Die Oldtimersaison im deutschsprachigen Raum startete auch in diesem Jahr in Bremen: Vom 31. Januar 2014 gehörten für drei Tage die Bremer Messehallen den Klassiker-Clubs, Händlern und den Sonderschauen der Veranstalter.
Wie immer hatten sich die Betreiber ein prägnantes Motto ausgedacht. Unter dem Thema „Wirtschaftswunderjahre“ zeigten sie vor allem Klein- und Lieferwagen jeder Art der 1950er und 1960er Jahre in liebevoll eingerichteten Szenen. Darunter einige Raritäten, angefangen beim Coupé eines AWZ P70 Exportmodells aus der DDR über zwei Cabrios - Champion Ch-2 und das Unikat Kleinschnittger Spezial – bis zum doppelgesichtigen Zündapp Janus.
Wirtschaftswunder und Kleinwagen
Der in schicker Zweifarbenlackierung auftretende Kleinschnittger Spezial wurde nur ein einziges Mal – in Handarbeit – gebaut. Als der Hersteller sich dazu durchgerungen hatte, optisch ansprechende Autos anzubieten, war es bereits zu spät und die deutsche Käuferschaft fand komfortablere Autos als den 15-PS-Zweitakter für weniger Geld auf dem Neuwagenmarkt.
Der Champion, Baujahr 1949, hat sogar nur 6,5 PS und durfte darum mit einem Moped-Führerschein gefahren werden, für den früher eine theoretische Prüfung genügte. Die erste Besitzerin des Ausstellungsstücks, eine bayerische Bauersfrau, setzte bei ihrer ersten Fahrt ohne Fahrpraxis das Auto umgehend in einen Misthaufen. Das Auto hat zum Glück keinen dauerhaften Schaden genommen: Es wurden lediglich elf Exemplare gebaut, nur zwei existieren vermutlich noch.
Unter den vielen Lieferwagen fiel vor allem ein Dreirad auf. Hamburg wurde im Krieg sehr stark zerstört. Für den Transport von Baumaterial und die Entsorgung von Schutt brauchte man dringend Lieferfahrzeuge als Ersatz für die im Krieg zerstörten oder von den Alliierten beschlagnahmten Last- und Kleinlastwagen.
Von dem ausgestellten Wendax-Lieferdreirad wurden nicht mehr als 20 Stück mit Triumph-Motorradmotor gebaut. Wahrscheinlich hat außer diesem kein Exemplar bis heute überlebt.
Fast so selten ist der Goggomobil TL 250 Kleintransporter, den die Firma Glas hauptsächlich für die Deutsche Bundespost gebaut hat. Von 1957 bis 1965 gingen rund 3.600 dieser Autos vom Band, weltweit stehen oder fahren heute wohl nicht mehr als 100 davon.
Gesamtdeutscher Führerschein
Ein besonderes Highlight in Bremen sind immer wieder die Stände der Clubs. In diesem Jahr hat ein Gemeinschaftsprojekt der befreundeten Verbände „IG Wartburg-Trabant-Barkas“ und „Club /8 und Freunde“ alle Blicke auf sich gezogen.
Die deutsch-deutsche Grenze lebte quer durch eine fiktive Fahrschule noch einmal auf. Auf der Westseite der diagonal geteilten Ausstellungsfläche fand die Theorieprüfung, auf der Ostseite die Praxis in einem Fahrsimulator statt. Die Außenansicht zeigte je eine West- und eine Ostdeutsche Ampelszene mit den unterschiedlichen Ampelmännchen und Farbwechseln.
Frank Schwardtmann, in schneidiger VoPo-Uniform zuständig für den Osten, präsentierte schmunzelnd den neu entwickelten gesamtdeutschen Führerschein, den die Messebesucher hier erwerben konnten. Und er meinte dazu: „... allerdings fallen die meisten bei der Theorie durch.“
- Batterien
Ewiger Beifahrer
Am Stand des ADAC Hansa verteilte Christian Geistdörfer als diesmal einziger Prominenter Autogramme. Aus dem Rallyeteam von Walter Röhrl wäre er nie wegzudenken gewesen, trotzdem stand er immer im Schatten seines Fahrers. „Das ist Teil des Berufsbildes als Beifahrer“, findet Geistdörfer. „Der Fahrer macht die Öffentlichkeitsarbeit, am meisten zu tun hat allerdings der Beifahrer. Zum Beginn eines Rennens sind 70 Prozent der Arbeit bereits erledigt.“ Der Beifahrer hat sich bis dahin längst alle Landkarten, Servicepunkte und Zeitpläne für die Runden aufs Genaueste verinnerlicht, das gesamte Team koordiniert und als Manager Verantwortung übernommen.
