Kennen Sie den Film “Und täglich grüsst das Murmeltier”? Bill Murray verköpert darin einen Mann, der denselben Tag immer und immer wieder erlebt. Exakt auf dieselbe Weise, ohne Nuancen. Ein wenig so kam es vielleicht auch den Besuchern und Teilnehmern des Arosa ClassicCar Bergrennens 2014 vor.
Irgendwie kam einem alles sehr bekannt vor. Viele der Fahrer und Fahrzeuge waren bereits bei vergangenen Durchführungen am Start, sieben von ihnen waren gar an jedem der zehn Rennen mit von der Partie: Benno Allemann, Tom Becvarik, Roman Becvarik, Marcel Hayoz, Peter Keller, Urs Schweinfurth und Jürg Tobler. Sie liessen kein Rennen aus, erlebten die 7,8 Kilometer von Langwies nach Arosa im Schneefall, bei Regen und bei Sonne.
Sinnvollerweise setzt Arosa ClassicCar auf Bewährtes und dies ist in diesem Falle die faszinierende Bergrennstrecke mit fast acht Kilometern Länge und 76 Kurven sowie, was selten für Bergrennen ist, eine 1,2 km lange Talfahrt etwa in der Mitte der Strecke.
Auch beim Wetter wurde einmal mehr der übliche Mix aus Regen, Nebel und Sonne geboten. Wie bereits in vergangenen Jahren besserte sich das Wetter im Laufe des Wochenendes, um am Sonntag mit stahlblauem Himmel und steigenden Temperaturen zu schmeicheln.
Zurück zum eingangs zitierten Film: Ein lange schlafendes Murmeltier hätte natürlich angesichts der donnernden V8-Motoren und der hochtourigen Vierzylinder kaum mehr freundlich gegrüsst. Aber das Wahrzeichen von Arosa ist ja auch nicht das Murmeltier, sondern der Steinbock. Und dieser ist bekanntlich ein kletterfreudiger Ziegen-Verwandter. Und passt damit perfekt zum Arosa Bergrennen, wo vor allem die leichten und wendigen Autos ihre Vorteile ausspielen können.
Zehnjähriges Jubiläum
Vor über zehn Jahren hätte wohl keiner der Begründer des Bergrennens Langwies-Arosa gedacht, dass daraus eine derartige Tradition werden würde. An einer Hotelbar fabulierten Peter Müller, Martin Häfeli und Koni Strittmatter damals, wie man einen historischen Rennlauf im Schanfigg orangisieren könnte. Schnell wurde skizziert und ein Grobkonzept entwickelt. Pepe Hammerer und Beni Burger wuden ins Boot geholt, das erste Bergrennen 2005 unter dem Namen “Internationales Arosa Classic Car” organisiert. Und man schaffte es damit sogar ins Schweizer Staatsfernsehen und die Sendung “Glanz & Gloria”.
Über die Zeit änderten Organisation und Patronat, aber die Freude am schnellen Fahren auf der Naturbergrennstrecke blieb. Bis heute wird auf Höchstgeschwindigkeit gefahren und Arosa ClassicCar ist die einzige Schweizer Veranstaltung im historischen Bereich, die dies alljährlich schafft.
Nennrekord
Zuerst sah es nicht so aus, aber schliesslich konnte der zehnte Anlass mit einem Nennrekord aufwarten. Alleine in der Rennkategorie wurden 38 Fahrzeuge gezählt. Auch dies kann als Erfolg und Ergebnis der vieljährigen Aufbauarbeit gewertet werden.
Arosa statt Goodwood
Im Kalender tauchte Arosa ClassicCar dieses Jahr für einmal nicht in Konkurrenz mit dem F1-Grand Prix von Monza, sondern mit der englischen Rennveranstaltung Goodwood Revival auf. Dies bereitete den Organisatoren einige Kopfschmerzen, bedeutete dies doch, dass mancher Fahrer mit seinem Fahrzeug am zweiten Wochenende im September nicht in der Schweiz weilte.
Schliesslich gelang es, einige Fahrzeuge, die wohl auch in Goodwood gut ausgesehen hätten, an den Start in Langwies zu locken, darunter eine Cobra mit besonders eindrücklichem Palmares. Chassis CSX 2301 startete 1964 mit Bob Bondurant und L. Spencer am Lenkrad bei den 12 Stunden von Sebring, wurde 5. im Gesamtklassement und 2. in der GT-Klasse. Es folgten Teilnahmen u.a. an der Targa Florio (Ausfall), 1000 km Nürburgring und an den Bergrennen Freiburg-Schauinsland und Sierre-Montana (jeweils mit Jochen Neerpasch am Steuer).
1965 startete der Wagen mehrfach in Goodwood, Spa, und sogar bei den 24 Stunden von Le Mans. Es gibt kaum eine andere Cobra mit einer derartigen Rennhistorie. Als “Team Car” wurde der Wagen werksmässig eingesetzt. Viele berühmte Fahrer wie Attwood, Schlesser, Frère, Bondurant oder Sparrow griffen ins Lenkrad dieser berühmten Cobra.
Ins Rennen um die schnellsten Zeiten konnte die potente Cobra allerdings nicht eingreifen, dazu ist das rare Stück dem Besitzer wohl zu wertvoll.
