Normalerweise werden in Amelia Island durchaus auch viele ältere Autos versteigert, denn der typische Concours-Besucher interessiert sich natürlich auch für die Vorkriegsgeneration. Gooding & Co ging am 6. März 2020 aber einen anderen Weg und bot eine überraschend junge Auswahl an Klassikern an.
Tatsächlich lag das Durchschnittsalter bei nur etwa 36 Jahren. Trotzdem betrug der Gesamtwert der angebotenen 87 Autos (plus ein Motorrad und ein Fahrzeug im Masstab 1:2) bei eindrücklichen USD 38,2 Millionen. Rund 70 Prozent der Lots werden ohne Mindestpreis angeboten. Für Europäer war die Versteigerung nicht nur wegen der Dominanz deutscher Marken interessant, sondern auch deshalb, weil der USD in den letzten gegenüber Euro und Franken um rund vier Prozent nachgegeben hatte, womit die Fahrzeuge automatisch um den entsprechenden Prozentsatz günstiger wurden für hiesige Käufer. So richtig stark ausgewirkt haben dürfte sich diese Kaufkraftveränderung auf das Ergebnis allerdings nicht.
Starker Fokus auf deutsche Marken
Nur gerade 21 Automarken waren bei Gooding & Co vertreten, ein Viertel davon stammte aus Deutschland. Bezüglich angebotener Fahrzeuge kamen allerdings sind sogar über 60 Prozent aus deutscher Produktion, denn alleine von Audi, BMW, Mercedes-Benz, Porsche, RUF und Volkswagen kamen 56 Wagen unter den Hammer.
Ein Ferrari-Zeichen trugen nur sieben Autos, die restlichen Marken waren mit maximal einer Handvoll Wagen im Katalog.
Richtige Exoten fehlen mit Ausnahme von American Bantam und der enttäuschte mit einem Verkaufspreis weit unter dem Estimate.
Nur ganz wenige alte Autos
Gerade einmal drei Autos stammten aus der Vorkriegszeit, ein weiteres aus der Kriegszeit, der Rest wurde nach 1956 gebaut. Allerdings gehörte der angebotene früher Rolls-Royce 40/50 HP Silver Ghost von 1914 zu den teureren Fahrzeugen der Auktion und er wurde auch für USD 2,205 Millionen (EUR 1,94 Millionen, CHF 2,05 Millionen) verkauft, wenn auch deutlich unter den etwa ein Drittel höheren Erwartungen.
64 Wagen oder mehr als zwei Drittel des Angebots wurden nach 1970 gebaut, 34 sogar erst nach 1990.
Sehr stark vertreten waren die sogenannten Neoklassiker mit Jahrgängen ab 2000, 25 Autos waren dies ingesamt. Sie schnitten im Mittel besser ab als die früheren Fahrzeuge, die Höchstgebote lagen nämlich bei im Durchschnitt bei über 80 Prozent, während dieser Wert beim gesamten Angebot bei 76 Prozent lag.
- Veranstalter (ohne Reisen)
Der originale Lamborghini Miura P400 S
Viel Interesse erregte ein roter Lamborghini Miura P 400 S aus dem Jahr 1969. Mit weniger als 17’000 Meilen auf dem Tacho, unrestauriert und umfangreich dokumentiert, war dieser Wagen sicherlich einer der Höhepunkte der Versteigerung.
Auktionator Charlie Ross nahm Gebote ab USD 800 entgegen, in 50’000er-Schritte ging es bis USD 1,3 Millionen, dann senkte sich der Hammer und der Wagen ging an einen Bieter im Raum. USD 1,435 Millionen (EUR 1,263 Millionen, CHF 1,335 Millionen) musste er schliesslich für den auf USD 1,4 bis 1,8 Millionen geschätzten Mittelmotor-Sportwagen bezahlen.
Kein neuer Besitzer für den Ferrari 250 GT LWB California Spider
Zäher lief der Bieterkampf beim Ferrari 250 GT LWB California Spider von 1958 mit Chassisnummer 0937 GT. Rund eine Viertelstunde hangelten sich die zwei letzten Bieter in 100’000-er-Schritten bis USD 8 Millionen hoch, nachdem das erste angenommene Gebot bei drei Millionen gelegen hatte.
