Es war einst der Raid Suisse-Paris, dessen Zürcher Teilnehmer sich im Vorfeld zu einem Prolog trafen. Das Ziel nach dem Treffen am Mittwoch war es, danach in Richtung Basel loszufahren, um die erste grosse Schweizer Oldtimer-Rallye – eben von Basel nach Paris – am darauffolgenden Donnerstag mitzufahren. Der Raid fährt heute gen Osten, in den Süden oder auch schlicht durch die Schweiz. Eine Veranstaltung auf dem Bürkliplatz im August und an einem Mittwoch aber, die ist geblieben: Sie heisst seit geraumer Zeit nun "Zurich Classic Car Award" – Zurich bitte englisch mit stimmhaftem "S" gesprochen und mit "U" statt "Ü" – und ist inmitten einer stets mit einem gespaltenen Verhältnis zum Auto agierenden Stadt wie Zürich eine wertvolle, einmalige Chance, inmitten von Passanten, Mittagspausierenden des nahegelegenen Finanzviertels und Touristen einen Concours d'Elegance durchzuführen.
Bestens zu diesem Mix des Publikums, den Teilnehmern, den Besuchern, den interessierten Passanten und den zufällig mitten hineingeratenen Unbedarften passte heuer auch der Mix an Fahrzeugen, die vom kleinsten Serienwagen der Welt – dem auf der Insel Man in den 1960er-Jahren hergestellten Peel – bis zum stärksten Strassenautomobil der frühen Dreissigerjahre – dem über 200 PS starken Bugatti T50 – reichte. Was dabei fasziniert, und ebenso treffend zum Austragungsort passt, ist die Stimmung auf besagtem Platz, der – salopp formuliert – an einem Ende von einer öffentlichen Bedürfnisanstalt und einem Bratwurststand, am anderen Ende jedoch von der Zürcher Niederlassung der Schweizerischen Nationalbank abgegrenzt wird.
Und mittendrin steht ein offener Pavillon, ein Kiosk-Gebäude im klassischen türkischen Sinn des Wortes, der ansonsten sowohl für Musikaufführungen als auch zum weihnächtlichen Kerzenziehen oder zu spontanen Kundgebungen dient. Oder wie an besagtem Mittwoch, 14. August 2024, eben für den ZCCA, eine Klassik-Spitzenveranstaltung mit dem Flair einer spontanen Afterwork-Party. Oder besser einer Arbeitspause, bei der sowohl die Generaldirektion wie die Reinigungs-Hilfskraft und zufällig anwesende Gäste eingeladen sind. Kurzum: Zürich ist anders. Es glänzt, protzt ganz leicht, aber gibt sich dennoch sehr volkstümlich, und der volksnahe Bratwurstduft – das Pissoir lassen wir hier olfaktorisch aus – wabert dabei über das Ganze hinweg.
Viele Preise
Es liegt in der Natur der Sache, dass es meist nur einen Gewinner geben kann. Der Trick ist die richtige Wahl der Klassen, damit das Glück gerecht verteilt werden kann. Heuer präsentierten sich Klassiker in folgende Kategorien: Vorkrieg, Nachkrieg bis 1960, 1960–69, 1970–79, Youngtimer bis 2005. Dazu gab es die Preise für den "Best Documented Car", den Publikumspreis, den besten unrestaurierten Wagen und natürlich den Hauptgewinner: den "Best of Show". Dazu gesellten sich Sonderpreise für 110 Jahre Maserati und 70 Jahre Mercedes-Benz SL.
Als allesübergreifender Favorit der Jury mauserte sich Sascha Bägglis Bentley Mk VI mit einer Karosserie von Facel Métallon zum Gesamtsieger. Das Auto hat dem späteren Facel-Vega-Gründer Jean Daninos gehört, der es in seiner Fabrik für seine Frau hat bauen lassen.
Ob das Publikum entweder von zahlreichen Insidern und Experten unterwandert war oder aber gerade der spröde, britische Charme handgefertigter GFK-Karosserien en Vogue ist, darüber lässt sich streiten. Der 1971er Trident Venturer V8 – ein grandioser Vertreter britischer Innovations-, oder besser: Improvisationskunst aus den frühen 1970er-Jahren der Extraklasse – von Daniel Pfirter konnte sich jedenfalls den Publikumspreis sichern.
Dort, wo die Jury ganz alleine entscheiden durfte, gab es ebenso Überraschungssieger. Dass sich nicht der Bugatti T50 von Werny und Sohn Ralph Weibel aus Basel den Klassensieg bei den Vorkriegswagen holen konnte, das erstaunt. Der SS Jaguar 100, der wohl letzte unrestaurierte Wagen dieses Typs, aus dem Besitz von Christian J. Jenny auf Rang Zwei hingegen war ein starkes Statement für die Akzeptanz und Wertschätzung für unberührte Klassiker. Der Siegerwagen der Kategorie Vorkrieg, in einer eher etwas improvisiert wirkenden Siegerehrung im Nachgang nach allen anderen Klassen noch als solcher gekürt, war ein Risch-Packard Super Eight mit Cabriolet-Karosserie von Graber.
Bemerkenswert war dazu auch der Sieger der Youngtimer-Klasse, ganz am anderen Ende des Zeitstrahls. Einen Jaguar XJ220, der klaglos durch die Hitze des Zürcher Stadtverkehrs fährt, wird man sonst wohl nie mehr zu Gesicht bekommen. Besitzer Philipp Husistein bemerkte bei der Preisübergabe, dass es doch recht warm würde in dem Wagen. Am Morgen war der Aarauer mit aufgestellter, gläserner Motorklappe des zu Beginn der 1990er-Jahren in nur 282 Exemplaren gebauten Hypercars auf dem Bürkliplatz eingefahren.
Die Sonderklassen
Der Maserati A6 CGS/54 von Gian-Pietro Rosetti holte sich, völlig zurecht, den Sonderpreis der Maserati-Klasse. Bei der Kategorie "70 Jahre Mercedes-Benz SL" war es – ebenso wenig überraschend – ein 300 SL Roadster, allerdings mit einem ultrararen Coupédach mit kleinen Klappen im Dachausschnitt, quasi einer Hommage an den direkten Vorgänge. Als "Best Documented Car" wählten die Vertreter von The Motorchain in einem noch komplexeren Auswahlverfahren als ohnehin schon, einen Aston Martin DB2, der mit seinem nahezu vollständigen Dossier samt "Build-Sheet", der alten Verkaufsrechnung oder kurzum einer belegten, vollständig erfassten Geschichte aufwarten konnte.
Doch alle Rangierten hier zu nennen, würde zu weit führen. Dem Charme dieser Veranstaltung folgend nahmen es auch jene, die leer ausgingen, überaus sportlich. Christian Jenny – wie erwähnt zwar verdienter Vize-Klassensieger – im Schatten eines Baumes sitzend und die Reaktionen des Publikums auf seinen von Schrammen, zerrissenem Nitrolack, abblätterndem Chrom und Flecken unbekannter Herkunft gezeichneten SS 100 beobachtend – meinte: "Ob ein Gewinner oder nicht, das ist hier letztlich völlig egal. Ich habe wieder einmal eine Menge lieber Freunde und eine gute Zahl interessierter Menschen getroffen. Das ist doch viel wichtiger."
Für Christoph Lehmann, den langjährigen Organisator des ZCCA (diese Ausgabe war bereits die dreizehnte in dieser Art) war dies die letzte unter seiner Regie. Für eine Weiterführung unter kundiger Hand ist aber gesorgt.









































































































































































































































































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