Der Kampf um die schnellste Zeit
Die drei besten Zeiten aus vier Läufen bestimmten den Gesamtsieger der Arosa ClassicCar 2014 - eine gute Regelung für den Einheimischen Roger Moser. Sein Formel-2-Auto Martini Mk 28/T02 aus dem Jahr 1980 war nur knapp vor dem Bergrennen fertig geworden, Moser hatte kaum Gelegenheit gehabt, sich an den Wagen zu gewöhnen. So staunte er bei den ersten Trainingsfahrten über die kurzen Bremswege und die Fahrdynamik, die sich so sehr von den Tourenwagen unterschied, die er in der Vergangenheit den Berg hochgescheucht hatte. “Ich muss an einigen Stellen nach dem Bremsen nochmals Gas geben vor der Kurve, so kurz sind die Bremsen”, meinte Moser. Aber spätestens beim zweiten Rennlauf im Trockenen hatte er dies im Griff und er spielte die Überlegenheit seines Wagens mit Zeiten unter 4:30 Minuten deutlich aus.
Mit dem schnellen Formel-2 konnte auch Vorjahressieger Armin Zumtobel nicht mithalten, fuhr dafür aber am Sonntag meisterlich konstant. Seine zwei Zeiten bei trockenem Wetter unterschieden sich gerade einmal um acht Hunderstelsekunden.
Mit Gesamtplatz 3 konnte auch Duschi B. Duschletta dank gleichmässigen Zeiten aufs Podest steigen. Die drei Gesamtschnellsten waren gleichzeitig auch Gruppensieger, da sie jeweils in verschiedenen Kategorien antraten.
Toni Seiler konnte mit seinem kräftigen Le-Mans-Boliden Lola T 70 Mk 3 aus dem Jahr 1968 nicht in den Kampf um den Gesamtsieg eingreifen, seine Übersetzung war wohl doch zu lang für den Berg und schon damals fuhren sich die V8-Lolas kaum je an Bergrennen in den Vordergrund. Immerhin zeigte er mit einer Samstags-Zeit von 4:37, dass es die Drei vor ihm keineswegs gemächlich nehmen konnten.
Die Gleichmässigen
Schnell gefahren wurde nicht nur in der Competition-Klasse, sondern auch bei den Fahrern, die auf Gleichmässigkeit gemessen wurden. Dass die Richtzeit dabei im verregneten Lauf am Samstag gesetzt werden musste, war natürlich vor allem für diejenigen suboptimal, die am Limit am gleichmässigsten fahren.
Dani Müller, der statt mit dem angestammten 300 SL 2014 im Abarth 1000 TC Corsa von 1964 antrat, störte dies allerdings kaum. Er freute sich am agilen Handling des Bergflohs und steigerte sich bis auf 5:28. Damit war er allerdings noch nicht der Schnellste in der Arosa Classic Trophy, denn einige kamen der Fünfminutengrenze erstaunlich nahe.
Am gleichmässigsten aber erwies sich Hanno Mayr auf einer Lancia Fulvia 1.3 S von 1971, der die Prüfung mit nur 11 Hunderstel Differenz abschloss.
Teilweise noch schneller ging es in der Ausscheidung der Arosa Sport Trophy zu, mit einer Laufzeit von 4:29:06 hätte Patrik Herzig auf seinem Porsche 911 RSR 2.8 aus dem Jahr 1973 auch in der Competition-Klasse gut ausgesehen. Seine Jagd auf schnelle Zeiten führte aber nicht zu kleinen Zeitabständen zwischen den beiden besten Läufen.
In diesem Kriterium konnte es ein anderer Mann sehr viel besser. Frank Gassmann schaffte es auf einem Austin-Healey 3000 MK 1 von 1959, seine zwei besten Zeiten mit nur drei Hundertstel Differenz zu fahren.
Viel Publikum
Vor allem das schöne Sonntagswetter zog 2014 viele Zuschauer nach Arosa. Die Auto-Schlangen von Chur nach Arosa wuchsen während der Streckensperrungen teilweise auf mehrere Kilometer an. Im Dorf Arosa und auch in Litzirüti beklatschten und begrüssten viele begeisterte Oldtimerfans die rund 180 Autos. Rund 25’000 Zuschauer wurden vom Organisator über die vier Tage gezählt, auch hier erwies sich die zehnte Ausgabe von Arosa ClassicCar also als erfolgreich.
Nicht ganz ohne Zwischenfälle
Rennsport ist nie ungefährlich und auch 2014 kam es zu einigen wenigen Unfällen, die aber gottseidank allesamt glimpflich abliefen, auch wenn teures Material dabei in Mitleidenschaft gezogen wurde. Am Samstag rutsche einer der Porsche 911 bei halbfeuchter Strasse im obersten Teil der Strecke aus, vorher bereits hatte einer der DTM-BMW-M3 im Demofeld für einen Blechschaden gesorgt. Trotz der Missgeschicke traten keine übermässigen Verzögerungen im Zeitplan auf.
Stimmiges Konzept
Rückblickend kann das neue Konzept mit dem nach vorne in den Zielbereich verschobenen Fahrerlager und dem geschützter angeordneten Hospitalitybereich als durchaus gelungen gesehen werden. Zwar kämpfte die Organisation mit den Wasserfluten, die natürlich gerade auf dem “Eisfeld” kaum wegzubringen waren, aber die Vorteile der einfacheren Logistik überwogen, so dass wohl auch im nächsten Jahr, wenn das Bergrennen Arosa ClassicCar dann vom 3. bis 6. September 2015 stattfindet, wieder auf demselben Konzept aufgebaut werden kann.
Und was ist nun mit diesem Murmeltier? Nun, im Film gewöhnte sich Bill Murray durchaus daran, immer denselben Tag zu erleben und er erlernte über die Zeit schliesslich das Klavierspiel, neben vielen anderen Fähigkeiten, die er weiter entwickelte. Und genauso ist es auch mit den Teilnehmern am Bergrennen Arosa ClassicCar. Sie werden jedes Jahr ein bisschen schneller und/oder gleichmässiger ....