Dem Einlieferer, der sich USD 9 bis 11 Millionen erhofft hatte, war dies nicht genug, der Wagen blieb unverkauft.
Der Porsche mit Schweizer Karosserie
Die Gebrüder Beutler bauten bekanntlich schon sehr früh Karosserien für den Porsche 356. Die ersten Cabriolets wurden in Thun eingekleidet. Später begannen die Beutlers den 356 so umzukarosserieren, dass er mehr Platz bot.
Eines dieser Beutler-Coupés, Chassis 13031, wurde in Amelia Island für USD 400’000 bis 600’000 angeboten. Insgesamt sollen nur fünf dieser Coupés entstanden sein, beim von Gooding angebotenen Wagen soll es sich um eines der beiden Fahrzeuge handeln, die auf dem Beutler-Stand am Genfer Autosalon 1960 ausgestellt wurden. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dies zutreffen könnte, denn von der Farbwahl scheinen die Autos übereinzustimmen.
Mit einem Verkaufspreis von USD 395’500 (EUR 348’040, CHF 367’815) gelangte der seltene Wagen in neue Hände.
Der Rest des Porsche-Angebots mit immerhin 20 Autos besteht aus einigen 911-Modellen, immerhin drei 914-Varianten, aber auch aus sieben Fahrzeugen im Youngtimer- und Neoklassiker-Alter. Dazu gesellten sich noch drei jüngere RUF-Modelle. Sie wurden alle verkauft, mit Ausnahme praktisch neuwertigen 911 Turbo S Cabriolet von 2019.
Am teuersten wurde der erste Produktion-934 von 1976 mit eindrücklicher Renngeschichte, welcher mit USD 1,25 bis 1,6 Millionen eingeschätzt war und schliesslich für USD 1,38 Millionen (EUR 1,214 Millionen, CHF 1,283 Millionen) in neue Hände ging.
Grosse BMW-Auswahl
Insgesamt 18 Fahrzeuge der Marke BMW kamen bei der Gooding-Auktion im Racquet Park in Florida unter den Hammer.
Im Schnitt waren sie exakt 30 Jahre alt. Die Superklassiker wie 507 oder M1 fehlten, dafür gibt es Neoklassiker wie den BMW 1M von 2011 (USD 40’000 bis 60’000), der für überraschende USD 64’960 (EUR 57’165, CHF 60’413) verkauft wurde, und mehrere BMW M3 (E30 und E36) und einen BMW 2002 Turbo von 1974 (USD 150’000 bis 175’000), die allesamt ebenfalls neue Besitzer fanden.
Der M3 E30 von 1988 wurde beispielsweise für USD 112’000 (EUR 98’560, CHF 104’160) verkauft, sicherlich ein guter Preis für einen M3.
Eher ein Schnäppchen war dann der ganz am Schluss versteigerte BMW “Bavaria” von 1971, ein E3 2800, der als sehr original und bestens erhalten beschrieben wurde. Statt der geschätzten USD 25’000 bis 35’000 musste der Käufer nur USD 11’200 (EUR 9’856, CHF 10’416) auslegen.
Klassisches Mercedes-Portfolio
Eher traditionell mutete im Vergleich zum BMW-Angebot die Mercedes-Auswahl an. Da gab es einen 300 SL, zwei 190 SL, eine 280 SL Pagode und einen 560 SL von 1987. Die Estimates lagen teilweise überraschend hoch, so sollte ein 190 SL von 1961 zum Beispiel USD 150’000 bis 180’000 bringen, was mit einer “complete nut-and-bolt rotisserie restoration” erklärt wurde. Schliesslich zahlte der Käufer USD 109’200 (EUR 96’096, CHF 101’556), was zwar deutlich weniger als erwartet, aber immer noch ein guter Preis für einen 190 SL war.
Der Mercdes-Benz 300 SL Roadster von 1957 wurde übrigens für USD 995’000 (EUR 875’600, CHF 925’350) in neue Hände übergeben.
