An den meisten Versteigerungen sind die Autos heutzutage im Schnitt so 50 Jahre alt, nicht so am 30. Oktober 2020, als Bonhams in London 34 Fahrzeuge aus der Epoche “The Golden Age of Motoring” unter den Hammer brachte.
Gemeinsam war den “Veteranen”, dass sie meist aus langjährigem Besitz stammten und mit wenigen Ausnahmen in gutem Zustand präsentiert werden konnten.
Mit Bietern vor Ort und zuhause kam eine gute Dynamik auf, trotzdem konnte nur die Hälfte der Autos verkauft werden.
Wenig bekannte Marken
Die 34 Autos verteilten sich auf 27 Marken, darunter natürlich bekanntere und heute noch gebräuchliche wie Rolls-Royce oder Bentley, aber im Grossen und Ganzen eher Hersteller, die schon lange vergessen gegangen sind, z.B. Alta, Arrol-Johnston, Crestmobile, Darracq, Delage, Fowler, Lanchester, Métallurgique, Rambler, Sunbeam, Thornycroft, Vauxhall, White oder Woods.
Der Vorgänger der AC Cobra
Nach vielen Automobilia und einigen historischen Fahrrädern, die zu ansehnlichen Preisen neue Besitzer fanden, war als erstes “Automobil” der AC Sociable von 1910 an der Reihe. John Weller war der Konstrukteur des Auto-Carrier, ein Dreirad mit luftgekühltem 636 cm3 grossen Einzylindermotor. Ab 1904 wurde der Auto-Carrier vor allem an Gewerbetreibende verkauft, denn er war praktischer für Transportaufgaben als eine Pferdekutsche oder als Fahrräder.
1907 schob man eine Version für die Beförderung von Passagieren nach. Aus Auto-Carrier wurde AC und die neue Variante wurde als AC Sociable bekannt. Auktionator Malcolm Barber meinte, dieser AC sei sozusagen der Vorgänger der Cobra gewesen.
Erwartet für das Exemplar von 1910 waren £ 22’000 bis 28’000 worden, doch bei £ 18’000 versiegten die Gebote. Das Dreirad wurde trotzdem verkauft und fand für £ 20’700 in einen neue Garage.
Ein Panhard et Levassor mit Vorgeschichte
Willkommen bei der Fahrt von London nach Brighton dürfte man mit dem Panhard et Levassor Type A2 7hp Twin-Cylinder Rear-Entrance Tonneau von 1901 sein, der sich einst in der Schlumpf- und später der Mercedes-Sammlung befand.
£ 225’000 bis 275’000 waren geschätzt, mit £ 100’000 wurde eröffnet, £ 280’000 nach ausdauernd geführten Verhandlungen geboten, womit der Wagen den neuen Besitzer inkl. Aufpreis £ 322’000 kostete.
Auch der Thornycroft 20hp Four-Cylinder Double Phaeton von 1903 konnte schon auf erfolgreiche Teilnahmen beim Rennlauf von London nach Brighton zurückschauen (100 Prozent Zielankünfte) und auch dieser Wagen befand sich nun über 30 Jahre im selben Besitz.
Komplett restauriert und einst gefahren vom Besitzer der Marke sollte der offene Wagen nun £ 340’000 bis 360’000 kosten. Soviel wollte niemand bieten, für £ 304’750 wurde er trotzdem verkauft.
Eine Lokomotive für die Strasse
Mehr nach Dampflokomotive als nach Auto sieht die Fowler 10hp B6 Showman's Road Locomotive 'The Lion' von 1932 aus. Trotzdem kann sie dank Vollgummireifen auf der Strasse fahren. Jetzt sollte die Strassenlokomitive auf £ 800’000 bis 1,2 Millionen kommen.
Das schaffte sie knapp, das Höchstgebot lautete £ 800’000, womit der Fowler also £ 911’000 (EUR 1,01 Millionen, CHF 1,08 Millionen) kostete.
Der dampfbetriebene White
Rund 10’000 White Automobile mit Dampfantrieb wurden in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts gebaut, etwa 150 sollen überlebt haben. Das angebotene Model O-O Five Passenger Touring Steam Car von 1910 war im Vorfeld auf £ 48’000 bis 55’000 geschätzt worden.
Die Bieter sahen das aber anders und steigerten sich bis 70’000 hoch, als rund 40 Prozent über den mittleren Schätzwert. £ 80’500 lautete damit der Verkaufspreis inkl. Kommission.
