Der Volvo VESC war kein besonders schönes Concept Car. Dafür kombinierte er über 20 Sicherheitssysteme und dazu neue Techniken zur Abgasreduktion. Innovationen, die in einem seit 1969 mit insgesamt zehn Fahrzeugen durchgeführten Safety-Car-Prototypen-Programm erfolgreich erprobt wurden und später überwiegend in neue Volvo-Serienmodelle einflossen.
Volvo VESC als Vorbote der neuen Fahrzeugsicherheit
Die Sicherheitsgurte als bis heute wichtigste Sicherheitsinnovation sind bei Volvo bereits seit 1959 Serienstandard. Eine Weiterentwicklung präsentierte das Volvo VESC: Semi-passive vordere Sicherheitsgurte, die sich beim Motorstart automatisch anlegten bzw. automatisch aufrollten, wenn der Fahrer den Motor abstellte und das Fahrzeug verließ.
Ergänzend gab es im Volvo Fahrer- und Beifahrerairbags sowie erstmals in die Hutablage integrierte Airbags für die Fondpassagiere. Neu im Fond waren zudem Sicherheits-Kopfstützen. In die Frontsitze wurden außerdem Kopfstützen integriert, die sich bei einem Unfall automatisch aufstellten. Mehr Schutz bei einer Frontalkollision bot der tief installierte Motor, der sich dann unter die Fahrgastzelle schob, während die vorgespannte Lenksäule um 15 Zentimeter nach vorne sprang, also weg vom Fahrer.
Die steife Sicherheitskarosserie wurde durch ein Netzwerk stabiler Träger, innovativen Seitenaufprallschutz und einen massiven Überrollkäfig geschützt. Der Tank wurde kollisionsgeschützt mittig unter die zweite Sitzreihe montiert und die Kraftstoffzufuhr bei Unfällen automatisch unterbrochen. Selbst bei einem Sturz aus 2,40 Meter Höhe auf das Fahrzeugdach wurde dieses nur um gut 7,5 Zentimeter eingedrückt.
Kleinere Kollisionen mit Geschwindigkeiten von bis zu 16 km/h bewirkten keinerlei bleibende Verformungen an der Karosserie des Volvo VESC, denn davor schützten 18 Zentimeter dicke Teleskopstoßstangen. Futuristisch wirkte 1972 nicht nur ein Vorläufer heute aktueller ABS-Bremssysteme, sondern auch dieses Fahrerassistenzsystem: Eine Rückfahrkamera mit Röhren-Monitor im Cockpit erleichterte und sicherte Rangiervorgänge.
Hinzu kamen ein damals neuartiger akustischer Rückfahrwarner und ein Heckscheiben-Wischer mit Waschanlage. Warnleuchten in den geöffneten Türen gab es im Volvo VESC übrigens ebenso wie eine lastabhängige automatische Höheneinstellung der Scheinwerfer, die wiederum durch eine integrierte Waschvorrichtung von Verschmutzungen gesäubert wurden.
Vom Prototyp in die Großserie
Im Forschungsfahrzeug Volvo VESC vermittelten viele zukunftsweisende Sicherheitsfeatures noch den Eindruck von Science-Fiction, aber schon im Jahr 1974 wurden einige der Innovationen im Volvo 240 neuer Serienstandard und damit automobiler Alltag. Die Sicherheitsausstattung im Volvo 240 überzeugte auch die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA, welche dieses bis 1993 gebaute Modell als Referenzbaureihe für ihre gesamte Sicherheitsforschung nutzte.
So war der Volvo 240 in einer von Verkehrssicherheitsexperten empfohlenen, gut erkennbaren Signalfarbe bestellbar, die dem Orange des Versuchsfahrzeugs VESC ähnelte. Auch die gewaltig großen Kunststoffstoßfänger des Volvo 240 waren wurden vom Safety Concept abgeleitet. Neu war zudem der Nachhaltigkeitsansatz des Volvo VESC, der Prototyp überraschte mit der Einführung eines EGR-Abgasrückführungssystems mit Katalysator. Nur vier Jahre später erfolgte in Kalifornien der Vertriebsstart des Volvo 240 als weltweit erstem Pkw mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator und Lambdasonde.
Als besonders große Meilensteine der Sicherheitsforschung und Entwicklung nachhaltiger Fahrzeugtechniken sind heute sowohl das Volvo Experimental Safety Car als auch der Volvo 240 Bestandteile der Sammlung im Volvo-Museum in Göteborg.
Im Zwischengas-Zeitschriftenarchiv gibt es einen ausführlichen Bericht über den Volvo VESC.