Die Frühlingsversteigerung von Toffen gehört für viele Oldtimer- und Youngtimerfreunde seit vielen Jahren zum Beginn der Saison wie das Wiedereinlösen des Klassikers oder das Planen der ersten Touren. Am Samstag, den 26. März 2022 war es wieder soweit und erstmals seit der Aufhebung der Pandemie-Massnahmen konnte das Publikum wieder unbeschränkt und maskenfrei an die Versteigerung kommen.
Offenbar hat sich aber ein Teil der Bieter und Interessenten inzwischen an die Mitverfolgung per Livestream und Online-Plattformen gewöhnt, denn ganz so voll wie in früheren Versteigerungen in Toffen vor der Pandemie wurde es dann doch nicht.
Für die Anwesenden war dies kein Nachteil, erhielt doch fast jeder eine Sitzgelegenheit – angenehm bei einer immerhin rund fünfstündigen Veranstaltung.
90 Fahrzeuge
Unter den 90 angebotenen Fahrzeugen gibt es 30 offene Automobile, 25 Coupés und insgesamt 82 Autos. Der Rest verteilt sich auf Fahrräder, Motorräder und ein autoähnliches Boot.
Im Schnitt sind die Fahrzeuge 50 Jahre alt, doch das Alterspektrum war grösser als es dieses Durchschnittsalter erwarten liess. Vier Fahrzeuge, darunter ein Hochrad und eine fahrende Bandsäge, waren über 120 Jahre alt. Dazu kamen vier weitere Vorkriegsautomobile und ein Vorkriegsmotorrad. Am anderen Ende des Alterspektrum gab es 16 Fahrzeuge, die noch keine 30 Jahre alt waren. Und das Youngtimersegement umfasst über ein Dutzend Autos.
Der Gesamtwert wurde mit rund CHF 3,1 Millionen (EUR 3,0 Millionen) abgeschätzt, pro Fahrzeug wurden also im Schnitt CHF 33’852 oder 33’175 erwartet.
Vor den Fahrzeugen wurden einige Automobila versteigert, darunter ein Bugatti-Ring, der für CHF 5000 zugeschlagen werden konnte und damit noch das eine oder andere Automobil schlug. Auch zwei Karussell-Holzpferdchen sorgten für veritable Bieterkämpfe und vierstellige Verkaufspreise.
Bei den Fahrzeugen wurde im Schnitt fast auf Schätzwertniveau geboten, die Ausschläge waren allerdings beträchtlich.
35 Prozent der Fahrzeuge wurden ohne Mindestpreis angeboten, was sicherlich zur guten Verkaufsquote von 56 Prozent beitrug. Weitere 30 Prozent der Fahrzeuglot nämlich wurden “unter Vorbehalt” zugeschlagen und da die Differenzen zum nicht offen gelegten Mindestpreis teilweise gering waren, dürfte die Verkaufsquote nach Nachverhandlungen bei rund 70 Prozent zu liegen kommen.
Begeisterung für die ganz Alten
Drei Fahrzeuge der Firma Millot, spezialisiert auf mobile Arbeitsgeräte Ende des 19. Jahrhunderts, kamen in Toffen unter den Hammer. Schon eine mobile Bandsäge von 1899 übertraf mit einem Verkaufspreis von CHF 13’440 den Schätzwert von CHF 5000 bis 8000 deutlich, die “Autos” im Vis-à-Vis-Stil von 1900 und 1896 kletterten aber noch höher.
Der modernere der beiden Wagen mit luftgefüllten Pneus kam auf CHF 30’800 anstatt CHF 5000 bis 8000, der ältere mit Vollgummi-Reifen von 1886 sogar auf CHF 47’600 oder mehr als das 6,5-fache des Schätzwerts.
Ähnlich erfolgreich setzte sich ein Hochrad von Peugeot aus dem Jahr 1886 in Szene, CHF 9520 wurden dafür bezahlt oder rund das Fünffache des Schätzwerts.
