Amilcar C6 – Grand-Prix-Wagen für die Strasse
Zusammenfassung
In den Zwanzigerjahren entstand in Paris ein schlanker Sportwagen namens Amilcar C6, der es dank eines starken Reihen-Sechszylindermotors mit zwei obenliegenden Nockenwellen und Kompressor mit den Schnellsten aufnehmen konnte und im Prinzip ein verkappter Grand-Prix-Wagen war. Nur wenige Exemplare konnten zum Preis, für den man auch einen Bugatti Typ 35A hätte kaufen können, gebaut werden. Umso reizvoller, einem dieser seltenen-Zweisitzer zu begegnen. Dieser Fahrzeugbericht erzählt die kurze Geschichte des Amilcar C6 und zeigt ein überlebendes Exemplar auf vielen Bildern.
Dieser Artikel enthält folgende Kapitel
- Rennsportsiege als Ziel
- Von 4 auf 6 Zylinder
- Für den privaten Rennfahrer
- Technisches Bijou
- Quel bruit!
- Einer von etwa 55 gebauten
- Vom Rennsport zum Luxus
Geschätzte Lesedauer: 5min
Leseprobe (Beginn des Artikels)
Wenn vier Leute ähnlich denken, kann Grosses entstehen. Und so war es 1919, als sich Emile Akar, Joseph Lamy, Edmont Moyet und André Morcel erstmals trafen. Akar und Lamy hatten das Geld und zufälligerweise auch eine Automobilfabrik, Moyet und Morcel die Ideen und vor allem den Durst auf Rennsiege. Der Name war schnell gefunden, er setze sich aus den Nachnamen der Investoren (Akar und Lamy) zusammen, wenn man die Buchstaben richtig hin- und herschob. Die beiden Prototypen gefielen so gut, dass man sich für eine Serienproduktion entschied und schon 1921 wurden die ersten Serienwagen vom Typ CC an der Rue du Chemin Vert fertiggestellt, mit einem Vierzylindermotor mit 904 cm3 und 18 PS. Das reichte für 80 km/h und dank des günstigen Preises für viele interessierte Käufer, so dass bald schon fünf Autos pro Tag gebaut werden konnten.
Diesen Artikel kostenlos weiterlesen?
Bilder zu diesem Artikel

MOTORSPORTLICHE AKTIVITÄTEN 1911 bis 1925 DES ALFRED ROTHENBACH UND SEINER GATTIN ADELE
ZUSAMMENGESTELLT ca. 2005 VON MEINEM VATER AUS DER ERINNERUNG AN VIELE GESPRÄCHE MIT SEINEN ELTERN
Alfred Herrmann Rothenbach wurde am 11. Januar 1894 geboren. Aufgewachsen in Zürich und Bern, zwischendurch ein Jahr bei einer Tante in Mailand.
A.R. entstammte einer technikbegeisterten Familie. Sein Grossvater hatte Maschinenbau an der ETH in Zürich studiert zu einer Zeit, als die ETH noch sehr jung war. Auch sein Vater und A.R. wählten die gleiche Studienrichtung.
Ein Onkel von A.R., Tierarzt in Affoltern am Albis, war der erste Automobilbesitzer im Bezirk Affoltern.
1911, d.h. 17jährig, meldete sich A.R. für ein Bergrennen in der Region Bern an, ohne seinem Vater etwas zu sagen, jedoch unter stillschweigender Verwendung des Wagens aus seines Vaters Garage.
Dies war der Beginn der stets nebenberuflichen Rennfahrerabenteuer von 1911 bis 1925. Anfänglich auf Automobilen, dann über längere Zeit Automobile sowie Motorräder mit und ohne Seitenwagen.
Automobilrennen fuhr A.R. unter anderem auf den Marken Pic Pic, Amilcar, Motorradrennen auf Wanderer, Motosacoche und Harley Davidson.
Gefahren wurden damals Rundstreckenrennen, vorwiegend auf „abgesperrten“ Regionalstrassen, Bergrennen mit Einzelstart und Zeitnahme, Kilometerlancé, d.h. 1 km auf gerader Strecke mit fliegendem Start. Und, berühmt-berüchtigt, 6-Tagefahrten in der Schweiz auf Motorrädern, so genannte Zuverlässigkeitsfahrten mit vorgegebenem Durchschnitt für die einzelnen Etappen, wobei geheime Zeitkontrollen entlang der Strecke dafür sorgten, dass Losrasen und Warten kurz vor dem Ziel gar nichts brachte. Abweichungen von den Solldurchfahrtszeiten wurden mit Strafpunkten „honoriert“. Gemäss A.R. waren Sechstagefahrten primär sechs Tage lang konzentriert Kopfrechnen unter Zuhilfenahme von zwei auf dem Lenker montierten Stoppuhren und den Tabellen mit Streckenbeschreibung und km-Angaben. Natürlich musste unabhängig von der momentanen Streckenführung möglichst regelmässig der vorgegebene Durchschnitt eingehalten werden.
