Nach coronabedingter Abstinenz bezüglich klassischer Automobile macht es Freude, nunmehr wieder eine Sonderschau in der Autoworld Brüssel besuchen zu können. Das Thema "70 Jahre Porsche 356" ist reizvoll und zudem ist es spannend, unter welchen Bedingungen der Museumsbetrieb jetzt stattfindet. Bis vor kurzem galt noch keine Maskenpflicht, doch neuerdings muss auch als Museumsbesucher eine Maske getragen werden.
Früher unerreichbar
Zum Thema Porsche 356 wäre zunächst anzumerken, dass dieses Fahrzeug in der Kindheit des Verfassers trotz seiner Verwandtschaft zum damals noch nicht so genannten Käfer eher ein Symbol für das Unerreichbare war: Ein Sportwagen, den im sozialen Umfeld des Autors damals nur einer fuhr (das allerdings in der "Vollfettstufe", nämlich den Carrera 2), sonst aber niemand.
Doch immerhin stand ein Blechmodell des offenen 356 zum Spielen bereit: der heute in Sammlerkreisen geschätzten "Distler -Porsche". Und ihm ist der Verfasser dann sogar in einer Vitrine der Brüsseler Ausstellung wieder begegnet! Doch nun zur Sonderschau anlässlich des 70. Jubiläums des Porsche 356.
Ganze Palette vorhanden
Die Autoworld zeigt den 356 in vielen Facetten: die Bandbreite reicht von 40 bis 155 PS Motorleistung, sie umfasst Werksversionen ebenso wie eher selten gezeigte Sonderkarosserien und erstreckt sich zeitlich von 1948 bis 1965. Automobilhistorisch ist dies eigentlich kein langer Zeitraum. Doch er reichte, um erhebliche sportliche Erfolge einzufahren und so eine einst kleine Sportwagenmanufaktur zur Sportwagenmarke mit Weltgeltung zu etablieren. Und mit dem Modell 356 wurde der Boden bereitet für die direkt darauf folgende Ikone 911, deren Erfolg ja bis heute währt.
In der Sonderschau der Autoworld werden 19 Modelle in vier Gruppen im Untergeschoss gezeigt, beginnend mit einem "Gmünd-Coupé" mit Alukarosserie von 1948, der die schwedische Mittsommernachtsrallye 1950 gewann.
Zu ihm gesellen sich ein Pre-A Cabrio von 1950, ein Pre-A Speedster von 1955 und ein Pre-A Coupé von 1952 mit der "Knickscheibe".
Interessant sind hier die unterschiedlichen Details, nicht nur die Frontscheibe.
In einer anderen Fahrzeuggruppe wird es dann international: Ein schönes Coupé von Beutler auf der Basis eines 356 A aus dem Jahr 1958 (auf dessen Begleitschild wohl die Schweizer Flagge fehlt) steht neben einem österreichischen Denzel 1300 DK 142 (den es auch, aber nicht nur mit Porschemotor gab) von 1956 und daneben ein nur in sechs Exemplaren gebautes Cabrio der (west)deutschen Autobahnpolizei von 1960.
Auch in Belgien gebaute Fahrzeuge
Wer sich an die Motorleistung der meisten zeitgenössischen Fahrzeuge erinnert, kann ermessen, dass der Polizeiporsche mit seinen 90 PS im Konfliktfalle meist schneller war. Neben einem für den US-amerikanischen Markt konzipierten Speedster 1600 Super von 1958 steht die Rekreation eines einst in neun Exemplaren als Speedster gebauten Carrera von Zagato von 1957 mit kleinen Heckflossen.
An anderer Stelle wird ein 356 B Roadster von 1962 gezeigt. Er ist eines von 724 Exemplaren, welche das belgische Karosseriewerk d´Ieteren für den legendären amerikanischen Importeur Max Hoffman gebaut hat.
In dessen Nähe sind drei weitere Exemplare des 356 C bzw. SC aus den Jahren 1963 bis 1965 platziert.
Ganz schön sportlich
Eine andere Gruppe von sechs Fahrzeugen präsentiert besonders sportliche Varianten - insbesondere Versionen des Carrera 2 - mit einer Motorleistung von bis zu 155 PS.
Hierzu passen ein von Abarth modifizierter Carrera mit 135 PS, ein Speedster Carrera mit "Fuhrmann-Motor" und ein BT6 Carrera 1600 GT von 1960, der nach einem Vierteljahrhundert Ruhe als Scheunenfund wiedererwachte.
Weitere 356-Abkömmlinge in der permanenten Ausstellung
Um sein Bild zum Jubiläum des 356 abzurunden, sollte der Besucher auch das Obergeschoss der Autoworld aufsuchen. Im dortigen permanenten Bestand werden nämlich ein 550 Spyder von 1953 gezeigt und auch ein APAL Coupé von 1963, welches einst in der benachbarten Stadt Lüttich(Liège) - das "L" im Firmennamen weist darauf hin - entstand.
Dessen Porsche-Vierzylinder leistet 90 PS, die Innenausstattung ist von Ferrari.
Der Besuch der Autoworld ist wie immer und gerade auch in diesen Zeiten empfehlenswert. Dies übrigens auch deshalb, weil einige Fahrzeuge umarrangiert wurden, was neue fotografische Perspektiven ermöglicht.
Die Sonderschau "In the spotlight: Porsche 356- 70 Years" ist noch bis zum 30. August 2020 offen.
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