Besondere Rolls-Royce
£ 1,0 bis 1,3 Millionen sollte der frühe Rolls-Royce 40/50 HP Silver Ghost von 1911 mit einmaliger Karosserie von Joseph A Lawton & Co (Liverpool) kosten. Der Wagen war seit 1995 beim selben Besitzer und hat in dieser Zeit offensichtlich gegen 20’000 Kilometer ohne Probleme zurückgelegt, obschon die Restaurierung schon länger zurückliegt. Die Bieter waren zwar bereit bis £ 900’000 zu gehen, aber nicht weiter. Der Rolls blieb unverkauft.
Ähnlich erging es dem etwas jüngeren Rolls-Royce Phantom III Sedanca de Ville von 1936, während der 40/50hp Silver Ghost Doctor's Convertible Coupé von 1920/21 für £ 90’850 in neue Hände kam.
Mehrere Lagondas
Mit drei Autos war Lagonda bei der Versteigerung an der New Bond Street überdurchschnittlich stark vertreten.
Neben einem M45 4,5 Litre Tourer von 1933 (£ 200’000 bis 250’000). der nicht verkauft werden konnte (Höchstgebot £ 180’000), kamen gleich zwei der Vorkriegs-Zwölfzylinder als Drophead Coupé von 1938 und als Sports Saloon von 1939) unter den Hammer. Sie fanden für £ 132’250 und £ 60’950 neue Besitzer.
Ein schneller Alta und seine Verbindung zu Alfa
Ein Rennsport-Juwel war der Alta 1½-Litre Supercharged Sports von 1932. Dem Wagen wurde sogar eine Renngeschichte mit Brooklands-Teilnahmen nachgesagt. Bereits vor vielen Jahrzehnten hatte ihn das Werk in einen zweisitzigen Sportwagen umgebaut und im neuen Jahrtausend halfen dann Teile eines Alfa Romeo 8C Motors, den Alta wieder zum Laufen zu bringen. Da erschienen die geschätzten £ 75’000 bis 90’000 fast schon günstig, zumal man mit einem gut laufenden Alta immer vorne dabei ist bei historischen Autorennen.
Die Bieter waren aber offensichtlich der Ansicht, dass der Estimate auf der richtigen Höhe läge und gingen bis £ 79’000, was schliesslich günstige £ 90’850 als Verkaufspreis für den Alta bedeutete.
Etwas teurer sollte der Bugatti Type 40 Grand Sport Tourer von 1929 werden, der seit 1957 im selben Besitz war, allerdings vor sehr vielen Jahren restauriert wurde. Nun waren £ 270’000 bis 330’000 gefragt. Geboten wurde exakt der untere Estimate, £ 310’500 lautete damit der Verkaufspreis.
Mit einer Verkaufsquote von 50 Prozent kann man eigentlich nicht ganz zufrieden sein, doch konnten einige der teureren Fahrzeuge erfolgreich verkauft werden, so dass am Schluss die Rechnung wohl trotzdem aufging für Bonhams. Für die Besucher und Zuschauer (online) war die Versteigerung fast eine Auto-Geschichtslektion, wozu die hübschen Filmchen aus der Vergangenheit auch noch ihren Teil beitrugen. Der Unterhaltungswert jedenfalls war beachtlich.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | £ Est von | £ Est bis | £ HG | £ VP | CHF VP | EUR VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
201 | AC Sociable | 1910 | 22'000 | 28'000 | 18'000 | 20'700 | 24'633 | 22'977 | -17.2%
|
V |
202 | Rover 8hp Tourer | 1910 | 30'000 | 40'000 | 27'500 | N | ||||
203 | Maxwell Model AB Runabout | 1911 | 20'000 | 22'000 | 17'000 | 19'550 | 23'264 | 21'700 | -6.9%
|
V |
204 | Lancia Lambda 8th-Series Grande Luxe Saloon | 1928 | 70'000 | 100'000 | 60'000 | N | ||||
205 | Rolls-Royce 40/50hp Silver Ghost Doctor's Convertible Coupé (1920/21) | 1920 | 80'000 | 100'000 | 79'000 | 90'850 | 108'111 | 100'843 | +0.94%
|
V |
206 | Thornycroft 20hp Four-Cylinder Double Phaeton | 1903 | 340'000 | 360'000 | 265'000 | 304'750 | 362'652 | 338'272 | -12.93%
|
V |
207 | Delage CO2 4½-Litre Dual Cowl Tourer | 1922 | 90'000 | 120'000 | 85'000 | 97'750 | 116'322 | 108'502 | -6.9%
|
V |
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