Wie A.R. als Rennfahrer bekannt wurde, erhielt er durch die Garage Schlotterbeck in Basel Werksunterstützung. Wenn wieder eine Anzahl Harleys aus den USA geliefert wurden, konnte er in einem geraden Stück Waldstrecke die verschiedenen Maschinen mit Zeitnahme fahren und sich das Motorrad für die nächsten Rennen auswählen.
Damals vertrat Schlotterbeck auch Amilcar; zeitweise verfügte A.R. über mehrere Amilcar gleichzeitig, um in verschiedenen Fahrzeugklassen (Tourenwagen, Sportwagen) zu starten.
Anfänglich waren die Amilcar (1100 ccm, 4 Zylinder) sehr einfach konzipiert. Bremsen nur an den Hinterrädern, Hinterachse ohne Differential. A.R. rühmte diese Hinterachse für kurvenreiche Strecken, speziell bei Regenwetter, da bei kurzzeitigem Abheben des kurveninneren Rades das äussere Rad trotzdem weiterhin die Antriebskraft auf die Strasse übertrug.
Das Klausenbergrennen ab Linthal bezeichnete A.R. als eine sehr anspruchsvolle Strecke bezüglich Getriebeabstimmung. Einerseits viele enge Kurven, anderseits der Urnerboden (damals noch schotterbedeckte Naturstrasse), welcher Höchstgeschwindigkeiten forderte. Je nach Streckengegebenheiten wünschte A.R. unterschiedliche Getriebeabstufungen, Schlotterbeck liess die entsprechenden Zahnräder bereitwillig herstellen und einbauen.
Schliesslich war A.R. überzeugt, dass man mit einem Amilcar mit kleinerem Wendekreis bei Bergrennen noch etwas herausholen kann. Der Einschlag der Vorderräder liess sich nicht verändern, jedoch fand sich ein gangbarer Weg, um den Radstand zu reduzieren.
Das hiess: Karosserie runter und alles was hinter dem Fahrersitz über das Chassis ragte, demontieren. Chassis, Kardanwelle etc. zweimal trennen, die dadurch wegfallenden 40 cm Chassisträger wegwerfen und das Übriggebliebene wieder zusammenschweissen. Der gestutzte Amilcar war nicht nur kürzer, sondern durch diese Rosskur auch leichter geworden. Anstelle der Karosserie wurde zwischen Kühler und Instrumentenbrett ein leichtes Skelett aus Holzlatten aufgebaut, mit Stoff überzogen und mit etwas Farbe mehr oder weniger imprägniert. Ein leichter Fahrersitz, hinter welchem auf jegliche Aufbauten verzichtet wurde. Also voller Einblick in die damalige Technik.
A.R. zitierte mit Vergnügen einen Sportjournalisten aus der damaligen Zeit, der sich wohl Edleres zu beschreiben gewöhnt war:
„Das Fahrzeug von Rothenbach ist ein im Embrionalstadium stecken gebliebenes Vehikel“ stand in einem Artikel.
Während den Trainingsfahrten am Klausen war A.R. einmal am Samstagnachmittag mit der Motorleistung seines Amilcar unzufrieden. Das Hotel, in welchem er übernachtete, stellte ihm den Hinterhof samt Waschküche mit Ausgang zum Hof zur Verfügung.
Nach dem Abendessen machte A.R. sich mit dem mitgebrachten Werkzeug an die Arbeit: Zylinderkopf runter, alle Ventile von Hand einschleifen, Zusammenbau und Ventilspiel neu einstellen. Arbeit bis nach Mitternacht. Und Start am Sonntag zum Rennen.
Nochmals zum Thema Getriebeabstufung: OM (Officina Meccanica, Italien) baute damals noch Personenwagen. A.R. wurde von der Schweizer Vertretung von OM „angeworben“, um an einem Bergrennen auf OM teilzunehmen. A.R. akzeptierte, vergewisserte sich über die verfügbare Motorleistung und verlangte eine Getriebeabstufung, bei welcher der 1. Gang höchstens 10 km/h hergab. Nun, das OM-Werk liegt in der Po-Ebene, also EBEN, man fand dort die 10 km/h für den 1. Gang einen Blödsinn.
A.R. ging trotzdem an den Start des Bergrennens mit vielen steilen, engen Kurven im Wald. Dort, wo dem OM die Puste am Hinterrad ausging, war ein schmales Stück Wiese zwischen Strasse und Bäumen, um den OM abzustellen, so dass er wenigstens den weiteren Fahrern nicht im Wege stand. Übrigens: Der Berg heisst Weissenstein (bei Solothurn) und weist auch heute noch Steigungen bis 22% auf.
Im Oktober 1920 heiratete A.R. Adele Abderhalden, geboren am 17. Mai 1898. A.R.’s Verwandtschaft freute sich auf ruhigere Zeiten in der Erwartung, dass die frisch Angetraute ihrem Gatten die Rennerei gründlich austreibe.
Nun, der Funke sprang auch über, aber in die andere Richtung:
Adele hatte bereits als Ledige Spass am aktiven Autofahren, sie chauffierte auch ihren zukünftigen Schwiegervater u.a. zu den Sitzungen des Schweizerischen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner.
