Was für ein Schlussakt: Mehr als 80'000 Menschen sollen an vier Tagen vor und am vergangenen Wochenende (20. bis 23. Oktober 2022) die mit rund 5000 ausgestellten Fahrzeugen sicherlich grösste und attraktivste Oldtimer-und-Youngtimer-Messe südlich der Alpen besucht haben. Ab dem kommenden Jahr will sie weiterwachsen, dann aber im rund 130 Kilometer entfernten Bologna.
Trotz Streiks gut besucht
Dabei riefen Italiens Arbeiterführer ausgerechnet am Freitag, dem ersten Messetag für das breite Publikum, zum General-Streik: Fluglotsen, Flughafenservicegesellschaften, die Bahn und sogar die Autobahn-Maut wird bestreikt. In Padua hätte man also beinahe weniger Besucher befürchten müssen, doch offenbar waren viele von ihnen schon am Vortag oder mit dem Auto angereist – und die Streikführer somit wenig effektiv.
Schon am Morgen gab es vor den acht Messehallen plus diversen Aussenzelten keine Spur von Publikumsmangel – hier stauten sich Busse und die Privatwagen von Besuchern aus halb Europa. Auf dem Gelände rangen Hunderte Aussteller aus 46 Ländern – davon ein Drittel Teile- und Memorabilia-Händler – um die Aufmerksamkeit der Besucher; meist männlich, oft in Gruppen oder auch als Vater-Sohn-Gespann.
75 Jahre Ferrari
Schön inszeniert und selbstverständlich kenntnisreich kuratiert war die leider in einem Zelt untergebrachte Sonderausstellung zu Ferrari. Sie beinhaltete auch einen Ferrari 125 S von 1947, den ersten jemals von der Marke gebauten Wagen. Alleine für diese Sonderschau wären wohl viele nach Padua gepilgert.
Rallye-Autos aus dem goldenen Zeitalter
Eine beeindruckende Sonderausstellung zeigte das Turiner Automobil-Museum "MAUTO". Sie befasste sich befasste sich mit "The Golden Age Of Rally. The great challenges". Gezeigt wurden unter anderem ein Lancia Stratos in Alitalia-Bemalung und ein BMC Mini Cooper S, daneben im Rahmen der riesigen Präsenz des ACI-Storico – des italienischen FIA-Ablegers – ein Fiat 124 Sport Spider und ein Alpine A 110. Superstar war aber der von Sandro Munari 1972 in Monte Carlo zum Sieg pilotierte Lancia Fulvia HF 1600 mit Startnummer 14 (Beifahrer und Navigator war seinerzeit Mario Mannucci); ein Fahrzeug, das man nicht alle Tage live zu sehen bekommt.
Weiterhin befanden sich in den Haupthallen (solche mit tiefer Hallennummer) meist aufwendig inszenierte Messepräsenzen von namhaften Marken-Spezialisten und Restaurationsbetrieben sowie die Stände von zahlreichen besonders engagierten Markenclubs aus ganz Europa; wobei ein Schwerpunkt auf Italien lag.
Riesiges "Einkaufszentrum" für Autoliebhaber
Daneben waren gleich mehrere ganze Hallen ein Einkaufsparadies für Oldtimersammler; gefüllt mit Fahrzeugen im meist guten Zustand und in allen Preisklassen. Da stand ein leicht angerosteter Lancia Beta ungeniert neben einem 40-mal so teuren Ferrari.
Ein Händler bot mehrere Porsche 356 in allen denkbaren Farben, so gut restauriert und zugleich so gut ausgeleuchtet, dass es auch ein New Yorker Showroom in den 1960er-Jahren mit Neuwagen hätte sein können. Da fehlten nur die passenden Handtaschen. Wie wohltuend wirkte dagegen ein Händler im Aussenbereich mit einigen von extremer Patina gezeichneten Objekten, die auch kaum noch zur Restauration, sondern viel mehr als Deko dienen können. Sicher sollten hier vor allem die alten Werbeschilder verkauft werden.
Wo der Platz nicht reichte oder Privatverkäufer Einzelobjekte anbieten wollten, konnten sie dies im zentralen Aussenbereich für 600 Euro tun – sicherlich auch hier mit sehr guter Verkaufschance.
Kaufhungriges Publikum
Gefühlt waren auch die meisten Besucher offen für einen Neuerwerb – von Krise oder Energie-Preisschocks keine Spur, eher schon von drohender Geldentwertung und einer (noch) kleinen Flucht in Sachwerte, bevor die Preise des persönlich favorisierten Modells noch weiter anziehen. Insider berichteten allerdings, dass die interessantesten oder auch preislich wirklich guten Angebote meist bereits am Donnerstag verkauft wurden, am "Preview"-Tag für Presse und geladene Gäste.
Gegen den Shopping-Frust gab es dafür reichlich Bücher, Schilder, Taschen oder Memorabilia – sofern man nicht Original-Fahrzeugteile gesucht und vielleicht sogar gefunden hat.
Rares – nicht immer gegen Bares
Unter den rund 5000 auf der Messe ausgestellten Fahrzeugen gab es einiges Exotisches und Unterhaltsames und sicher auch Unverkäufliches zu entdecken – auch für den versierten Besucher, der glaubte alles zu kennen und bereits gesehen zu haben. Das galt etwa den von Fiat-Werksbesucher-Bus aus Bertone-Feder oder den Prototyp Abarth 1000 SP auf dem Stand von FCA Heritage.
Der Alfa Romeo 1750 GS Spider Aprile liess seinen Fahrer auf Italiens Strassen von 1931 sicher wirken wie einen Abgesandten des heiligen Vaters in göttlicher Mission.
Ciao! Wir sehen uns in Bologna.
Geht es noch etwas grösser? Ja, denn nach 39 Ausgaben verabschiedet sich die Messe aus dem bei Venedig gelegenen Padua und eröffnet im Oktober 2023 erstmals im nur 130 Kilometer südlichwestlich gelegenen Bologna. Da die Stadt Padua ihr Messegelände teilweise für neue Wohnformen und Kultureinrichtungen umwidmen möchte, waren die Veranstalter gezwungen, nach einer Alternative Ausschau zu halten. Das noch grössere Messeareal in Bologna bietet den Veranstaltern Raum für Wachstum, laut Messe-Manager Mario Carlo Baccaglini vor allem auch für Motorräder sowie historischen Motorsport. Bologna-Besucher werden sich an dieser so schönen wie historischen, vor allem aber auch jungen und sehr lebendigen Universitätsstadt mit reichlich Kunst und Musik und Freiluft-Bars im abendlichen Strassenbild erfreuen können – was im Gesamtpaket einen Messebesuch noch lohnender machen kann. Also, nur noch zwölf Monate warten, und schon geht es wieder los!
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