Bereits zum dritten Mal fand das von Lord March wiederbelebte Goodwood Members Meeting am 19. und 20. März 2016 statt. Bis 1966 waren die Members Meetings des British Automobile Racing Clubs eine beliebte Tradition, 2014 knüpfte man dort an, wo man in den Sechzigerjahren wegen der Schliessung des Goodwood Rundkurses aufhören musste.
Wie die beiden Jahre zuvor standen über 300 Rennwagen verschiedener Epochen in zwölf Rennen am Start. Dazu kamen ein Motorradrennen und Demoläufe, die für sich alleine schon einen Besuch in Goodwood wert waren.
Tourenwagen der Achtzigerjahre in Aktion
Bereits mit dem ersten Rennen zur Gerry Marshall Trophy auf dem 3,83 Kilometer langen Rundkurs gaben Lord March und seine Männer den Tarif durch. Die Gruppe 1 Tourenwagen der Periode bis 1982 boten Spannung und Rennaktion vom Feinsten und dies in einem äusserst vielfältigen Feld. Bärenstarke und schwere Chevrolet Camaro Z28 traten gegen Rover 3500 SD1, Ford Capri III, Ford Escort RS 2000, BMW 530i, Triumph Dolomite Sprint und Mini 1275 GT an. Dazu kamen noch die Exoten Alfa Romeo GTV6 und Mazda RX7 sowie Volkswagen Golf GTI und fertig war das Rezept für “Tür-an-Tür”-Kämpfe und qualmende Reifen.
Das Training entschieden die Chevy Camaros klar für sich, doch das Sprint-Rennen am Samstag entschied schliesslich Chris Wart auf dem Rover 3500 SD1 für sich, knappe zehn Sekunden vor John Young im Ford Capri III. Erst dahinter folgten die Camaros, während sich der BMW 530i von Emmanuel Pirro nicht wie erwartet in Szene setzen konnte.
Das zweite Rennen wurde dann zum Triumph der Bryants auf dem Chevrolet Camaro Z28, die Ward/Shedden im Rover SD1 auf Distanz halten konnten. Auf Platz 3 fuhr Tourenwagenprofi Steve Soper mit Young im Capri III ein.
Was auf dem Papier wie ein eindeutiges Ergebnis aussieht, war auf der Piste deutlich stärker umstritten und aus Zuschauersicht sicherlich spannend zu beobachten.
Ein Rennen nur für Ford GT40
Völlig anders sah die Welt bei der Alan Mann Trophy aus, denn hier waren ausschliesslich Ford GT40 Modelle zugelassen, die bis 1966 ins Renngeschehen eingegriffen hatten.
28 Mittelmotorsportwagen der Jahrgänge 1965 bis 1967 waren gemeldet und die vordersten Plätze waren bereits im Training stark umstritten. Im Rennen wurde dann bis zum Äussersten gekämpft, anders lässt es sich kaum erklären, dass zehn Autos keine Zielflagge sahen. Obenauf schwangen Cuff/Soper in ihrem 65-er GT40, während die Pole-Setters Gläsel/Bräck bereits in der vierten Runde, Ellerbrock/Stippler in der 26. Runde die Segel streichen mussten.
Sechzigerjahre-Vierkampf
Einen veritablen Vierkampf trugen die Tourenwagen der frühen Sechzigerjahre aus, zugelassen waren Autos von 1960 bis 1966 bis maximal zwei Liter Hubraum. So trafen BMW 1800 TiSA, auf Mini Copper S, Ford Lotus Cortina und Alfa Romeo GTA und Giulia Sprint.
Das Training entschied die Ford-Lotus-Cortina-Fraktion klar für sich, vier der fünf ersten Plätze gingen an den britischen Tourenwagen. Auch im Training liess sich Pole-Setter Richard Meaden die Butter nicht vom Brot nehmen und siegte mit rund vier Sekunden Vorsprung. Auf Platz 4 folgte der erste Alfa Romeo 1600 GTA, Nick Swift kämpfte sich im Mini Cooper S bis auf Platz 5, Tony Wood im BMW 1800 TiSA auf Platz 6 vor.
