class Winner | JP |
| D | 46 | OSCA | 1600 SP Coupé | 1963 | I | |
| E | 48 | Ferrari | 212 Inter Cabriolet Pinin Farina | 1952 | Mention of Honor | US |
| E | 50 | Ferrari | 212 Inter Coupé Pinin Farina | 1953 | CH | |
| E | 52 | Porsche | 356 Pre A Cabriolet Reutter | 1953 | D | |
| E | 54 | Mercedes-Benz | 300 SL | 1956 | Trofeo Vranken Pommery | F |
| E | 56 | Maserati | A6G 2000 Coupé Allemano | 1956 | NL | |
| E | 58 | BMW | 507 | 1958 | Class Winner | D |
| F | 60 | Ferrari | 250 Europa Coupé Vignale | 1954 | Trofeo Foglizzo | CH |
| F | 62 | Ferrari | 250 GT Europa Coupé Pinin Farina | 1955 | I | |
| F | 64 | Ferrari | 250 GT Berlinetta Zagato | 1956 | Class Winner | US |
| F | 66 | Ferrari | 250 GT Spider California | 1961 | UK | |
| F | 68 | Ferrari | 250 GT SWB Berlinetta | 1962 | Mention of Honor | CH |
| F | 70 | Ferrari | 250 GT Lusso Scaglietti | 1964 | CH | |
| G | 72 | Ferrari | 400 Superamerica Aerodynamic Pininfarina | 1962 | Class Winner | US |
| G | 74 | Maserati | 5000 GT Coupé Allemano | 1962 | NL | |
| G | 76 | Lancia | Flaminia Coupé Pininfarina | 1963 | I | |
| G | 78 | Ferrari | 365 GTB--4 Daytona Prototype | 1967 | NL | |
| G | 80 | Lamborghini | Miura SV--J | 1972 | I | |
| G | 82 | Lamborghini | Countach LP 400 | 1975 | Trofeo Auto & Design, Mention of Honor | NL |
| H | 84 | Alfa Romeo | 6C 2500 Cabriolet Ghia | 1947 | Class Winner | I |
| H | 86 | Bentley | R Type Drophead Coupé Mulliner | 1953 | D | |
| H | 88 | Bentley | Continental S1 Drophead Coupé Park Ward | 1957 | I | |
| H | 90 | Bentley | Continental S1 Coupé Fastback Mulliner | 1958 | UK | |
| H | 92 | Alvis | TD 21 2nd Series Coupé Graber | 1962 | Mention of Honor | UK |
| I | 94 | Jaguar | D Type | 1956 | CH | |
| I | 96 | Aston Martin | DBR1 | 1959 | Class Winner | UK |
| I | 98 | Ferrari | 250 GTO | 1962 | US | |
| I | 100 | Ferrari | 250 LM | 1964 | UK | |
| I | 102 | Ford | GT 40 MK 3 | 1968 | Trofeo BMW Group Classic, Mention of Honor | US |
| I | 104 | Porsche | 917 K | 1969 | Trofeo ASI | UK |
Zusätzlich zu den hier beim Artikel gezeigten Fotos gibt es eine grosse Zahl weiterer Bilder, die in Fotogalerien je Fahrzeugkategorie organisiert wurden (siehe empfohlene Artikel oben links).








































































































































































































































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