Immer öfter sieht man in den Innenstädten Süddeutschlands Oldtimer als Attraktion an verkaufsoffenen Sonntagen. Sucht der örtliche Handels- und Gewerbeverein einen Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag, ermöglicht eine Veranstaltung mit kulturellem Hintergrund – möglichst von überregionalem Interesse – die Chance auf Genehmigung derselben. Da bieten sich Oldtimerveranstaltungen geradezu an.
Etabliert
So begann das vor fünf Jahren auch in Oberndorf am Neckar. Inzwischen hat sich diese Veranstaltung etabliert. So trafen sich hier am 8. Oktober 2023 wieder zahllose Oldtimerfans aus der Region von Stuttgart bis zum Bodensee. Aufgrund des großen Andrangs vergangener Veranstaltungen galt diesmal das Baujahr 1989 als Grenze für die Ausstellungszulassung der Schmuckstücke.
Der Reiz der regionalen Veranstaltungen liegt im direkten Kontakt der Aussteller zu den Besuchern und an der Auswahl der Fahrzeuge. Für jeden Besucher waren Oldies zu sehen, die man selbst kannte oder gefahren hatte und die sich im Gegensatz zu den großen Veranstaltungen überwiegend in einem Preisbereich bewegen, der bei Interesse auch für Normalsterbliche realisierbar ist.
Authentisch
Dass die ausgestellten Autos, die Traktoren und auch die Motorräder überwiegend eben nicht überrestauriert sind sondern sich in einem authentischen Zustand präsentieren, in dem sich ein gepflegtes aber eben auch genutztes Gefährt nach über 30 Jahren befindet, macht die Sache für die Besucher greifbar und sympathisch.
Eingangs der Oberstadt begrüßte ein Adler Trumpf Junior die Gäste. Der 1936 auf einem Holzrahmen aufgebaute Fronttriebler hat eine damals übliche Lenkradschaltung, die jüngeren Besuchern ebenso erklärt werden musste wie die Thermosyphonkühlung des Motors. Vermutlich nichts Neues für Zwischengas-Leser, aber es war schön zu sehen, dass sich auch jüngere Besucher für die alte Technik interessieren.
Brot-und-Butter …
Viele Gespräche entstanden rund um "Allerweltsfahrzeuge“ vom Typ VW-Käfer, Opel Kadett oder Ford Capri, um nur einige wenige zu nennen.
Besucher, die keines der genannten Fahrzeuge selbst besessen hatten, erzählen gerne von Fahrten im Bekanntenkreis mit dem schönen BMW, dem kleinen Renault oder dem gediegenen Mercedes.
… und Exoten
Größeres Interesse erweckte ein Peugeot-205-Breitbau. Der Zweiliter-Motor kam dank einer "Gutmann-Kur" auf 170 PS und 300 Nm. Das verbaute "kurze" Getriebe ermöglicht allerdings maximal 190 km/h.
Den dadurch ermöglichten Vortrieb beschreibt der Besitzer mit "Där goht ab wia’d Sau", was allerdings mit entsprechenden Spritverbauch erkauft sein will.
Einige Gespräche später stehe ich verdutzt vor einem Dutton S2 Phaeton, einem mir bislang unbekanntem südenglischem Kitcar aus dem Jahr 1981 mit Ford-V6-Motor. Ohne Motor und Getriebe gekauft, ist der Wagen nach 13 Jahren Eigenarbeit mit TÜV-Segen wieder auf der Straße unterwegs. Inzwischen aber mit einer länger übersetzten Ford-Capri-Achse. Das Drehzahlniveau mit der urspünglich eingebauten, kürzer übersetzten Escort-Hinterachse nervte den jetzigen Besitzer bei längeren Ausfahrten.
Verpflegt
Wem bei all den Gesprächen bei bestem Wetter der Sinn nach Essen oder Trinken stand, der konnte zwischen zahllosen Angeboten wählen. Mehrere Food-Trucks, örtliche Gaststätten und Restaurants boten alles, was das Herz begehrt.
Die ganze Veranstaltung hatte einen angenehmen Volksfestcharakter, was der Oldtimerszene sicher gut tut.
Frisch gestärkt stolpere ich über einen Oldtimer, ich meine ein Fahrzeug mit H-Kennzeichen-Potential, das ich nicht erwartet hatte. Stimmt, die ersten Fünfer-BMW der Baureihe E34 haben ihr H-Kennzeichen erhalten.
Der kaschmirbeige Wagen steht – oberflächlich betrachtet – in quasi rostfreiem Zustand da. Ungewöhnlich für diese Baureihe, bei original 55’000 km Laufleistung aber wohl durchaus möglich. Ein 520i mit Klimaanlage, Tempomat und Automatikgetriebe ist auch heute noch voll alltagstauglich. Die Nachfrage nach dieser Limousine, im unteren fünfstelligen Euro-Bereich angeboten, scheint aber übersichtlich zu sein..
Wankelmütig
Interessant auch, zwei Mazda RX-7 direkt nebeneinander zu sehen. Einmal in der Serienausführung und daneben ein Exemplar, bei dem versucht wurde, dem Zweischeiben Wankelmotor mehr Leistung zu entlocken.
Die Nachverbrennung des einen, wodurch akzeptable Abgaswerte erzielt werden konnten, musste bei dem anderen einem Fächerkrümmer mit nachverbautem Rennauspuff weichen.
Weitere Unterschiede zeigen die beiden Fotomontagen in diesem Beitrag. Da die Eigentümer beider Fahrzeuge gut in der Szene vernetzt sind, ist ihnen das Wort Ersatzteilproblem fremd. Auch hier war es schön zu erleben, wie auf Fragen bislang unbekannter Besucher eingegangen wurde und wie über das Thema Oldtimer an der einen oder anderen Stelle spontan der Austausch von Visitenkarten zustand kam.
Original oder verändert
Während einer der ausgestellten Opel Kadett (weit vom Serienzustand entfernt) wohl aus Angst vor Verkehrsteilnehmern mit schwacher Bremsanlage eine selbstgebaute Auffahrverstärkung im Kofferraum hatte, befand sich der silberfarbene Käfer mit einem Aufkleber des Tübinger Boxenstop-Museums offensichtlich noch im Originalzustand.
Alles in allem ein schöner bunter Mix unterschiedlichster Fahrzeuge und eine rundum gelungene Veranstaltung, auf der trotz unterschiedlicher Vorlieben aller Teilnehmer positive und konstruktive Gespräche zustande kamen. Ein schöner Ausblick auf die nächste Saison, verbunden mit der Hoffnung, dass solche Veranstaltungen Schule machen.
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