Einmal im Jahr rauchen die Motoren beim Hamburg Stadtpark-Rennen. Am ersten Septemberwochenende dieses Jahres qualmte noch mehr: Brandstifter hatten in der Nacht zum Samstag Strohballen angezündet, sodass für den ersten Rennvormittag der Grossteil der Strecke gesperrt war. Über die Straßen der Grünanlage donnerten dann aber doch mehr als 300 Rennautos, Motorräder und Gespanne.
Rennstrecke auf öffentlichen Strassen
Als Rennstrecke sperren die Veranstalter jedes Jahr rund 1,7 Kilometer öffentliche Straßen ab. Die zwei Fahrspuren der Saarlandstraße Richtung Norden bilden die Start- und Zielgerade mit der längsten Geradeausstrecke, unterbrochen von mehreren Schikanen. Hier mussten nach dem Feuer eiligst die Strohballen ersetzt werden. Fahrbahn und Toilettenhäuschen waren teilweise geschmolzen. Nach der Spitzkehre geht es zwei Drittel der Strecke zurück, dann rechts ab und zweimal scharf nach links und wieder durch Start und Ziel. Beim ersten Original-Stadtpark-Rennen 1934 ging es noch über sechs Kilometer durchs Hamburger Grün, damals starteten allerdings ausschließlich Motorräder. Autos standen erst ab 1938 mit auf dem Programm. Während des Krieges schwiegen die Motoren, erst 1947 begann wieder Rennbetrieb auf der nun etwa vier Kilometer langen Strecke.
Gute Sicht für Zuschauer
Das Publikum fand gute Sicht an jedem Punkt außen neben der Fahrbahn. Ins Infield gelangten die Rennfans über eine extra aufgebaute Brücke. In einer Sackgasse, die an die Streckenführung grenzt, hatten die Veranstalter wie in jedem Jahr einen Oldtimerparkplatz eingerichtet. Auf beiden Seiten der 200 Meter standen dicht an dicht Klassiker vom Alfa bis zur Zündapp, nicht wenige mit Zu-verkaufen-Schild an der Scheibe. Darunter ein in Europa seltener Mazda-Kleinwagen von 1971 und ein ukrainischer Saporoshez 965A.
Viele graue Köpfe am Rennen
Etwas abseits der Rennstrecke waren die vier- und zweirädrigen Schönheiten aller Baujahre in den Fahrerlagern zu besichtigen. Jeder Besucher hatte freien Zugang hierhin und der Kontakt zu den Fahrern und Mechanikern fand sich in einem beiderseits willkommenen Schraubergespräch schnell. Die Rennfahrer waren natürlich stolz auf ihre Schätzchen und wollten darüber berichten. Hier und da wurden noch Radmuttern nachgezogen oder an Zündung und Vergaser nachgebessert, liebevoll war jedes Fahrzeug für diese Veranstaltung herausgeputzt. Einige Chauffeure hatten dazu sich selbst zeitgenössisch ausstaffiert. Am meisten unter den Motorrad- und Gespannfahrern - den meisten Lederkluften glaubte man ihr vorgebliches Alter. Und staunen musste man, wenn die Fahrer nach einem Rennlauf die Helme lüftteten. Überraschend viele graue Köpfe bewiesen, dass nicht allein die Maschinen Veteranen waren.
Prominenz im Porsche 911 Turbo S
Als Prominenz waren diesmal neben einigen anderen Walter Röhrl und Sir Stirling Moss eingeladen. Röhrl startete am Samstag zu mehreren Schauläufen in einem Porsche 911 Turbo S statt in historischen Rennwagen. Am Vormittag fuhr er wegen des Brandes allerdings nur über einen sehr verkürzten Kurs, von Röhrl ärgerlich „Micky-Maus-Runde" genannt. Hier konnte der „beste Rallye-Fahrer aller Zeiten", wie ihn Motorsport-Experten betiteln, seine Kunst nicht zeigen. Im Interview erzählte er aber, wie dieser Ruf entsanden ist: „Das liegt sicher mit an meinem fotografischen Gedächtnis. Ich präge mir die kleinsten Streckenabschnitte ein."
Präzise Vorbereitung ist der Schlüssel
Beim Plaudern erzählt er die unglaubliche Geschichte von seinem Sieg bei der Rallye Portugal 1980. Damals hat er in dichtem Nebel fast ohne Sicht mit fast fünf Minuten Abstand auf den Zweitplatzierten gewonnen. „Das war keine Zauberei, das war präzise Vorbereitung. Christian (das ist sein langjähriger Beifahrer Geistdörfer) und ich sind am Vortag ohne Nebel die Strecke gewissenhaft abgefahren und haben viel kürzere Abschnitte als üblich notiert. Selbst kleinere Wegmarken wie Steine oder Büsche haben wir registriert."
Was Röhrl dann erzählte, könnte auch ein Tänzer zum Verinnerlichen seiner Performance so gemacht haben: „Ich hatte die exakten Zwischenzeiten als Notizen und im Kopf. Als ich im Hotel war, legte ich mich aufs Bett und ging mit geschlossenen Augen und der Stoppuhr in der Hand die Strecke durch. Die Zeitdifferenz betrug weniger als vier Sekunden zur echt gefahrenen Runde." Blind gefahren ist er nicht, wie manche glauben.
Interview mit Rennstar Röhrl
1980 in Portugal fuhr Röhrl auf Fiat. Nach seinem liebsten Rennauto gefragt, überlegt er nicht lange: „Das war der Lancia Rally 037 von 1983." Das Auto, das ihm zum Durchbruch verholfen hat, war allerdings ein Ford. Zum Ende des Interviews schlenderte Röhrl zum Stand von Jochi Kleint und traf dort auf Christian Geistdörfer. Gemeinsam posierten sie vor genau dem Ford Capri Kleint R.S., mit dem Röhrl als Außenseiter an der Olympia-Rallye 1972 hervorragend abschnitten. Der Wagen wird gerade von Jugendlichen in Hamburg restauriert. Wir werden darüber berichten. Im nächsten Jahr will Röhrl dieses Auto beim Hamburger Stadtpark-Rennen fahren.


































































































































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