Indianapolis in Oerlikon ist für die Freunde des historischen Motorsports und der Autoklassiker ein ganz besonderer Anlass und mit kaum etwas anderem zu vergleichen. Nur so ist der grosse Zuspruch Jahr für Jahr zu erklären. Selbst längere Anfahrtswege sind kein Hindernis, so werden etwa immer mehr deutsche Fans im Vorort von Zürich beobachtet. Offensichtlich hat diese Veranstaltung etwas Unvergleichliches.
Ein Saison-Höhepunkt
In der Tat ist die Stimmung im Velo-Oval sehr speziell und aussergewöhnlich. Aus Fahrersicht sowieso. Es ist kaum zu glauben, dass drei mal zehn Minuten fahren auf einer derartig kurzen (333,3 Meter langen) Strecke soviel Spass machen kann. Die Fahrt im Oldtimer-Sport-/Rennwagen (oder auf dem Motorrad) ist natürlich nicht ganz so anstrengend wie auf dem Fahrrad, aber nicht minder anspruchsvoll.
Andere Fahrtechnik nötig
Bei Tempi zwischen 90 und 120 km/h je nach Fahrzeug ist man relativ zügig unterwegs. Hängt man während der ersten Runde in noch langsamer Fahrt in der 44,5 Grad steilen Kurve, so wird einem am eigenen Leib bewusst, wie stark geneigt die Strecke wirklich geführt wird. Man glaubt beinahe zu kippen. Fliehkräfte zerren in ungewohnte Richtungen und wechseln je nach Neigungswinkel, was für Mann und Maschine ein Umdenken verlangt.
Überholt wird nur aussen, das heisst oben. Der Langsamere gibt dem Schnelleren die äussere, obere Linie frei. Daraus ergibt sich ein eigenartiges Gefühl, wenn man den Kopf in Richtung Himmel drehen muss, um zu schauen, wo sich denn der Kollege gerade befindet.
Die Kurveneinfahrt geht gegen alle Regeln schneller als die Ausfahrt, denn die Fliehkraft wandert schnell in die Senkrechte und das Fahrwerk wird gestaucht, als würden sich zwei ausgewachsene Elefanten ins Auto setzen. Reifen kratzen am Kotflügel und man lenkt tendenziell zu stark ein. Mit dem Abflachen der Kurve in Richtung Ausgang wechselt die Fliehkraft wieder in ihre logische Richtung nach aussen. Wie das ganz aus Fahrersicht aussieht, zeigt ein kurzes Video .
Hohe Anforderungen an das Material
Die Fliehkräfte belasten auch die Fahrzeuge in ungewohnter Weise, wie ein Beispiel zeigt: Wurde dem Lucchini im vergangenen Jahr die knappe Bodenfreiheit mit den beiden Elefanten im Auto noch zum Verhängnis und scheuerte der Beton dabei die Ölablassschraube durch, so wurde der Wagem diesmal so hoch gestellt wie nur möglich. Der Unterboden hatte nun seine Ruhe, aber die Hitze setzte dem Prototypen zu, was das Kühlwasser zum Kochen brachte.
Das Auto im Zentrum
Acht Felder mit sechs Autos oder sieben Motorräder hatten drei mal am Abend des 21. Juli 2015 das grosse Vergnügen, auf der Radrennbahn ihre Runden zu ziehen. Über 5000 Zuschauer säumten die Strecke, rund 4000 davon kamen wegen der motorbetriebenen Vehikel, der Rest interessierte sich auch für die Fahrräder, die im Normalfall die Hauptattraktion auf der Radrennbahn darstellen.
Die Indy-Cars in ihrem Element
Das Feld der sechs historischen Indy-Cars war mit Sicherheit das Sahnehäubchen der Veranstaltung. Die Fans applaudierten mit grosser Begeisterung nach jedem Durchgang.
Für einmal Gegenverkehr
Ein kleines unerwartetes Highlight boten die Brüder Kaufmann, mit einer Fahrt gegeneinander. Der Maserati 250F von Georg (dem Organisator der Veranstaltung) drehte seine Runden im Uhrzeigersinn, während Bruder Jo auf seiner BSA B50 T in der Gegenrichtung fuhr.
Sie kreuzten sich jeweils an verschiedenen Punkten auf der Strecke. Ein aktionsreiches Spektakel, das sicher nicht nur bei den Piloten für Adrenalinschub sorgte.
Heiss, heisser, ..
Der Nudeltopf in Zürich-Oerlikon war von der sengenden Sonne über den ganzen Tag so richtig aufgeheizt worden. Die Getränkestände hatten Hochkonjunktur und als für die Piloten endlich die Zeit gekommen war, sich an einem schönen kühlen Bier zu erlaben, waren alle kalten Flaschen längst leer und so blieb noch die Wahl zwischen warmem Bier oder kaltem Mineral. Gestört hat dies kaum jemanden, ganz im Gegenteil, denn läuft das Geschäft, so ist die Chance auf eine Wiederholung gegeben.
Fahrzeuge im Zentrum
Die angereisten Besucher zeigten generell grosses Interesse an den Fahrzeugen. So erklärte Urban Fässler mehrmals in aller Ruhe die ganze Geschichte seines bis ins Detail restaurierten Climax Motors im Cooper Formel 1. Da sich immer mehr Leute dazustellten, konnte die Konferenz nur noch durch den Fahraufruf gestoppt werden. So wurde mancher der Promotoren auch ein wenig zum Egoisten, wie es Sauber-Pilot Ernst Sigg so schön sagte, als immer wieder Fans fragten ob sie nicht vielleicht mal in einem der zahlreichen Rennwagen Platz nehmen dürften. Man liess die Besucher probesitzen und erhoffte sich insgeheim, dass gerade diese dann bei zukünftigen Abstimmungen über Lärm- oder Abgas-Gesetzgebungen Veranstaltungen wie Indianapolis Oerlikon nicht in den Rücken fallen würden ...
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