Petrus wäre vermutlich britische Autos gefahren, zumindest machte das Wetter am 1. Mai 2016 anlässlich des Concorso d’Eleganza Italiauto alles andere als einen sonnigen italienische Eindruck. Da kam weder “o sole mio” noch “un gelato al limun” Stimmung auf. Da konnte das italienische Musik-Trio noch so sehr dagegensingen, die Temperaturen blieben kühl, das Wetter feucht.

Entsprechend blieben auch die erwarteten Zuschauermengen aus. Und man darf sagen, dass die Weggebliebenen einiges verpasst haben.
Der Austragungsmodus blieb auch bei der 9. Ausgabe von Italiauto unverändert, eine Schönheitskonkurrenz bot den Rahmen, eine kurze Ausfahrt Gelegenheit, die schönen Autos im Fahrt zu sehen.
Der Schweizer Moretti-Tag
Zu Gast im Kloster St. Urban, das wie bereits im Jahr 2015 den überaus stilvollen Rahmen für die Veranstaltung bot, waren die Automobile von Giovanni Moretti. Sieben dieser überaus seltenen Fahrzeuge waren erwartet worden, bei einem ging beim Transport etwas schief, so dass schliesslich sechs in Rot, Silber und Weiss lackierte Spezialkarosserien italienischer Fertigung auf dem grünen Rasen zu bewundern waren.

Silvio Cibien, der in der Schweiz die Moretti-Aktivitäten koordiniert, stellte eigens für den Moretti-Tag auch noch eine Ausstellung mit Plänen, Prospekten, Büchern und Bildern aus seinem Moretti-Fundus zusammen.
Die sechs Moretti-Fahrzeuge bildeten auch eine eigene Schönheitskategorie, aus der der Moretti Sportiva SS von 1968 als Sieger hervorging.
80 Jahre Fiat Topolino
Der Topolino gehört zu den sympathischsten Autos überhaupt. Jetzt wurde der Fiat 500, wie er eigentlich hiess, 80 Jahre alt und entsprechend mit einer eigenen Kategorie und Sonderschau im Kloster St. Urban geehrt.

