Eigentlich hätte Artcurial wie jedes Jahr anlässlich der Rétromobile Paris anfangs Februar 2021 rund hundert Autos versteigern wollen. Aber im zweiten Corona-Jahr ist weiterhin nichts wie sonst und so verschob Artcurial die Rétromobile-Versteigerung in den Sommer und organisierte stattdessen am 5. Februar 2021 die “Parisienne” im Hôtel Dassault in der französischen Hauptstadt.
42 Fahrzeuge wurden angeboten und vor einen kleinen Vorort-Publikum, aber mit Beteiligung der halben Welt am Internet-Browser oder über den Telefonapparat während gut zwei Stunden versteigert.
Im Schnitt waren die Fahrzeuge, darunter auch zwei Zweiräder, 52 Jahre alt. Neuklassiker gab es bei Artcurial keine zu kaufen, der jüngste Wagen stammt aus dem Jahr 1995, sein Gegenpart am anderen Ende der Skala wurde im Jahr 1913 gebaut.
Auf EUR 29’971’000 waren alle Fahrzeuge zusammen geschätzt worden. Ein gutes Drittel der Lots wurde ohne Mindestpreis angeboten.
Der wertvolle Le-Mans-Sieger
Als fünftes Fahrzeug kam der Matra MS 670 von 1972 mit Chassis 670-01, geschätzt auf EUR 4 bis 7,5 Millionen, unter den Hammer. Mit diesem Wagen gewannen Henri Pescarolo und Graham Hill die 24 Stunden von Le Mans im Juni 1972. Ausgerüstet mit einem Zwölfzylinder mit 416 PS bei 9800 U/min und einem ZF-Getriebe überstand der Rennprototyp die Strapazen des Langstreckenrennens. Und nicht nur das, zum Abschluss seiner Karriere war er mit Pescarolo/Larrousse auch noch im 1000-km-Rennen im Juni 1973 siegreich.
Maître Poulain nahm das erste Gebot mit EUR 3 Millionen entgegen, bereits bei 4,1 Millionen war das Limit überschritten, aber in einem langatmigen Bieterkampf stieg das Höchstgebot noch auf EUR 5 Millionen.
Gemäss Artcurial errechnet sich damit der Käuferpreis mit EUR 6’907’200, denn auf das Höchstgebot wurde erst 20 Prozent Mehrwertsteuer aufgerechnet und danach die Bieterkommission samt Mehrwertsteuer auf diese. Ein professioneller Käufer oder ein Bieter im Ausland erhielt den Wagen allerdings deutlich günstiger.
Gruppe-B-Ikonen
Nur selten kommt eine derartig vollständige Sammlung an Gruppe-B-Rallye-Autos unter den Hammer wie am 5. Februar 2021 bei Artcurial in Paris. Und die schnellen Renner enttäuschten nicht.
Richtig brillieren konnte ein Audi Sport Quattro S1 von 1988, der inkl. Mehrwertsteuer für EUR 2’016’600 verkauft wurde und ihn zum teuersten je an einer Auktion veräusserten Rallye-Auto machte. Er war dem Käufer damit doppelt so wertvoll, wie es der Schätzwert hatte erwarten lassen.
Ebenfalls über dem Estimate konnte ein Peugeot 205 Turbo 16 Evolution 2 von 1985 verkauft werden, inkl. Kommission und Mehrwertsteuer erreichte er EUR 977’440.
Auch ein Ford RS 200 von 1986, ein Lancia Delta S4 von 1986 und ein Renault 5 Maxi Turbo von 1985 erreichten stolze Notierungen, während ein MG Metro 6R4 von 1985 als einziger der Gruppe keinen neuen Besitzer fand.
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Nicht geschätzte DTM-Evolutionsfahrzeuge aus Deutschland
Offensichtlich konnten die Artcurial-Bieter mit Gruppe-B-Rennfahrzeugen deutlich mehr anfangen als mit den Strassenversionen von Tourenwagen-Evolutionsmodellen.
So wurde ein BMW M3 Evo 2 von 1988 für gerade einmal EUR 60’000 zugeschlagen.
Und für den sonst zu Höchstpreisen gehandelten Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evo II von 1990 wollte niemand mehr als EUR 165’000 bieten, womit der Wagen sogar stehenblieb.
Kein Herz für Vorkriegsraritäten
Mit als wertvollsten Wagen der Versteigerung hätte ein Bugatti 55 Roadster mit Vanvooren-Karosserie aus dem Jahr 1932 resultieren sollen. Eine besondere Geschichte und ein hoher Originalitätsgrad sollten den Wagen mit Chassis 55204, der einst die Rallye Lyon-Charbonnières gewann, zu einem der teuerste Bugatti aller Zeiten machen.
Doch bereits bei EUR 3,3 Millionen und deutlich unter den geschätzten EUR 4 bis 6 Millionen stoppten die Gebote, der Bugatti blieb unverkauft.
Als zweiter Vorkriegswagen kam ein Brasier 16 HP Limousine von 1913 unter den Hammer. Hier hätten EUR 40’000 bis 60’000 gereicht, doch selbst für das Anfangsgebot von EUR 25’000 wollte sich kein Bieter für den Wagen interessieren.
Britische Sportwagenklassiker
Mit neun britischen Sportwagen konnte Artcurial eine interessante Auswahl an GT-Klassikern offerieren. Sie wurden mit Ausnahme eines AC Ace Bristol auch allesamt verkauft, doch lagen die Gebote im Schnitt nur bei 76 Prozent des mittleren Schätzwerts.
