Drei Tage lang, vom 4. bis 6. August 2017, waren weder Feinstaub noch Stickoxide ein Thema. Es durfte einmal wieder so richtig knattern und stinken. Einmal mehr versammelten sich unzählige vier-, sechs-, drei- und auch zweirädrige Gefährte im Schlosspark Dyck. Der ganz grosse Star der diesjährigen Classic-Days hatte 6 Räder, 4 Ringe und 16 Zylinder.
Der C-Typ von Auto Union war 1936 der erfolgreichste deutsche Grand-Prix Rennwagen und stellte dazu noch über 30 Weltrekorde auf. Die Zwillingsräder wurden damals hauptsächlich bei Bergrennen gefahren, um die Traktion der Antriebsräder zu sichern.
Grosse Begeisterung für 16 Zylinder
Kaum wurde die Motorhaube geöffnet um das Triebwerk auf Temperatur zu bringen, schon pilgerte der halbe Schlosspark in Richtung Auto-Union. Sein Standort war leicht zu finden denn die Gasstösse wiesen den Weg wie ein modernes Navigationsgerät. Frank Biela, fünffacher Le Mans-Sieger durfte einmal mehr im C-Typ Platz nehmen und zeigte die Leistungsfähigkeit des 520 PS starken Rennwagens mit ganz gekonnten Drifts.
Es gab mit Sicherheit kein einziger Zuschauer am Streckenrand, den diese Darbietung kalt gelassen hätte. Die sündhaft teuren Kilometer dieses einzigartigen Rennwagens sind jeden einzelnen Cent wert, denn damit wird den jungen Leuten deutlich gemacht, was für Helden unsere Vorfahren sein mussten. Spitzenleistungen nicht nur der Fahrer, sondern genauso der Ingenieure und Techniker waren nötig, um ein derartig grossartiges Fahrzeug zum Fahren zu bringen.
Viel zu viel zu sehen
Natürlich war noch viel mehr zu sehen. So viel, dass ein Tag ganz sicherlich nicht ausreichte, um alles zu betrachten. Da war zum einen die hochinteressante Sonderschau der ISO-Bizzarini Sportwagen mit raren Einzelstücken, zum anderen die Concours-Autos im Rahmen des FIVA-A-Concours.
Dazu kam eine Ausstellung zur 70-Jahr-Feier von Ferrari. Vorkriegswagen wurden dem Publikum mit der grossen Bentley-Truppe, sowie einem Feld von Cycle-Cars nähergebracht. Modeschauen und Wohnwagen in Camping-Atmosphäre in der grossen Blumenpracht des Schlossparks boten so viel Spektakel, dass einem nie langweilig wurde.
Rennsportlegenden
Neben den Autos waren auch viele Persönlichkeiten aus der Automobilszene anwesend. Walter Röhrl, Heidi Hetzer, Jochen Mass, Karl Wendlinger und Roland Asch waren da.
Einer kam zum ersten Mal und war wohl auch der zwar klein gewachsene, jedoch ganz grosse Star des Wochenendes. Er stammt aus Italien und man erkennt ihn sofort an seiner Kopfbedeckung, denn seit ewig trägt er einen Cowboy-Hut und wirkt wie der leibhaftige Marlboro-Mann. Ein grosser Hauch von Freiheit und Abenteuer scheint sein Gesicht zu umwehen. Seine weissen Locken und die zahlreichen Falten machen aus ihm einen Charakter-Typ, auf den selbst George Clooney neidisch werden könnte.
Er fuhr einst für Enzo Ferrari in der Formel 1, aber auch im Sport-Prototyp mit Ickx, Regazzoni und Pace. Später wechselte er zu Alfa-Romeo und zum Schluss bestritt er sogar noch Rennen im MAN-Truck. Der kleine Italiener im riesigen Truck war vermutlich ein Bild für Götter, aber wie man ihn kennt war er wohl auch damit schnell.