Es fanden sich denn im Park des Klosters auch viele verschiedene Versionen, die sich in sorgfältig restauriertem Zustand zeigten und nur so um die Wette strahlten. Den Pokal für den Schönsten holte sich ein 500 B in der Giardiniera-Ausführung aus dem Jahr 1949.
Das “Milchwägeli”
Einen Spezialpreis erhielt eine ganz besondere Version des Fiat Topolino. Dieser war nämlich von der Carrosserie Langenthal in einen Milchwagen umgebaut worden, in dem der Chauffeur fast stehend auf einem Velosattel sitzend fahren konnte. Im hochgeschossenen “Kofferraum” hatten mehrere 50-Liter-Milchkannen Platz und so lieferte der Milchmann in den Dreissigerjahren dann wohl die Milch aus.
Eine Gruppe umtriebiger Leute restaurierte das seltene Gefährt, die Investitionen wurden über Anteilsscheine finanziert, man könnte gar von “Crowd Sourcing” sprechen. Das Ergebnis überzeugt und zog die Blicke auf sich!
Besonderes auf den zweiten Blick
Viele der im Kloster St. Urban anwesenden Autos hatten etwas Besonderes an sich, beim einen oder anderen musste man einfach etwas genauer nachfragen oder hingucken.
Das Fiat 2300 S Coupé von 1962 etwa war ein Ghia-Vorserienauto und hatte von Anfang an Borrani-Speichenräder, ein Extra, das damals so teuer war, dass es nur gerade dreimal bestellt wurde. Das elegante Coupé gewann dann auch eine der begehrten Coppas.
Die Alfa Romeo Giulietta der Baureihe 116 sind schon lange von unseren Strassen verschwunden und auch an Oldtimertreffen sieht man die keilförmige Limousine, die zwischen 1977 und 1985 gebaut wurde, kaum. Umso erstaunlicher, dass am Italiauto-Treffen gleich zwei der wenigen noch übriggebliebenen Transaxle-Viertürer zu betrachten waren, eine später Zweiliter-Variante und eine 1600-er-Limousine als Polizeiwagen.
Ähnliches gilt auch für den Alfasud, dessen Population von Rost und hitzigen Fahrern dahingerafft wurde. Im Kloster St. Urban aber ging eine braune Limousine aus dem Jahr 1976 im unverfälschten und fast fabrikneu wirkenden Originalzustand als Sieger der Kategorie “Berlina 1974-1984” hervor.
Und als wäre ein Alfasud nicht schon selten genug, man konnte auch noch einen zweiten “Sud” bewundern, bei dem es sich um eine originale Rallye-Ausführung (mit seitlichem Auspuff) aus Italien handelte.
Das Lancia Appia Coupé von Pininfarina gehört schon so zu den Raritäten, gezeigt am Concorso wurde aber ein sehr frühes Exemplar, das noch bei Pininfarina gebaut wurde (die späteren wurden bei Viotti gefertigt). Das nicht unelegante schwarze Coupé mit hellem Dach nahm einige Designzüge vorweg, die später bei den grösseren Lancia-Pininfarina-Kreationen wieder auftauchten.
Und natürlich fehlten auch die eleganten Sportwagen der Sechzigerjahren und die kraftstrotzenden Exemplare der Siebzigerjahre nicht.
Samantha und Augusta
Frauennamen als Typenbezeichnungen findet man vor allem in Italien oft. Da macht der Fiat 125 S als Coupé Samantha von Vignale aus dem Jahr 1970 keine Ausnahme. Von den rund 100 gebauten Exemplaren sollen keine zwei Dutzend überlebt haben, entsprechend rar sind die übriggebliebenen Exemplare und zurecht erhielt das grüne Coupé eine der Coppas.
Gleich doppelt preisgekrönt wurde der Lancia Augusta aus dem Jahr 1935. Seit über 50 Jahren ist die hübsche Limousine mit selbsttragender Struktur samt gegenläufiger Türen im selben Besitz.
Natürlich mussten immer wieder Arbeiten ausgeführt werden, aber dafür strahlt die Berlina auch wie neu. Und erhielt neben dem Kategorienpreis (Vettura pre-1941) auch die begehrte “Best of Show”-Trophäe.
Das Kuckucksei
Als Fiat Topolino Monoposto war er angekündigt gewesen, der niedliche blaue Einsitzer mit 570 cm3 grossem Vierzylindermotor aus dem Jahr 1936. Tatsächlich allerdings handelte es sich bei der Technik um Simca-Teile, die damals Fiat-Produkte in Lizenz herstellten.
Leider ist die Geschichte des attraktiven Rennwagens weitgehend unbekannt, der Besitzer würde nur zu gerne wissen, wo dieses Auto eingesetzt wurde, wer den Umbau vornahm und wer damit fuhr.
Dafür weiss man umso mehr über den Fiat-Abarth Bialbero Mille von 1960, der bei den 24 Stunden von Le Mans 1960 und 1961 zwar antrat, das Ziel aber nie erreichte. Jetzt erhielt er sozusagen als Entschädigung wenigsten einen Italiauto-Pokal.
Geehrte Brot-und-Butter-Autos
Eine Besonderheit von Italiauto und damit auch ein wichtiger Sympathie-Faktor ist die Tatsache, dass am Treffen immer viele Brot-und-Butter-Autos von einst anzutreffen sind, denen auch mehrere Kategorien im Concorso offenstehen. So kann man auch Autos auf dem Veranstaltungsgelände entdecken, die man vielleicht vor 30, 40 oder 50 Jahren selber als Alltagsauto gefahren hat. Beispiele dafür sind die Alfa Romeo 2000 Berlina, der Fiat 127 oder der Lancia A112 Abarth.
Der Fiat 1800 B von 1963 gehört genauso in diese Gruppe und er gewann dann auch den Preis in der Kategorie “Berlina 1957-1972”.
Die An- und Abwesenden
Dem Wetter geschuldet war sicherlich die bedauerliche Tatsache, dass neben den ausbleibenden Zuschauern auch einige der Teilnehmer nicht am Concorso auftauchten. Schade, denn sie verpassten eine edle Veranstaltung und die Besucher hätten sicherlich gerne auch einen Fiat 850 Familiare, einen Maserati Bora oder einen Ferrari 275 GTB bewundert.
Ebenfalls der kühlen Witterung war es wohl zu verdanken, dass viele Teilnehmer schon vor Ende des offiziellen Teils (und vor der Siegerehrung) das Weite (oder Trockene) suchten.
Die Preise und Pokale
- Coppa Herrenfahrt - Kategorie “Vettura pre-1941” - „Best of Show“ - 46 Lancia Augusta, 1935
- Coppa OCC - Kategorie “Fiat 500 Topolino 1947-1953” - 19 Fiat 500 B T. Giardiniera, 1949
- Coppa OCC - Kategorie “Berlina 1957–1972” - 40 Fiat 1800 B, 1963
- Coppa Herrenfahrt - Kategorie “Berlina 1974–1984” - 50 Alfa Romeo Alfasud 5m, 1976
- Coppa OCC - Kategorie “Coupé di serie 1958–1971" - 89 Fiat 125 S Vignale Samantha, 1970
- Coppa OCC - Kategorie “Coupé di serie 1972–1985” - 37 Lancia Beta Coupé 2000, 1978
- Coppa Herrenfahrt - Kategorie “Coupé grande 1962–1978” - 1 Fiat 2300 S Ghia/Abarth, 1962 Coppa «zwischengas» - Kateogorie “Coupé/Berlina lusso 1966–1980” - 72 - Alfa Romeo Montreal, 1975
- Coppa «zwischengas» - Kategorie “Berlinetta 2 posti lusso 1970–1986” - 22 Maserati Merak, 1973
- Coppa SwissClassics - Kategorie “Convertibile/Cabrio 1961–1972” - 48 Alfa Romeo Giulia Spider 1600, 1963
- Coppa SwissClassics - Kategorie “Convertibile/Cabrio 1974–1986” - 64 Lancia Beta Montecarlo Spider, 1982
- Coppa Atlantic Watch - Kategorie “Vettura da competizione” - 60 Fiat-Abarth Bialbero Mille, 1960
- Coppa OCC - Kategorie “Categoria Speciale Automobile Moretti” - 16 Moretti Sportiva SS, 1968
- Coppa OCC - Kategorie “Categoria Speciale” - 17 - Fiat 500 A, 1936 «Milchwägeli»
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