Im Herbst 1971 hatte Fiat das 128 Coupé vorgestellt, im Prinzip der Nachfolger des beliebten und günstigen Fiat 850 Coupés . Die Verkaufszahlen lagen allerdings deutlich hinter den Erwartungen und die Erdölkrise half auch nicht. Plötzlich war Sportlichkeit nicht mehr gefragt, dafür Vernunft und Sparsamkeit. Doch der Preisschock beim Benzin war bald vergessen und Mitte der Siebzigerjahre verlangten die Käufer wieder nach dynamischen Coupés. Volkswagen lieferte im Frühjahr 1974 mit dem Scirocco die Blaupause, wie ein modernes Coupé auszusehen hatte.
Fiat konnte bereits im September 1975 seinerseits nachziehen und nun auch ein glattflächiges Coupé mit Heckklappe als Nachfolger des Fiat 128 Coupés anbieten, genannt 128 3P Berlinetta, also ein Coupé mit drei Türen.
Eleganter und zeitgemässer
Was die Besucher der IAA in Frankfurt im Herbst 1975 zu sehen bekamen, entsprach dem Zeitgeschmack. Der Hüftschwung, den Kritiker beim Vorgänger noch als fast japanisch anmutend beschrieben hatten, war verschwunden, das Glashaus war gewachsen und hinten konnte nun eine grosse Hecktüre, die vom Heckfenster bis zu den Rückleuchten reichte, geöffnet werden.
Bei praktisch unveränderten Aussendimensionen war das Coupé durch geschicktes Optimieren geräumiger geraten. Die Innenbreite wuchs um 5,4 Zentimeter, auch in der Innenlänge und -höhe konnten je zwei Zentimeter gewonnen werden.
Noch wichtiger war der aber nun wandelbare Kofferraum, der bei umgelegten Rücksitzen immerhin 456 Liter Stauraum bereitstellte, was praktisch dem Kofferraumvolumen des VW Scirocco entsprach. Das Gewicht hatte sich nicht vergrössert, es betrug weiterhin rund 855 kg.
Freundlicheres Interieur
Neben Retouchen der Front- und Heckpartie gab es auch im nun helleren Interieur Modifikationen, so etwa ein neues Lenkrad und Sitze mit Stoffbezug auf den Mittelbahnen. Ansonsten hielt man dem ursprünglichen Wurf auch innen die Treue.
Technisch kaum verändert
Motoren und Aufhängungen hatte man genauso vom Vorgänger übernommen, wie die übrige technische Basis. Der Motor wurde allerdings zugunsten eines tieferen Verbrauchs etwas höher verdichtet (9,2:1 anstatt 8,8:1), während das Drehmoment von 9,4 auf 10,2 mkg stieg, sank die Leistung nach Werk von 75 auf 73 PS. Mehr Durchzugskraft, aber etwas weniger Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigungsvermögen aus dem Stand, waren das Ergebnis, aber die Unterschiede zum Fiat 128 Coupé 1300 SL fielen gering aus. Mit den 12,3 Sekunden, die das neue Coupé 3P Berlinetta aus dem Stand benötigte, konnte man gut leben, mit den 161,4 km/h Spitzengeschwindigkeit ebenfalls. Schliesslich war der Fiat auch sparsamer geworden, verbrauchte im AMS-Test nur noch 10,1 Liter Super pro 100 km (Vorgänger 10,7 Liter), im Kurztest der Automobil Revue waren es sogar nur 9,46 Liter pro 100 km (Vorgänger 10,3 Liter).
Am Fahrwerk wurde beim Modellübergang nichts verändert, mit Einzelradaufhängungen vorne und hinten, sowie einer gemischten Bremsanlage (Scheiben/Trommeln), war das Fiat Coupé immer noch gut gerüstet.
Im Vergleich günstig
DM 11’300 oder CHF 13’650 wurden 1975 für den 3P verlangt, damit war er in Deutschland 1300 Mark billiger als ein VW Scirocco LS, bei Ford gab es nur gerade den 1,3-Liter-Capri in vergleichbaren Preisregionen. Limousinen-Alternativen allerdings waren deutlich günstiger, auch bei Fiat, wo der 1300 Special fast 20 Prozent weniger kostete.
Gut aufgenommen
Die “Berlinetta” wurde von den meisten deutschsprachigen Zeitschriften getestet und kam gut dabei weg. Die ADAC Motorwelt kritisierte den lauten Motor und fragte Fiat-Chefingenieur Dr. Ettore Cordiano, warum Fiat nicht mehr für die Geräuschdämmung tun würde. Die Antwort lautete: “Der Wagen ist unter Berücksichtigung der in Europa geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen leise genug. Eine bessere Schallisolation würde bedeuten, dass das Wagengewicht und damit auch die Produktionskosten erhöht würden Außerdem müsste man wegen des grösseren Raumbedarfs ein wenig vom Innenraum opfern. Ein höheres Gewicht würde sich auch nachteilig auf den Verbrauch auswirken.”