Packendes Rennen der Hundertjährigen
Eines der packendsten Rennen des mit trockenem, wenn auch nicht rein sonnigen Wetter gesegneten Wochenendes boten die ältesten Autos im Feld. Im Rahmen der S. F. Edge Trophy taten Racing-Specials der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts gegeneinander an. Abenteuerlich aussehende Rennwagen wie der Sunbeam “Indianapolis” von 1916, der Delage DH V12 von 1923 oder der GN Curtiss von 1921 traten gegen den Darracq 200 HP von 1905 und den Hudson Super Six von 1917 an.
Und die Piloten zeigten mit den schmalen Reifen und den über hundertjährigen Aufhängungen wenig Mitleid und prügelten die alten Autos über die Rennstrecke, wie man es zuvor nur selten gesehen hatte.
Julian Majzub konnte die Bestzeit aus dem Training im Sunbeam “Indianapolis” nicht in einen Sieg ummünzen, der ging schliesslich in den agilen GN Curtiss von Duncan Pittaway, während sich auch Mathias Sielecki im starken Delage DH V12 geschlagen geben musste. Bis zum Zieleinlauf gaben sich die Kontrahenten nichts und der Vorsprung von gerade einmal 0,23 Sekunden vom Ersten zum Zweiten spricht Bände über den knappen Ausgang.
Sportwagen und Formelwagen der Nachkriegszeit
Während in der Brooks Trophy front- und heckmotorisierte Formel-1-Monoposti der Jahre 1954 bis 1960 gegeneinander antraten - es gewann Barry Cannell auf dem Cooper-Climax T51 von 1959 - , kämpften die Formel-3-Autos der Jahre 1964 bis 1970 um die Derek Bell Trophy - als Sieger ging Andrew Hibberd auf dem Brabham-Ford BT 18 von 1966 hervor.
In der Graham Hill Trophy waren mit die schönsten GT-Autos der Jahre 1960 bis 1966 am Start: Jaguar E-Type, Bizzarrini 5300 GT, Aston Martin DP214, Lotus Elan 26R, TVR Griffith 400 sowie AC Cobra und Shelby American Cobra Daytona Coupés sorgten für ein vielfältiges und hochgradig attraktives Feld. James Cottingham schaffte es, seine Trainings-Bestzeit im Cobra Daytona Coupé auch in einen knappen Rennsieg vor dem zweiten Daytona Coupé von Andrew Smith umzusetzen.
Beim Rennen um die Bruce McLaren Trophy waren CanAm- und Gruppe-7-Sportprototypen bis 1966 am Start, starke und laute Sportwagen, die nach dem Rezept “alles geht” gebaut worden waren. Auch hier konnte sich der Pole-Setter Nicholas Padmore auf dem Lola-Chevrolet T70 von 1966 nach einem Rennen über zwei Runden durchsetzen.
Vielfältig war das Fahrzeugfeld beim Rennen um den Parnell Cup, zu dem Grand-Prix- und Formel-2- sowie Voiturette-Autos der Jahre 1930 bis 1953 zugelassen waren. Es gewann William Nuthall auf einem Cooper-Bristol Mk2 T23 von 1953, er fuhr auch die schnellste Runde.
Sportwagen der Jahre 1948 bis 1955, die von Herstellern wie Allard, Aston Martin, Austin Healey, Cunningham, Ferrari, Frazer Nash, Jaguar, Kurtis, Maserati oder Mercedes-Benz gebaut wurden, traten beim Rennen um die Peter Collins Trophy für ein 7-Runden-Rennen gegeneinander an. Es siegte Sam Hancock auf dem Cunningham C4R von 1953, der bereits die schnellste Trainingszeit gefahren hatte.
