Nach einigen Tagen des Brodeln der Gerüchteküche wurde nun von RM/Sotheby’s bestätigt, dass der Mercedes-Benz 300 SLR mit Chassisnummer 196.110-00008/55 in Form des Uhlenhaut-Coupés für EUR 135 Millionen verkauft werden konnte.
Geplant war der 300 SLR als Coupé für einen Einsatz an der Carrera Panamericana, doch der Unfall in Le Mans im Jahr 1955 führte dazu, dass sich Mercedes-Benz komplett vom Rennsport zurückzog. Die zwei entstandenen Uhlenhaut-Coupés, benannt nach dem Ingenieur Rudolf Uhlenhaut dahinter, wurden sozusagen Makulatur und zum Strassenauto ohne Rennambitionen.
Chassis 196.110-00008/55
Chassis 196.110-00008/55 ist das zweite und letzte "Uhlenhaut-Coupé". Die ersten Arbeiten fanden im Dezember 1955 statt, sechs Monate später wurde ein Eberspächer-Schalldämpfer für den Einsatz auf der Strasse nachgerüstet. Eine Woche später, am 29. Juni 1956, wurde der Wagen als fahrbereit eingestuft. Der Wagen blieb bis heute im Besitz von Mercedes-Benz. Zunächst diente er für Vorführfahrten in Europa mit Würdenträgern wie dem Herzog von Kent und Lord Brabazon, und es ist bekannt, dass das Unternehmen das Coupé zwischen 1961 und 1963 in den USA einsetzte. Berühmt ist der 3500-km-Fahrtest der Automobil Revue mit dem Wagen aus dem Jahr 1956.
Ab Mitte der 1960er-Jahre wurde der 300 SLR von Mercedes-Benz auf zahlreichen Veranstaltungen ausgestellt.
Von Januar bis Juli 1986 wurde der Wagen zur Restaurierung zu Tony Merrick geschickt, einem der bedeutendsten Restauratoren historischer Fahrzeuge und Rennvorbereitungsspezialisten seiner Zeit.
Nach der Restaurierung nahm der Wagen im August 1986 am Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring teil, bevor er in einem Artikel in der Zeitschrift Road & Track und später auf dem Internationalen Automobilsalon in Genf 1988 vorgestellt wurde. Es folgten ausgedehnte Ausstellungen in einer Reihe bedeutender Museen und gelegentliche Auftritte bei hochrangigen Motorsport- und Concours d'Elegance-Veranstaltungen, darunter beim Goodwood Festival of Speed, beim Großen Preis von Deutschland 1999 in Hockenheim und beim Pebble Beach Concours d'Elegance im Jahr 2001, sowie ein Auftritt in der Mercedes-Benz-SLR-McLaren-Broschüre, als jener 2003 vorgestellt wurde.
Das Chassis 196.110-00008/55 kann auf eine lange Liste von Auftritten bei vielen offiziellen Veranstaltungen von Mercedes-Benz zurückblicken, die vom Hersteller stets als bedeutender Meilenstein in seiner Geschichte gefeiert wurden und im Mittelpunkt der weltweiten Marketingkampagnen der Marke standen.
Mercedes-Benz liess via Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Mercedes‑Benz Group AG folgendes verlauten:
"Die 300 SLR Uhlenhaut Coupés sind Meilensteine der Sportwagen-Entwicklung und wichtige historische Eckpfeiler unserer Marke. Die Entscheidung, einen der beiden einzigartigen Sportwagen zu verkaufen, wurde wohl überlegt getroffen zugunsten eines guten Zwecks. Den höchsten Preis zu erzielen, der jemals für ein Fahrzeug gezahlt wurde, ist eine Ehre und ein Auftrag zugleich: Ein Mercedes-Benz ist mit Abstand das wertvollste Auto der Welt. Mit dem Erlös aus der Auktion wird ein weltweites Stipendienprogramm finanziert. Mit dem «Mercedes-Benz Fund» möchten wir eine neue Generation ermutigen in die innovativen Fußstapfen von Rudolf Uhlenhaut zu treten und großartige, neue Technologien zu entwickeln, insbesondere zu Dekarbonisierung und Ressourcenschonung."
Mit dem Verkauf wurde eines dieser beiden besonderen Autos offenbar als nicht mehr essentiell für die Mercedes-Benz-Sammlung gesehen. Ein weiteres Uhlenhaut-Coupé befindet sich ja noch im Besitz der Stuttgarter. Für EUR 135 Millionen (CHF 138,6 Millionen) fand Chassis 55 nun als teuerstes Auto der Welt einen neuen Besitzer. Mit diesem Preis erreicht der Wagen allerdings nicht ganz die Bewertung des ebenfalls neulich versteigerten Kunstwerks “Shot Sage Blue Marilyn” von Andy Warhol, welches für USD 195 Millionen einen neuen Besitzer fand. Was wohl passieren würde, wenn der einmalige BMW M1, der von Warhol bemalt wurde, je zum Verkauf angeboten würde?
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Wie sonst konnte es passieren, daß der Original-Renntransporter ("Das blaue Wunder") Ende der 50er / Anfang der 60er VERSCHROTTET worden ist, "weil man ihn nicht mehr brauchte"!?!
Oder: Kann sich jemand mit nur ein bisschen Hirn vorstellen, daß Walter Kostelezky (Ende der 50er Leiter der Sportabteilung von Mercedes-Benz) angewiesen wurde, "in der Abteilung Platz zu schaffen" (!), woraufhin praktisch der gesamte Bestand an Ersatzteilen für die Wagen von 1954 und '55 auf den Schrott kam? Das ist im übrigen der Grund dafür, warum manch ein (fahrtüchtiger) W196 nicht mehr mit seinem ursprünglichen Zweieinhalbliter-Motor angetrieben wird.