Natürlich ist das Schätzen solcher Raritäten enorm schwierig, die Millot-Fahrzeuge verfügten dazu über keinerlei Zulassungspapiere, weshalb die Toffen-Spezialisten vorsichtig waren bei den Estimates.
Das umkämpfte Käfer Cabriolet
Mehr Erfahrungswerte hat man bekanntlich beim VW 1303S Cabriolet von 1979. CHF 18’000 bis 22’000 erschien schon etwas niedrig für ein wenig gelaufenes und gut erhaltenes Exemplar.
Dies sahen auch die Bieter so, die sich gegenseitig bis zum Höchstgebot von CHF 40’000 hochtrieben, womit das Käfer Cabriolet für CHF 44’800 oder EUR 43’836 den Besitzer wechselte.
Erfolgreiche Exoten
Wie meist in Toffen gab es auch einige echte Exoten zu kaufen. Da war einmal der MEGA Club 4x4 von 1998. Ähnlich einem Citroën Méhari wurde auf einem galvanisierten Chassis mit Kunststoffkarosserie und Technik-Komponenten des Citroën AX ein geländegängiges Freizeitfahrzeug gebaut.
Der Allradler kam beim Publikum gut an, bezahlt wurden schliesslich CHF 8400 (EUR 8219), was rund ein Viertel mehr als erwartet war.
Noch ungewöhnlicher sah der Poncin VP 2000 6x6 von 1982 aus. Er verfügt über sechs Räder und ist ein Amphibiengerät, das sich zum Einsatz im heimischen Ententeich empfiehlt, denn für die Strasse ist es nicht zugelassen.
Dies hielt die Interessenten nicht vom Bieten ab, CHF 11’200 (EUR 10’959) wurden schliesslich für das spezielle Gefährt bezahlt, mehr als das 1,5-fache des Estimates.
Auf eine andere Art exotisch war schliesslich der Sbarro-Ferrari 550 Maranello “Large” von 2000, eines von zwei gebauten und das einzige überlebende Exemplar. Ganz soviel wie geschätzt wollte zwar niemand für den Ferrari mit Bodykit aus dem Hause Franco Sbarro bezahlen, aber schliesslich kam der einzige Ferrari der Versteigerung für CHF 86’800 (EUR 84’932) in eine neue Garage.
Günstige Rolls-Royce und Bentley
Der Rolls-Royce Silver Cloud III gehört zu den besonders majestätischen und eleganten Schöpfungen des Luxusherstellers.
Der angebotene Wagen aus dem Jahr 1963 präsentierte sich ganz in Weiss und in gutem Zustand. CHF 41’440 (EUR 40’548) reichten für den Kauf.
Noch günstiger gab es bei Bentley britischen Luxus zu kaufen. Der Mulsanne S von 1989 ging für CHF 20’160 (EUR 19’726) an den neuen Besitzer, was rund 10 Prozent des einstigen Neupreises ausmachte.
Mässige Nachfrage nach Briten
Generell hatten es britische Automobile beim Toffen-Bieterpublikum dieses Mal nicht einfach. Die fünf Jaguar kamen im Schnitt nur auf Höchstgebote, die etwa 80 Prozent des mittleren Schätzwerts ausmachte. Zwei Jaguar XK blieben unverkauft.
Fast noch schlechter lief es bei Triumph. Das schöne rote TR7 Cabriolet von 1981 wurde für nur CHF 7840 (EUR 7671) verkauft, alle anderen fünf Triumph-Automobile konnten entweder nicht oder nur unter Vorbehalt zugeschlagen werden. So wurden für einen schönen Spitfire 1500 von 1979 nur CHF 9000 geboten.
Auch für zwei offene MGB konnten sich die Bieter nicht wirklich begeistern.
Am besten schlugen sich noch die Land Rover. Ein frühes Serie 1 Exemplar überkletterte den Schätzwert sogar sehr deutlich.