Während der Sieger einen deutlichen Vorsprung herausfuhr, waren die Verhältnisse rund um Platz 2 deutlich enger. Richard Woolmer hatte im HWM-Cadillac von 1954 den Aston Martin DB3S von Steve Boultbee Brooks bereits überholt gegen Schluss, doch er geriet nach dem Überholmanöver in den Dreck und musste sich schliesslich doch mit dem dritten Platz zufrieden geben.
Wiedersehen mit den Bodeneffekt-Autos
Sie waren die Stars der frühen Achtzigerjahre und heute kann man sie kaum noch auf der Rennstrecke sehen, die sogenannten “Ground Effect”-Formel-1-Monoposti. Dank Schürzen auf der Seite und aerodynamisch optimiertem Unterboden erzeugten diese Autos derart viel Bodenhaftung, dass sie wegen zu hoher Kurvengeschwindigkeiten schliesslich verboten werden mussten.
Zuvor aber begeisterten Autos wie Alfa Romeo 179, Arrows A5, Brabham BT49, Ensign N180, Ferrari 312T5, Fittipaldi F8, Ligier JS17, Lotus 79, March 811, McLaren MP4/1, Osella FA1, Tyrrell 010, Williams FW07 und Wolf WR7 die Massen. In Goodwood fuhren sie im Rahmen einiger Demonstrationsrunden wieder und erfreuten die Zuschauer die sich an die Rennen von damals erinnert fühlten.
Gruppe 5 Prototypen wie im Film “Le Mans”
Wer Steve McQueens Film “Le Mans” gesehen hat, kam sich beim Demonstrationslauf der Gruppe-5-Sportwagenprototypen der Jahre 1969 bis 1971 wie “zuhause” vor.
Denn genau wie damals fuhr ein eindrückliches Feld von Ferrari 512 S, 512 M, Porsche 917 und Lola T70 Mk3B auf, um mit Acht- und Zwölfzylinder-Getöse die Gerade hinunterzustürmen und Renngeschichte wieder aufleben zu lassen.
Eindrückliches Wochenende
Es gäbe noch manches zu erzählen, was die rund 33’000 Besucher vor Ort als Erinnerungen mit nachhause trugen, dazu gehörten vielleicht auch die neuesten Rennwagen, die im Rahmen der BTCC Demorunden um den Goodwood Circuit fuhren, oder die Silberpfeile, die von Jochen Mass und Mika Häkkinen im Rahmen des IWC Auftritts in Fahrt beobachtet werden konnten.
Ob sich alle Zuschauer für den Kampf der Häuser interessierten, ist fraglich. Siegreich waren erneut die Leute um Anthony Reid (Methuen).
Dass historischer Rennsport seine Gefahren hat, zeigten leider einige ernsthafte Unfälle, die sogar zu Spitalaufenthalten führten. Wer die Cobra in den Reifenstapel rasen sah oder die Folgen des Crashs von Michiel Smits im Lola-Chevrolet verfolgte, versteht, warum das Leben der damaligen Piloten oft am seidenen Faden hing. Goodwood bietet im Gegensatz zu moderneren Rundkursen deutlich geringere Auslaufzonen und es ist der Vernunft der Fahrer zu verdanken, wenn nicht mehr schwere Unfälle, die die Veranstaltungen auf dem Goodwood Circuit sicherlich in Frage stellen würden, passieren.
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Ich hatte die Möglichkeit 2x als Besucher dabei zu sein.
Hochkarätige Starterfelder, eine unnachahmliche Art von Action und ein Umgehen miteinander von Teilnehmern und Zuschauern in gegenseitigem Respekt was in Deutschland zu erleben leider ausgeschlossen ist !
Dafür hat man hier nicht das Gespür und nicht das Verständnis, dazu auch nicht mehr die Strecken.
Aber egal - man muss einfach dahin reisen und diesen 'magical step back in time' zu erleben.
Just do it !