So kamen Enthusiasten für vergleichsweise bescheidene EUR 210’000 Höchstgebot zu einem Aston Martin DB4 von 1961 oder für EUR 150’000 zu einem Arnolt Bristol Deluxe Roadster aus dem Jahr 1958.
Deutlich teurer, wenn auch nicht ganz die Erwartungen erfüllend, wurden ein Aston Martin DB5 Vantage von 1965 (Höchstgebot EUR 690’000), ein Aston Martin (DB5) Short Chassis Volante von 1965 (EUR 975’000) und ein DB4 GT von 1959 (EUR 1.15 Millionen).
Positiv überraschen konnte dafür ein überaus seltenes Bristol 405 Cabriolet von 1955. Das Höchstgebot überstieg mit EUR 145’000 den mittleren Schätzwert (EUR 100’000 bis 150’000) deutlich.
Gut in die Reihe hätte auch noch ein Bentley Continental R von 1954 gepasst, der für EUR 1,4 bis 1,8 Millionen angeboten wurde, aber schliesslich bei EUR 1,28 Millionen strauchelte.
Verschmähte italienische Granturismi
Wer mehr den italienischen GT-Sportwagen hätte in Paris auch einige Male zuschlagen können, doch erfreuten sich die Italiener nach dem Gruppe-B-Feuerwerk nicht so ganz der Bietergunst.
Das Gros der Wagen blieb unverkauft, darunter ein Lamborghini 400 GT 2+2 von 1967 (Höchstgebot EUR 330’000), ein Lancia B24 Spyder America von 1955 (ERU 480’000) oder ein Ferrari 512 BB von 1980 (EUR 190’000).
Nur gerade ein Ferrari 400i von 1982 und ein F355 Challenge gelangten erfolgreich in eine neue Garage.
Günstige Zwerge
Neben den bereits erwähnten Klassikern konnte man in Paris auch auf zwei Kleinstautomobile bieten. Neben einem Messerschmitt KR200 Cabriolet von 1957 (EUR 35’000 bis 50’000) fiel vor allem der (oder die?) Rollera von 1958 aus dem Rahmen. Entwickelt wurde dieses Rollermobil von Brütsch in Deutschland, eine Lizenz wurde nach Frankreich verkauft und so entstanden ein paar Dutzend Rollera in Frankreich, ausgerüstet mit dem Isard-124-cm3-Zweitakt-Einzylindermotor, gut für rund 6 PS. Damit war man durchaus sportlich unterwegs, schliesslich war das Gewicht gering und die Stirnfläche überschaubar.
Jetzt hätte die rare und komplett restaurierte Rollera EUR 30’000 bis 50’000 kosten sollen, aber mehr als EUR 22’000 wollte niemand bieten, nach 30 Sekunden war es vorbei. Weil sie wie 38 % der Fahrzeuge ohne Mindestpreis angeboten wurde, gelang der Verkauf.
Ähnlich erging es dem Messerschmitt, hier liess sich ein Höchstgebot von EUR 30’000 notieren.
Zu den prominenten Not-Sold-Lots gehörte neben den bereits erwähnten Fahrzeuge auch ein Porsche 550A Spyder von 1957, der auf EUR 3,8 bis 4,4 Millionen geschätzt war, aber nicht über EUR 3,5 Millionen kam.
Insgesamt aber dürfte Artcurial mit dem Ergebnis aber trotzdem zufrieden gewesen sein, auch wenn die Gebote im Schnitt “nur” bei 79% des mittleren Schätzwerts zu stehen kamen und mit EUR 15,877 Millionen (ohne Mehrwertsteuer) oder EUR 18,300 Millionen (inkl. Mehrwertsteuer) die angepeilten EUR 30 Millionen nicht ganz realisiert werden konnte. Immerhin hatte man den Matra und die Gruppe-B-Autos zu sehr guten Preisen verkaufen können und das ist doch schon einmal etwas inmitten einer weltweiten Pandemie.
Angebotene und verkaufte Fahrzeuge
Die folgende Tabelle listet alle angebotenen und verkauften Fahrzeuge mit Schätzpreisen, Höchstgeboten und Verkaufspreisen. Die Preis-Umrechnung erfolgte zum am Auktionstag gültigen Tageskurs. Alle Angaben ohne Gewähr.
Lot | Fahrzeug | Jahr | EUR Est von | EUR Est bis | EUR HG | EUR VP | CHF VP | % Est | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | BMW R 80 G/S Paris-Dakar | 1985 | 30'000 | 50'000 | 20'000 | N | |||
02 | Piaggio Vespa Faro Basso 125 | 1951 | 8000 | 14'000 | 4500 | 5220 | 5637 | -52.55%
|
V |
03 | Fiat 500 Lusso | 1971 | 15'000 | 25'000 | 12'000 | 13'920 | 15'033 | -30.4%
|
V |
04 | Alpine-Renault A110 1600 SC/VD | 1973 | 90'000 | 130'000 | 85'000 | 98'600 | 106'488 | -10.36%
|
V |
05 | Matra MS 670 | 1972 | 4'000'000 | 7'500'000 | 5'000'000 | 5'636'000 | 6'086'880 | -1.98%
|
V |
06 | Ford RS200 usine | 1986 | 250'000 | 400'000 | 320'000 | 371'200 | 400'896 | +14.22%
|
V |
07 | Peugeot 205 Turbo 16 Evolution 2 | 1985 | 600'000 | 800'000 | 820'000 | 951'200 | 1'027'296 | +35.89%
|
V |
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Offensichtlich eine Klage ehemaliger Matra Mitarbeiter gegen die Sammlung Matra / Matra
link: https://classiccarcuration.co.uk/le-mans-24-hour-winning-matra-ms670-to-be-controversially-sold/
Thomas