Was macht man mit einem eben „ausgewinterten" Oldtimer, wenn man die zur gleichen Zeit stattfindende Rallye aller Rallies, nämlich die Mille Miglia nicht fahren will oder kann? Man fährt ins benachbarte Baden-Württemberg und startet bei der „Württemberg-Historic" - einer kleinen, aber feinen Veranstaltung für Oldtimer, organisiert vom ADAC und bereits zum 16. Mal durchgeführt.
Für einen Schweizer eigentlich nur sehr schwer vorstellbar: In einem Land, das von einem grünen Ministerpräsidenten (Winfried Kretschmann) regiert wird, ist es trotzdem möglich, eine Oldtimer-Rallye durchzuführen. Und was für eine: Der organisierende ADAC hat im Umkreis von vielleicht 40 km um den Kurort Bad Boll zwei Etappen von 240 und 260 km zusammengestellt, die vorwiegend über Nebenstrassen, Meliorationsstrassen und Waldstrassen führten. Gespickt wurde die Route mit insgesamt 39 Sonderprüfungen, die, wie in Deutschland üblich und im Gegensatz zu Italien, mit Lichtschranken gemessen wurden. Unsere südlichen Nachbarn bevorzugen die „Schlauchmessung".
Volker Göbel, Copilot im Aston Martin des Schweizers Roger Suter unterwegs und keine 5 km von Bad Boll wohnhaft, wunderte sich: „Eigentlich sind wir in meinem Wohnzimmer gefahren, viele Strecken kenne ich vom biken, dass aber eine solch abwechslungsreiche Strecke auf so engem Raum zusammen gestellt wurde, erstaunt mich schon", gab er am Samstag zu Protokoll.
125 sind genug
Der ADAC stellte schon zu Jahresbeginn befriedigt fest, dass die Anmeldungen so reichlich eingegangen sind und die Württember Historic bereits im Januar ausgebucht war. Offen war diese historische Veranstaltung für Fahrzeuge bis und mit Jahrgang 1985, aufgeteilt in eine Klasse mit Zeitmessung und als Alternative dazu „Touristik" - alles in allem eine überschaubare Zahl von Teilnehmern, wenn man sich Monsterfelder von über 400 Autos (Mille Miglia) oder 350 (GP Nuvolari) in Erinnerung ruft...
Am Freitag Morgen, bei suboptimalem Wetter mit leichtem Nieselregen und Nebel wurden die Autos auf die Strecke geschickt. Im Gegensatz zum Vorjahr hielten sich die Zuschauer mit vornehmer Zurückhaltung etwas zurück, es hatte niemand gross Lust, mit Regenschirm und kühlen Temperaturen einen abzufrieren. Das schlechte Wetter hinderte die Teilnehmer auch, von der Qualität der landschaftlichen Vorzüge etwas mitzukriegen. Fahrer und Beifahrer konzentrierten sich bei Sichtweiten von manchmal nur gerade 20 Metern darauf, den Pfad der Tugend (sprich die Strasse) nicht zu verlassen.
Höhepunkt der Freitagsetappe war ein Parcours auf der Verkehrsübungsanlage in Birkhau. Nicht weniger als vier Sonderprüfungen reihten sich aneinander -zügiges Fahren sorgte dafür, keine Strafpunkte zu fassen, dafür mussten sich die Beifahrer zum Ablesen der Stoppuhren aber wahre körperliche Verrenkungen gefallen lassen.
Etappenziel am Freitag Abend war das „Deutsche Haus" auf eine Anhöhe von Weilheim gelegen und zu früheren Zeit treffenderweise mal Anlaufort von Kutschen und Pferdefuhrwerken.
Entscheidung um Hunderstelssekunden
Der Wettergott hatte für die zweite Etappe am Samstag ein Einsehen und sorgte für schönes Wetter. Nicht nur die Teams profitierten von den besseren Wetterbedingungen, auch die Zuschauer entlang der Strecke und vor allem am Etappenort in Göppingen liessen sich das schöne Wetter gefallen. Die sorgfältig ausgewählte Strecke führte wieder über Neben- und Meliorationsstrassen, es konnte schon vorkommen, dass nach einer Kurve ein überdimensionaler Drescher im Weg stand ...
Den ganzen Samstag fand an der Spitze ein wahrer Schlussspurt um Hunderstelssekunden statt. Die Erstplatzierten trennten im Ziel schliesslich von den Fünft-Platzierten nicht einmal 2 Sekunden - dies nach einer 480 km langen Fahrt und 39 Sonderprüfungen! Das bessere Ende hielten schliesslich Henglein / Zuckermeier (Porsche 911 RSR) in den Händen.
Über 1000 Zuschauer erwarteten in der Göppinger Innenstadt die Teilnehmer, eine gut gemachte Rallye fand ihr Ende und was wichtig war: unfallfrei!
Die Resultate
- 1. Henglein / Zuckermeier (D), Porsche 911 RSR, 3.51 Punkte
- 2. Inhester / Inhester (D), Porsche 911 RS, 3.60
- 3. König / König (D), BMW 323, 4.18
- 4. Michalsky / Becher (D), Alfa Romeo Giulia, 4.88
- 5. Höpfel / Zimmermann (D), Toyota Corlolla, 5.40
- 6. Bronny / Kowaslki (D), Porsche 944, 6.03
- Ferner: 16. Suter / Göbel (CH / D), Aston Martin Le Mans, 8.90; 22. Von Iwonski / Hager (CH), Jaguar XK 150, 11.55; 30. Von Iwonski / Grave (CH), Mercedes Benz 190 SL, 13.74


















































































































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