Merzario und der Ferrari 156
Man kann sich die Verbindung Merzarios mit dem “Sharknose”-Ferrari nicht so ganz vorstellen. Der Ferrari 156 GP-Wagen, mit dem Wolfgang Graf Berghe von Trips auf dem Weg zum WM-Titel war, ist eine von zwei Nachbauten. Enzo Ferrari hat seine Autos nie behalten und was die “Sharknose"-Modelle betrifft, wurden die Autos von 1961 für die nächste Saison umgebaut und modifiziert. Der Ferrari 156, die schönste Badewanne der Welt, den Merzario am Wochenende anlässlich der Classic Days fahren durfte besitzt noch einen originalen Motor, sowie das Getriebe vom damaligen Auto des Mexikaners Riccardo Rodriguez. Der ganze Rest musste komplett nachgebaut werden. Das Ergebnis überzeugt optisch wie auch klanglich.
Das erste Autorennen, das Arturo Merzario persönlich verfolgen konnte, war der Grand Prix von Italien in Monza im Jahr 1961. Genau da standen fünf (!) dieser "Badewannen" am Start. Wolfgang Graf Berghe von Trips, Phil Hill, Riccardo Rodriguez, Richie Ginther und Giancarlo Baghetti sassen in den überlegenen Autos.
Beim fürchterlichen Unfall mit Jim Clark kam Trips ums Leben. Der damals 17 Jahre alte Merzario war Augenzeuge dieses Unfalls. Seine Begeisterung für den Motorsport konnte diese Beobachtung aber in keiner Art und Weise schmälern, denn schon wenige Monate später stand er, nun volljährig, mit einer Giulia Sprint in Monza am Start. Wie Usain Bolt bei seinem letzten 800m-Lauf verschlief der Italiener den Start und kam am Ende "nur" auf den sechsten Platz. Doch schon ein Rennen später in Imola, mit der Erfahrung aus Monza, liess er sich am Start nicht mehr überrumpeln und gewann sein erstes Autorennen.
Zu Ehren des Rallye-Genies
Vom Ford Capri RS (1972) bis hin zum Audi quattro (1984/85) vereinten sich Rallye-Autos aus der Rennsportkarriere Walter Röhrls.
Der Meister selbst fuhr den Porsche 911 von 1981 und den Audi quattro wie immer perfekt und auch gerne quer um den Kurs. Sein damaliger Copilot Christian Geistdörfer sass für einmal selbst am Steuer und fuhr den Lancia 037.
Die Weltumfahrerin
Es ist immer wieder spannend, mit Persönlichkeiten wie Heidi Hetzer zu plaudern und dann zu hören, wie sie als junge Lady zufällig Frank Sinatra am Flughafen kennenlernte und in ihrer Unsicherheit zuerst fragen musste, ob er nun Frank Sinatra oder Fred Astaire sei?
Ihre Reise mit dem "Hudo" einmal um die ganze Welt, und dies mit 80 Jahren auf dem Buckel und einem Fahrzeug, das genauso alt ist, ist wohlbekannt. Die letzte Runde im Schlosspark aber schaffte der Hudson nicht mehr, da er mit schweren Kühlerproblemen zu kämpfen hatte. Aber für Heide war es sicher besser, hier zu stranden, als irgendwo in der Einsamkeit der Mongolei nicht weiterzukommen.
Konsequente Zeitreise
Bemerkenswert am Anlass auf dem Schloss Dyck ist die Garderobe der Besucher. Viele kleiden sich zeitgerecht und zeigen passende Utensilien bei ihren Autos.
Auf diese Weise wird der Park zu einem bewegten Museum, in dem selbst die Kinder ihren Spass finden.
Kompetent organisiert
Die Organisation der Classic Days muss einmal mehr ein grosses Lob gezollt werden. Alles funktionierte perfekt und man wurde trotz Stressituationen stets überall sehr freundlich behandelt. Das einzigartige Schloss Dyck mit seinen Parkanlagen machte den Anlass wie jedes Jahr sowieso zu etwas Besonderem.
Ein Besuch bei den Classic Days kann jedem Oldtimer-Freund nur empfohlen werden.
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