Die Zeitschrift “rallye racing” beschrieb das Triebwerk als “Drehwurm” und konnte dem variablen Innenraum einiges abgewinnen. Nur die Schaltpräzision befriedigte nicht, dafür begeisterte der günstige Verbrauch.
Das sah Klaus Wießmann für Auto Motor und Sport ähnlich. Überzeugend fand er insbesondere die reichhaltige Ausstattung und die problemlosen Fahreigenschaften. Und die Automobil Revue resümierte: “Der 3P spricht neben den sportlich orientierten Fahrern, die sich auch mit knappen Raumverhältnissen zufrieden gäben, nunmehr auch solche an, die manchmal etwas mehr Gepäckraum brauchen, als man im temperamentvollen, fahrsicheren Sportcoupés sonst erwartet.”
Nur vier Jahre lang
Ein langes Leben hat die zweite Variante des Fiat 128 Coupés nicht. Zum Turiner Salon von 1978 wurden noch zwei Sonderserien - “Sport” mit auffälliger Bemalung und “GLX” mit umfangreicher Ausstattung - angekündigt. Doch das Ende des hübschen Coupés kam, trotz landesspezifischer Spezialversionen wie dem Spécial Suisse oder der Berlinetta LS in Deutschland, unweigerlich im Jahr 1980, einen Nachfolger gab es im Prinzip bis zum Fiat Coupé der Neunzigerjahren nicht mehr. Knapp über 330’000 Fiat Coupés der Baureihe 128 entstanden zwischen 1971 und 1980.
Kompakt und praktisch
Was damals für die Fiat 128 3P Berlinetta schon galt, stimmt heute noch immer. Mit knapp über 3,8 Metern Länge und weniger als 1,6 Metern Breite ist das viersitzige Coupé ausserordentlich kompakt. Von der Neugestaltung der Karosserie profitierte vor allem die Übersichtlichkeit (nach hinten), während sich Sitzposition und das Raumgefühl innen kaum änderte gegenüber dem Vorgänger. Ob einem nun die gradlinigere Karosserie besser gefällt als das vorangehende Hüftschwungcoupé, ist Geschmacksache.
Man freut sich an den hübschen Karopolstern, die dank Stoffbezug vor allem im Sommer deutlich angenehmer sind als die Vinylbezüge des Vorgängers. Das Interieur gefällt, das Lenkrad wirkt griffig.
Zuverlässig nimmt der Motor nach Schlüsseldreh seine Arbeit auf. Der Vierzylinder dreht locker hoch, verströmt einen luftigen, aber nur selten aufdringlichen Motorsound, zumindest solange man unter 5000 Umdrehungen bleibt.
Hohe Drehzahlen sind aber durchaus nötig, wenn man schnell vorwärtskommen will, der drehzahlsenkende fünfte Gang fehlt vor allem bei Autobahnfahrten. Bei der voralpinen Kurvenhatz hingegen reichen die vier relativ kurz übersetzten Vorwärtsgänge durchaus, das Getriebe allerdings überzeugt nicht gerade durch ein knackig-exaktes Schaltgefühl.
Die Bedienung geht leicht von der Hand, auch das Studium der knapp über 20 erklärenden Seiten in der Bedienungsanleitung ist eigentlich nicht nötig.
Im Fahrbetrieb macht das Coupé sehr viel Spass, es ist nicht zu hart gefedert und bereitet auch in Kurven und beim Bremsen keine Probleme. Eigentlich wäre es sogar richtig alltagstauglich mit seiner Heckklappe und den vier Sitzen, aber den Alltagsbetrieb will man dem hübschen Sportwagen eigentlich lieber nicht mehr zumuten, schliesslich gehört er zu den Raritäten auf unseren Strassen.
Wir danken dem Spezialisten allcarta für die Gelegenheit, das blaue Fiat 128 3P Coupé aus dem Jahr 1977 für eine Probefahrt entführen zu können.
Weitere Informationen
- ADAC Motorwelt Nr. 10 vom 1. Oktober 1975 - Seite 17: 4 Fragen an Fiat-Chefdesigner Dr. Ettore Cordiano
- AR-Zeitung Nr. 44 / 1975 vom 23.Okt.1975 - Seite 29: Kurztest Fiat 128 3P Berlinetta
- Auto Motor und Sport Heft 1/1976, ab Seite 38: Kurztest Fiat 128 Berlinetta (3P)
- Rallye Racing Heft 2/1976, ab Seite 36: Test Fiat 128 3P Berlinetta 1300
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