Christian Geistdörfer kam spät zum Motorsport. Als Jugendlicher waren Fussball und Ski für ihn spannender. Als er mit 18 Jahren Anfang der 1970er Jahre seinen Führerschein hatte, nahmen ihn Freunde zu 120-Kilometer-Orientierungsfahrten mit. 1972 sah er Walter Röhrl bei der Olympia-Rally fahren. Dabei infizierte ihn irgendwann der Rennvirus, ab dann „ging die Post ab“. Bis zu seiner Profikarriere im Motorsport arbeitete Geistdörfer als Bankkaufmann: „Das war, als die Branche noch etwas mit Ethik zu tun hatte.“
Seit 1977 amtete Geistdörfer für 15 Jahre als Copilot von Walter Röhrl. Sie wurden zweimal Weltmeister. Und offenbar Freunde trotz ihrer gegensetzlichen Charaktere: „Der Lange“ Röhrl wird als cholerisch beschrieben, während Geistdörfer aus seinen braunen Augen Ruhe und Gelassenheit sympathisch herüberstrahlt. Röhrl und Geistdörfer erlebten einige Unfälle in ihrer gemeinsamen Karriere. Während Röhrl behauptet, nie einen Kratzer abbekommen zu haben, ist Geistdörfer 1984 knapp an einer Querschnittslähmung vorbeigeschlittert. „Wir sind auf nasser Fahrbahn mit Tempo 170 quer auf eine Mauer geprallt. Das Auto hat sich dann in der Längsachse mehrmals überschlagen. Die Fliehkräfte zogen so am schweren Helm, dass bei mir der vierte Halswirbel angeknackst war.“ Geistdörfer machte zwei Monate Pause, weil die Röntgendiagnostik noch nicht so weit war wie heute. Bei der Safari-Rallye 1987 entzündete sich die alte Verletzung wegen der dauernden Belastung und die Ärzte stellten fest, wie schwer der damalige Unfall wirklich gewirkt hatte.
Nachdem Röhrl und Geistdörfer nach dem Audi-Rückzug aus dem Rallye-Betrieb zwangsweise getrennt waren, fuhr Geistdörfer eine kurze Zeit als Beifahrer für Mazda neben Hannu Mikkula weiter. Nach einiger Zeit sagte der Finne: „Jetzt verstehe ich, warum Walter so erfolgreich war.“ Ein größeres Kompliment kann ein Beifahrer kaum bekommen.
Markt im Parkhaus und im Zelt
Die Besucher des Oldtimermarktes im Messeparkhaus verdrehten in diesem Jahr die Augen. “Alle Angebote viel zu teuer ...”, meinte ein interessierter Besucher.
Das spannendste Auto im Parkhaus war ein blaumétallic-farbener Mercedes W108, den der im vergangenen Jahr verstorbene Schauspieler Dieter Pfaff in der ARD-Krimiserie „Der Dicke“ gefahren ist.
Der Teilemarkt fiel in diesem Jahr so umfangreich aus, dass ein Teil in eine mobile Halle nach außen verlegt werden musste. Neben den Autos hatten auch die Zweirräder eine ordentliche Bühne. Zu der Sonderschau mit Motorrädern und Mopeds der 1950er Jahre bekamen erstmals Fahrräder eine eigene Schaufläche. Hier zeigten die Bremer die Entwicklung vom Kleingewerbe-Nutzfahrzeug eines Scherenschleifers zum Accessoire-Klapprad der 1970er.
Information
Kostenlos anmelden und mitreden!
Mit einem Gratis-Login auf Zwischengas können Sie nicht nur mitreden, sondern Sie profitieren sofort von etlichen Vorteilen:
Vorteile für eingeloggte Besucher