Junge Wilde unter den Erwartungen
Nicht jeder will ein 50-jähriges Auto. In Toffen gab es aber auch für die Youngtimer-Fans interessante Autos zu ersteigern, so etwa drei Cabriolets, die zwar eine moderne Technik an Bord hatten, aber optisch eher an die Sechzigerjahre erinnerten.
Gleich zwei Dodge/Chrysler Viper waren im Angebot und ein MG RV8 von 1995 dazu. Sie konnten zwar alle verkauft werden, aber nicht in allen Fällen gemäss Erwartungen.
Noch etwas schlechter erging es dem angebotenen Lancia HF Integrale von 1991. Geboten wurden nur CHF 24’500, was nur für einen Zuschlag unter Vorbehalt reichte.
Ein echter Kracher war Ende der Neunzigerjahre der Mercedes-Benz C43 AMG T mit seinem V8-Motor. Ein fast 300’000 km gelaufenes Exemplar war in Toffen zu ersteigern, wechselte aber schliesslich für nur CHF 5320 den Besitzer.
Film- und Fernsehautos
Wer sich an den Film “The Graduate” oder die Fernsehserie “The Saint” (oder Simon Templar) erinnert, der schaute sicher auch den Alfa Romeo 1600 Spider Duetto von 1968 oder den Volvo P1800 S aus demselben Baujahr genauer an, zumal sich die Farben mit den Film-/Fernsehautos deckten.
Der Alfa fand dann schliesslich für CHF 41’440 (EUR 40’548) einen neuen Liebhaber, der Volvo für CHF 34’720 (EUR 33’973).
Amerikaner unter den Erwartungen
Rund ein Dutzend Amerikaner kamen am 26. März 2022 unter den Hammer, die meisten verfehlten die Erwartungen deutlich und wurden, wenn überhaupt, unter Vorbehalt zugeschlagen. Gut möglich, dass sich die steigenden Benzinpreise bereits auswirkten.
Insgesamt lief die Versteigerung aber ziemlich gut, auch wenn wohl nicht ganz alle Einlieferer komplett glücklich mit den Ergebnissen gewesen sein dürften. Andere hingegen waren sicherlich zufrieden und auch in der Oldtimer Galerie dürften nach den Nachverhandlungen vorwiegend zufriedene Gesichter zu sehen sein. Und schliesslich steht auch schon bald bereits die nächste Auktion an, die dann am 28. Mai 2022 in Luzern stattfinden wird.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | CHF Est von | CHF Est bis | CHF HG | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
101 | Chrysler LeBaron 3.0 V6 Convertible | 1993 | 5000 | 10'000 | 8000 | 8960 | 8780 | +19.47%
|
V |
102 | Fiat 500 L | 1970 | 12'000 | 15'000 | 9500 | 10'640 | 10'427 | -21.19%
|
V |
103 | Land Rover 86 Series 1 | 1954 | 6000 | 8000 | 17'000 | 19'040 | 18'659 | +172%
|
V |
104 | Triumph TR7 Cabriolet | 1981 | 10'000 | 12'000 | 7000 | 7840 | 7683 | -28.73%
|
V |
105 | MEGA Club 4x4 | 1998 | 5500 | 6500 | 7500 | 8400 | 8232 | +40%
|
V |
106 | Mini 1000 Mayfair | 1982 | 12'000 | 16'000 | 13'000 | 14'560 | 14'268 | +4%
|
V |
107 | Moser Aquadeuche Citroën 2CV | 1985 | 14'000 | 16'000 | 18'000 | 20'160 | 19'756 | +34.4%
|
V |
Möchten Sie alle Auktions-Ergebnisse sehen?
Sie haben Benutzername und Passwort?
Sie können sich auch mit Ihrem Social Login anmelden
Ansonsten erstellen Sie ein neues Login:
Alle Angaben ohne Gewähr
Legende: Spalte S = Status (V = Verkauft, N = Nicht verkauft, Z = Zurückgezogen, U = Unter Vorbehalt)
Est = Estimate/Schätzwert, HG = Höchstgebot, VP = Verkaufspreis