Volkswagen im fünfstelligen Bereich
Immerhin fünf VW-Modelle figurierten auf der Gooding-Lotliste, drei Käfer, ein Karmann-Ghia und ein Westfalia Campmobile. Richtig günstig war keines der Autos eingeschätzt, bieten mussten die neuen Besitzer schliesslich im Schnitt 73 Prozent des mittleren Schätzwerts, um einen Zuschlag zu erhalten.
Das hübsche Karmann-Ghia Coupé von 1965 wechselte für USD 34’720 (EUR 32’290, CHF 30’554) die Hand, für einen VW Käfer von 1973 wurden eindrückliche USD 42’560 (EUR 37’453, CHF 39’581) bezahlt.
Gemischte Ergebnisse bei den Superklassikern
Ganz ohne die auch von anderen Auktionen bekannten Superklassikern ging es natürlich bei Gooding & Co auch nicht.
Der Dino 246 GT von 1973 gehört zu den Superklassikern, das ungewöhnlich lackierte Exemplar wurde mit einem Estimate von USD 325’000 bis 375’000 angekündigt. Soviel wollte aber niemand bieten, bei USD 270’000 wollte niemand mehr höher gehen, der Wagen blieb als eines von sechs Autos unverkauft.
Den Dreizack von Maserati trugen zwei Autos im Angebot, ein Ghibli 4.9 SS Spider von 1972 (verkauft für USD 753’000, EUR 662’640, CHF 700’290) und ein Frua-Quattroporte Series II von 1966 (USD 44’800, EUR 39’424, CHF 41’664).
Der Lamborghini 350 GT von 1964 kostete USD 434’000 (EUR 381’920, CHF 403’620).
Und natürlich durfte man auch den Audi Sport quattro von 1986 (geschätzt auf USD 550’000 bis 700’000) zu den Superklassikern zählen. Allerdings waren die Bieter nicht so spendabel, mehr als USD 420’000 wollte niemand auslegen, auch der Sport quattro blieb damit stehen.
Einige Schnäppchen
Mit einer hohen “No Reserve”-Quote von 70 Prozent war natürlich auch eine hohe Verkaufsquote garantiert, allerdings litten dann die Preise teilweise etwas darunter. So waren auch einige Schnäppchen, zumindest im Vergleich zu den Schätzwerten, möglich, so ging ein praktisch neuwertiger McLaren MSO X von 2018 für nur USD 173’600 in neue Hände über und auch der Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 von 1979 fand für nur USD 39’200 einen neuen Besitzer.
Auch USD 95’200 für eine AC Aceca von 1960 war sicherlich eher günstig.
Insgesamt gut USD 20,8 Millionen kamen an einem Nachmittag zusammen, nicht ganz die erhofften USD 38 Millionen, aber doch ein beträchtlicher Betrag, auch wenn wohl nicht alle Einlieferer glücklich gewesen sein dürften.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | USD Est von | USD Est bis | USD HG | USD VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
001 | American Bantam Roadster | 1938 | 35'000 | 55'000 | 24'000 | 26'880 | 24'998 | 23'654 | -40.27%
|
V |
002 | Mercedes-Benz 560 SL | 1987 | 40'000 | 60'000 | 30'000 | 33'600 | 31'248 | 29'568 | -32.8%
|
V |
003 | Alfa Romeo GTV 2000 | 1974 | 40'000 | 50'000 | 28'000 | 31'360 | 29'164 | 27'596 | -30.31%
|
V |
004 | Porsche 914 2.0 | 1973 | 45'000 | 65'000 | 42'000 | 47'040 | 43'747 | 41'395 | -14.47%
|
V |
005 | Alfa Romeo 8C Competizione | 2008 | 300'000 | 350'000 | 223'000 | 250'000 | 232'500 | 220'000 | -23.08%
|
V |
006 | BMW 535i | 1988 | 30'000 | 50'000 | 34'000 | 38'080 | 35'414 | 33'510 | -4.8%
|
V |
007 | Ferrari Testarossa | 1990 | 100'000 | 120'000 | 92'000 | 103'040 | 95'827 | 90'675 | -6.33%
|
V |
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