Nicht viele Oldtimer-Treffen können bereits auf eine vierzigjährige Geschichte zurückblicken, vor allen nicht auf eine derart erfolgreiche. Das Oldtimer-Meeting Baden-Baden entführte Liebhaber und Besitzer alter Autos zum 40. Mal in die Kur- und Bäderstadt im Bundesland Baden-Württemberg.
Und wie es sich für ein 40. Jubiläum gehört, hatte auch Petrus am 8. bis 10. Juli 2016 ein Einsehen und schenkte der Veranstaltung eitel Sonnenschein und sommerliche Temperaturen.
Blumenkinder
Unter der Wärme litten zwar die vielen Blumen-Bouquets - viele der Autos waren vielfältig mit Blumen geschmückt - dafür aber hatten die Biertheken Hochbetrieb.
Das Treffen findet in einem abgeschlossenen Bereich zwischen der Kaiserallee und dem Casino statt, die Autos stellen sich entlang der Strasse und in der Parklandschaft unter Bäumen auf.
Dieser Standort erregte aber hie und da die Gemüter, denn die Flora liess den Lack der hochpolierten Fahrzeuge allzu schnell matt werden und ganz so einfach zu entfernen war die klebrige Schicht dann nicht.
Breite statt Tiefe
1976 begann Jean-Marc Culas mit 35 Fahrzeugen, 2016 waren es über 350 Autos und wenige Traktoren. Das Spektrum deckte fast alle Marken und Epochen der Automobil-Geschichte ab und auch technisch waren die unterschiedlichsten Konzepte am Start.
Besonders viel beachtet waren 2016 die Dampfautos der Marken Stanley, die mit gut sichtbaren Rauchwolken, aber kaum wahrnehmbarer Geräuschkulisse durch das Publikum tuckerten.
Unter den vielen Fahrzeuge fanden sich die Alltagsautos der Vergangenheit - NSU Prinz, Opel Kadett, VW Käfer oder Ford Taunus - genauso wie die Exoten, die man sich schon damals nicht leisten konnte, ob sie nun Bugatti, Maserati oder Horch hiessen.
Volkswagen als Ehrengast
Anlässlich des 40. Jubiläums wurde eine Marke geehrt, die vermutlich jedem der Besucher ein Begriff war: Volkswagen. Und die Classic-Abteilung aus Wolfsburg liess sich nicht lumpen und brachte aus eigenen und befreundeten Beständen manche Rarität nach Baden-Baden.
Für viel Aufsehen sorgten dabei zwei attraktive Spezialkarosserie auf VW-Käfer-Fahrgestellen, gebaut bei der Firma Rometsch. Die Modelle “Beeskow” vom gleichnamigen Konstrukteur und Designer gezeichneten, erfreuten sich bis nach Hollywood grosser Beliebtheit. Audrey Hepburn und Gregory Peck sollen Rometsch gefahren sein. Vor allem das gezeigte Coupé gilt als besonders selten, es überzeugte denn auch durch eine sehr moderne Linienführung, deren Eleganz man sich bis heute nicht entziehen kann.
Gezeigt wurden neben vielen, vielen Käfern auch ein VW SP2, das einmalige 411 Cabriolet von Karmann und ein Puma GT Cabriolet aus Brasilien.
40 Jahre VW Golf GTI
Etwas ausserhalb der eigentlichen Oldtimer-Veranstaltung aber hatten die VW-Leute eine ganz besondere Sonderschau zusammengetrommelt, die dem 40-Jahre-Produktions-Jubiläum des VW Golf GTI gewidmet war. Vorgestellt wurde der schnelle Golf bekanntlich an der IAA 1975, kaufen aber konnte man den schnellen Kompakten erst ab 1976.
Ungefähr 40 Modelle waren auf einen Blick erfassbar, alle Generationen waren dabei vertreten. Hier liess sich trefflich die Karosserie-, aber auch die Schriftzuggeschichte mitverfolgen.
Gewürzt wurde die Sonderschau mit einigen besonderen Exemplaren, etwa dem Kamei-Rennsport-Golf der ersten Generation.
Geplant gewesen war auch die Anwesenheit des VW-Botschafters Hans-Joachim Stuck, doch der wurde Tags zuvor von einem unfreundlichen Autofahrer vom Velo gestossen. Gottseidank ohne schlimme Folgen, aber ein Besuch des Treffens musste für eine friktionsfreie Genesung zurückgestellt werden.
Die Currywurst mit VW-Teilenummer
Dafür konnte man sich bei den GTI-Freunden mit einer Volkswagen-Spezialität verköstigen, der einzigen Currywurst, die eine VW-Teilenummer (199 398 500 A) hat.
Gemäss Insidern gilt sie als eine der besten Currywürste überhaupt und offenbar war sie auch schon des öfteren Gesprächsthema auf Konzernleitungsebene. Jedenfalls verkauft sie sich mittlerweile besser als die Neuwagen, zumindest was die Stückzahl anbelangt. Der Umsatz in Baden-Baden dürfte hier zu einem weiteren Jahreshoch beigetragen haben.
Unterhaltung auf der ganzen Linie
Neben den schönen Autos wurde in Baden-Baden auch musikalisch etwas geboten, ob Big Band oder anderweitige musikalische Begleitung, für eine gute Stimmung war stets gesorgt.
Zudem erfreuten mehrere Modeschauen, aber auch zeitgenössisch gekleidete Veranstaltungsteilnehmer das Auge der Betrachter.
Lieber Tratschen als Fahren
Das Oldtimer-Meeting Baden-Baden ist keine Fahrveranstaltung, sondern eher dem Gespräch zwischen Fahrern und Enthusiasten gewidmet. Die Besucher zeigten reges Interesse an den mehr oder weniger seltenen Klassikern.
Aufwändig restaurierte Alltagsautos wie ein Simca 9 boten dabei genauso viel Anlass für lange Fachsimpeleien wie edle Raritäten von Bugatti oder Mercedes-Benz.
Mancher Betrachter erblickte längst vergessene Marken, ob sie nun Berliet, Philos, Simson oder Roamer hiessen, zum ersten Mal.
Und auch das nur 709 Mal gebaute Wartburg 311/312 HT 300 Cabriolet mit Dreizylindermotor und 45 PS aus dem Jahr 1967 zog mindestens so viele bewundernden Blicke auf sich, wie die sorgfältig restaurierten Erdmann & Rossi Karosserien in einer weiteren Sonderschau.
Auch viele Franzosen
Der geografischen Lage nahe am Elsass ist es wohl geschuldet, dass auch eine grössere Delegation französischer Alltagsautos und Raritäten nach Baden-Baden fanden.
Da gab es einen Citroën 2 CV genauso zu bewundern, wie einen Renault 4 CV (Crèmeschnittchen) oder einen Panhard Dyna. Und dazwischen stand ein rarer Peugeot 402 Darl’Mat als Cabriolet. Vive la France!
Jedes Jahr wieder
Offenbar kommt das Rezept des Treffens an, viele Teilnehmer kehren jedes Jahr nach Baden-Baden zurück. Die ungezwungene Atmosphäre, die attraktive Umgebung und die freundlichen Leute überzeugten auch 2016 und schliesslich gab es auch noch 120 Pokale im automobilen Schönheitswettbewerb zu gewinnen, genug, um fast alle glücklich zu machen.