Die Idee ist bestechend und man kann sich fragen, warum es zu anderen Marken keine ähnlich gelagerten Bücher gibt. Peter Kurze jedenfalls offeriert mit seinem Buch “Besser fahren, Borgward fahren 1958” einen interessanten Einblick in ein Jahr der Geschichte der Borgward-Gruppe.
Eines von 18 Nachkriegsjahren
Borgward konnte nach dem Krieg schon auf eine lange Geschichte zurückschauen, doch im neuen Zeitalter musste sich die Firma ihre Position im PKW-Markt erst wieder neu erarbeitet. Dies tat sie jedoch dank der modernen Konstruktionen mit grossem Erfolg.
Im Jahr 1958 bestand das Imperium aus den drei Firmen/Marken Borgward, Lloyd und Goliath. Die Geschäfte liefen gut, 17’786 Beschäftigte sorgten für insgesamt 579,4 Millionen DM Umsatz, den Hauptteil trugen die Borgward-Fahrzeuge bei, wie die Analyse der Betriebszahlen im Kapitel “Die wirtschaftliche Lage der Borgward-Gruppe” zeigt. 89’901 Fahrzeuge wurden im Jahr 1958 gebaut, den grössten Anteil trugen Lloyd-Markenzeichen.
Die Fahrzeuge
Fast die Hälfte des Buchs konzentriert sich auf die produzierten und käuflichen Fahrzeuge der drei Marken Borgward, Lloyd und Goliath.
Viel Aufmerksamkeit schenkt Kurze dem Lloyd Alexander TS, dem günstigen Kleinwagen mit Vorderradantrieb. Von der Entwicklung über die Produktion deckt das umfangreiche Kapitel alle Aspekte mit 19 Seiten detailliert ab.
Zu Wort kommen auch zwei spezielle Alexander TS, nämlich den Prototypen, den Giovanni Michelotti mit Ghia-Aigle baute und der vom Lloyd-Management abgelehnt wurde , und den Pietro-Frua-Entwurf, der es als Lloyd Alexander Frua in die wenn auch bescheidene Serienproduktion schaffte.
Auch die Nutzfahrzeuge, die die Borgward-Gruppe 1958 baute, sind dokumentiert genauso wie die Konkurrenzsituation, der sich die verschiedenen Fabrikate ausgesetzt sahen.
Die Sonder-Entwicklungen
Ein ganz besonderes Kapitel des Buchs befasst sich mit Sonderentwicklungen. Da erfährt man beispielsweise Details zum geplanten Vierzylinder-Boxermotor mit vier Nockenwellen und bis zu 155 PS, der mangels Zuverlässigkeit nie eingesetzt wurde. Der Borgward-Hubschrauber “Kolibri” ist ebenfalls beschrieben und illustriert und es wird über den mysteriösen Kleinwagen 500 gemutmasst, der mit Hydropneumatik von Citroën angedacht war und einen 750 cm3 Motor haben sollte. Selbst ein Modell wird gezeigt, welches durchaus interessante Züge auswies.
Auch den damaligen Gebäulichkeiten und wichtigen Exponenten des Jahres 1958 werden einige Seiten Platz eingeräumt.
Der Motorsport
Im Sommer 1958 veranstaltete der AvD ein besonderes Rennen auf dem Hockenheimring: Kleinwagen sollten gegeneinander antreten und unter sich den schnellsten und gleichzeitig sparsamsten Wagen erküren. Gesamtsieger wurde der Lloyd Alexander, Verbrauchssieger der BMW 600. Dieses besondere Rennen (mit Le Mans Start!) ist im Buch genauso dokumentiert, wie die Einsätze der Werks-Borgward RS, welche zwar mit hervorragenden Leistungswerten, nicht aber mit der nötigen Zuverlässigkeit aufwarten konnten.
So bleiben kaum Wünsche offen, höchstens vielleicht die nach einer übersichtlichen Tabelle mit allen Baureihen, deren Charakteristiken und Produktionszahlen. Und ja, ein Stichwortverzeichnis wäre auch nützlich, wenn man etwas bestimmtes sucht.
Kleiner Ausschnitt aus riesigem Bildarchiv
Peter Kurze verfügt über ein enormes Archiv, das 100’000 Fotos, darunter ein Grossteil der damaligen Borgward-Werksfotografien beinhaltet, umfasst. Aus diesem reichhaltigen Fundus veröffentlicht der Autor nun einen kleinen Ausschnitt rarer Aufnahmen, die wohl bisher zumindest teilweise noch nie gedruckt wurden. Die Qualität der Aufnahmen ist hervorragend und sie überzeugen auch in gedruckter Form, wenn man sich auch das eine oder andere Bild noch etwas grösser gewünscht hätte.
Preisgünstig
Euro 19.90 ist für ein derart spezialisiertes Buch sicher nicht zuviel verlangt, eine Alternative hat kaum, wer sich im Detail für die Marken Borgward, Lloyd oder Goliath interessiert. Und auch die Nutzfahrzeug-Freunde werden gut bedient.
Wer nun Blut geleckt hat, der kann sich gleich auch noch ein zweites Buch aus der gleichen Reihe bestellen, denn den Band “1959” gibt es auch bereits, weitere Bänder für 1945/49 und 1950 bis 1962 sind geplant, 14 Bände sollen es am Ende sein und dann macht dann auch das Bild auf dem Buchrücken, das zusammen mit den anderen 13 Bänden ein Portrait von Carl F. W. Borgward.
Bibliografische Angaben
- Titel: “Besser fahren, Borgward fahren 1958”
- Autor: Peter Kurze, mit Beiträgen von Ulf Kaack und Bernhard Völker
- Sprache: Deutsch
- Umfang: 96 Seiten
- Format: Gebunden, 17,7 x 24,6 x 1,5 cm, 180 Fotos/Abbildungen
- Verlag: Peter Kurze Verlag
- Auflage: Erste Auflage (16. September 2014)
- ISBN-10: 3927485586
- ISBN-13: 978-3927485587
- Preis: Euro 19.90
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