In gut einer Woche erwacht wieder die Königin aller Langstreckenrennen aus ihrem jährlichen Tiefschlaf und startet zum 85. Mal.
Die 24 Stunden von Le Mans, erstmals 1923 ausgetragen, gehört noch heute zu den wichtigsten Terminen im Motorsportkalender und brilliert mit unzähligen Werkteams von vielen Automarken aus den USA, Europa und Asien. Aufgrund der langen Dauer des eigentlichen Rennens ist es eben viel mehr als nur ein normales Autorennen, Fans harren bis tief in die Nacht entlang der Strecke aus und verfolgen den spannenden Verlauf des Rennens auf Grossleinwänden und Radios. Aber nicht nur das Rennen ist wichtig, in der Le-Mans-Woche verwandelt sich das Städtchen ”Le Mans” südwestlich von Paris zum Hot-Spot der motorsportlichen Sportwagen-Szene. Dies war auch früher so.
Le Mans Fahrzeuge im Vergleich
Während 1923 gerade mal 33 Fahrzeuge am Start waren, sind es dieses Jahr deren 60. Wie vergleichen sich eigentlich die Fahrzeuge über die unterschiedlichen Epochen? Wir wagten einen Vergleich zwischen ein paar Le-Mans-Siegern:
Jaguar D-Type XKD (1955) | Porsche 917 KH (1971) | Porsche 956 (1982) | Porsche 919 Hybrid (2016) | |
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Top Speed | 280 km/h | 354 km/h | 355 km/h | 340 km/h |
Gewicht | 880 kg | 800 kg | 840 kg | 870 kg |
Motor | 3.4 Liter Benziner 6 Zylinder | 4.9 Liter Benziner 12 Zylinder | 2.65 Liter Twinturbo 6 Zylinder | 2 Liter Turbo 4 Zylinder |
PS | 270 PS / 204 KW @ 6,000 rpm | 600 PS / 448 KW @ 8,300 rpm | 620 PS / 463 KW @ 8,200 rpm | 500 PS + 400 PS (electric) |
Drehmoment | 325 Nm @ 4,000 rpm | 563 Nm @ 6,400 rpm | 600 Nm @ 5,000 rpm | n/a |
Anzahl Runden | 300 | 397 | 359 | 384 |
Auf den ersten Blick verwundern die doch sehr ähnlichen Zahlen, das Gewicht bewegt sich bei allen Kandidaten innerhalb eines 10%-Bands. Die Höchstgeschwindigkeiten liegen ebenfalls ziemlich nahe zusammen, auch wenn diese bei den neueren Rennwagen wohl durch das Reglement limitiert werden. Die Motoren machten eigentlich die grösste Veränderung durch, von 12 bis 4 Zylinder war da alles auf der Strecke anzutreffen.
Die Rundenzahlen müssen mit Vorsicht vergleichen werden, denn das Streckenlayout von Le Mans hat sich einige Male verändert, bezüglich Rundenzeiten war die Änderung von 1990 wohl am wichtigsten als die zwei Schikanen auf der langen Geraden «Les Hunaudières» eingebaut wurden. Die 397 Runden des Porsche 917 sind aber auch so noch ziemlich imposant.
Sieger der Vergangenheit
Geht man in Dekadenschritten zurück in die Vergangenheit und betrachtet die Sieger der 24 Stunden von Le Mans, sieht man förmlich die Evolution im Rennsport:
1927: Bentley 3 Litre Super Sport
Eigentlich müssten die "Bentley Boys" dieses Jahr Ihr 90-jähriges Jubiläum feiern, denn 1927 gewann zum ersten Mal ein Bentley das Langstreckenrennen.
1937: Bugatti Type 57G Tank
1947: kein Rennen (Strecke befand sich noch im Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg)
1957: Jaguar D-Type
1967: Ford GT40 Mk IV
1977: Porsche 936/77
1987: Porsche 962C
1997: TWR Porsche WSC-95
2007: Audi R10 TDi
2017: Porsche 919 hybrid, Toyota TS050 Hybrid oder gibt es einen Überraschungssieger?
Überblick 2017-er Edition: LMP2 schneller als LMP1
Letztes Jahr wurde die Boxengasse um vier weitere Plätze erweitert, so starten auch dieses Jahr wieder 60 Fahrzeuge. Erstmals seit 1991 werden diesjährig aber alle teilnehmenden Fahrzeuge mit Dach sein. Die Zeiten von den offenen Rennern wie dem Porsche RS Spyder scheinen vorbei zu sein.
Die Fahrzeuge sind weiterhin in vier Kategorien eingeteilt: LMP1, LMP2, GTE Pro, GTE Am. LMP1 bildet dabei nach wie vor die Königsklasse, aus welcher man jeweils den Gesamtsieger erwartet. Weil Audi letztes Jahr den Ausstieg bekannt gab, treten dieses Jahr nur noch zwei Hersteller in dieser Kategorie an: Porsche gegen Toyota. Das Duell dürfte aber spannend werden, wenn man sich an letztes Jahr erinnert.
Neu sind aber die LMP2-Fahrzeuge dank Reglementsanpassungen viel schneller unterwegs. Auf der langen Geraden, der Hunaudières, werden die LMP2 Fahrzeuge wohl die LMP1 überholen, in der Rundenzeit sind sie dann aber doch zirka 10 Sekunden langsamer. Das Reglement der LMP2 erlaubt vier Modelle und einen Einheitsmotor. Zum ersten Mal sind alle vier Modelle am Start: Oreca 07, Ligier JS P217, Dallara P217 und Riley Mk30. Der Motor wird von Gibson geliefert (4.2L V8).
In der GT-Klasse treten strassennahe Boliden von Porsche, Ferrari, Aston Martin, Corvette und Ford an.
Vorjahres-Sieger ist Porsche. Bis zu ein paar Minuten vor Schluss des Rennens waren sich aber alle sicher, dass Toyota den Sieg heimfahren würde. Pilot Kazuki Nakajima hatte einen Leistungsverlust zu beklagen und musste den sicher geglaubten Triumph noch abgeben. Ein harter Gefühlswechsel, aber genau dieser prägt ein Langstreckenrennen wie Le Mans, niemand darf sich des Sieges sicher sein, ausser er hat das Ziel erreicht. Ein bekanntes Sprichwort von Le-Mans-Fahrern lautet deshalb «To finish first, you must first finish» (wer gewinnen will, muss zuerst das Rennen fertig fahren).
Alle Le-Mans-Sieger von 1923 bis 2016 in einer grafischen Übersicht
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