Adele’s Einstieg in den Automobilsport erfolgte auf eine eher seltsame Art. A.R. war beruflich im Ausland vor dem Wochenende, an welchem ein Bergrennen in der Schweiz stattfand. Seine Rückreise verzögerte sich, er riskierte das schon damals obligatorische Training vor dem Rennsonntag zu verpassen. Er informierte seine Gemahlin telefonisch über die Verspätung und bat sie gleichzeitig, hinzufahren und für ihn am Samstag die vorgeschriebenen Trainingsfahrten zu absolvieren.
Also fuhr Adele hin, meldete sich und wurde barsch abgewiesen: Das gehe nicht, schliesslich sei Alfred Rothenbach angemeldet. Resolut setzte sich Adele zur Wehr mit der Behauptung, A. Rothenbach sei gemeldet; sie heisse Adele. Wenn da irgendjemand Alfred Rothenbach hinkritzle, sei das ja wohl begreiflich beim Bekanntheitsgrad des Alfred innerhalb der Gilde der rennsportbegeisterten Schweizer. Adele setzte sich schliesslich durch; bereits 1921 bestritt sie auf Amilcar Bergrennen in der Klasse Tourenwagen.
Ein wohl ganz besonderes Rennen war für sie jenes vom Mai 1922.
Nachfolgend die Abschrift aus dem gewonnenen Preis, eine Abendhandtasche aus Silberdrahtgeflecht, mit Silberbügel und eingravierter Widmung:
I. DAMENPREIS GURNIGEL 1922 und im zweiten Bügel: VON WERNER RISCH ZÜRICH
Werner Risch war während Jahrzehnten Generalvertreter der legendären Packard-Automobile aus den USA.
Aber warum soll das ein ganz besonderes Rennen gewesen sein für Adele? Sie war im 6. Monat schwanger, die Tochter Marion kam am 5. August 1922 zur Welt, voilà.
Und in eben dieser Woche fuhr Alfred die Internationale Sechstagefahrt in der Schweiz auf dem Motorrad. Etappenort Lugano: Das Motorrad kam in den Park, A.R. verzichtete auf das Hotel, bestieg den Schnellzug nach Olten, besuchte Gattin und das Neugeborene, reiste frühmorgens mit dem Schnellzug zurück nach Lugano und startete zur nächsten Etappe der Sechstagefahrt.
A.R. bestritt weitere Automobilrennen bis 1925. In diesem Jahr wurde das zweite Kind, Franz, geboren. In Anbetracht der Verantwortung für Frau und zwei Kinder, hat A.R. mit Rennen fahren aufgehört, ist aber zeitlebens gerne „flüssig“ gefahren.
Literaturhinweise zur Ergänzung
DIE KLAUSENRENNEN
Kompressoren am Berg
von Bernhard Brägger
2. Auflage 1987ISBN 3-905508-01-X
S. 33Adele Rothenbach
S. 37Alfred Rothenbach
gewinnt die 1,1 Liter Klasse
S. 50Alfred Rothenbach
MOTORRADFAHREN IN DER SCHWEIZ 1895 – 1930 von Thomas Kohler
Herausgeber: FAM, Verein Freunde alter Motorräder, Schweiz
2005,ISBN-10: 3-85801-072-3
S. 100Alfred Rothenbach auf Motosacoche, 1000 ccm
Solomaschine.
Mitglied der 3er Siegermannschaft der Internationalen
Sechstagefahrt in der Schweiz, 1. bis 6. Aug. 1921.
S. 98Zugehörige Streckenkarte der Fahrt 1921
S. 101Text linke Spalte: Zur Abwechslung heisst A.R. hier
Röthenbach.
Kein Fehler des Autors
T. Kohler hat die Namen unverändert aus den alten Originalpublikationen übernommen.
S. 102linke Spalte: Alfred Rothenbach auf Harley Davidson
gewinnt die Internationale Sechstagefahrt in der Schweiz,
2. bis 9. Aug. 1922, diesmal in der Klasse Motorrad mit
Seitenwagen.
S. 103letzter Abschnitt: Die in Europa durchgeführten
Internationalen Sechstagefahrten werden als „Olympiade des
Motorradsports“ bezeichnet.
DIE SCHNELLEN ZWANZIGERJAHRE
GESCHICHTE DER CYCLECARS UND VOITURETTES
von Bernhard Brägger, Daniel Reinhard, Uli Jooss, Urs Heer
2005,ISBN: 3-9809409-2-6
Diverse Hinweise und kurze Firmengeschichte der Marke AMILCAR
S. 24 bis 27 S. 58 bis 60 S. 76
DANKESCHÖN
für diese wunderbare Familiengeschichte !
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Glöckner, Judenburg








































































































































































Kommentare