Natürlich gibt es bereits Bücher zur erfolgreichen Mittelklasse W 124 von Mercedes-Benz. Dies war sich wohl auch der Motorbuch-Verlag bewusst und lancierte daher ein Werk, das preismässig mit Euro 12.95 in jedes Budget passen sollte.
Und da sich der W 124 daran macht, den deutschen Klassiker-Markt aufzurollen, in der H-Kennzeichen-Zulassungsstatistik jedenfalls ist er auf dem Weg nach oben, dürfte es auch genug Leute geben, die gerne mehr über Geschichte und Varianten der Baureihe W 124 wissen möchten.
Der letzte Mittelklasse-Mercedes
Autor Alexander Franc Storz spricht bereits in der Einleitung vom “letzten Mittelklasse-Mercedes”. Er verweist darauf, dass der Nachfolger deutlich grösser wurde, sozusagen S-Klasse-Format hatte. Und er deutet an, dass der W 124 auch ein Design-Endpunkt war.
Vom Design zur Produktion
Optisch nahm der W 124 Design-Elemente des Baby-Benz W 201 (190E) auf, Bruno Sacco übertrug diese aber mit Weitblick und gestaltete eine modern wirkende und gefällige Mittelklasse-Limousine, die auch bei den älteren Kunden gut ankam.
Vergleichsweise kurz gehalten ist das Kapitel über die Zielsetzungen für Form und Technik, dafür widmet Storz dem Allradantrieb “4Matic” ein eigenes Kapitel.
Natürlich finden auch die Modellpflege-Neuerungen, kurz MOPF genannt, Eingang in das Buch, auch hier muss man allerdings auf akribische Auflistungen von Änderungen und Neuerungen verzichten. Dafür zeigen Bilder die Eingriffe.
Zudem werden natürlich die werksmässigen Grundvarianten Limousine, Kombi (T-Modell), Coupé und Cabriolet eingeführt.
Der Über-W 124
Ein eigenes Kapitel wird auch dem bei Porsche gebauten 500 E gewidmet, der dort vom Band lief, wo vorher noch der 959 gefertigt wurde. Er war der Sportwagen unter den Limousinen und wurde, selbst für die Herren bei Daimler-Benz überraschend, 10’479 Mal gebaut.
Schön, dass im Buch viele Bilder aus der Produktion zu sehen sind.
Tuning-Auswüchse und Spezialaufbauten
Fast einen Drittel des Buchs widmet Storz den Tuning-Varianten des W 124 sowie den Spezialaufbauten. Dem Originalitätsanhänger mag dies ein Greuel sein, interessant ist allemal was Firmen von AMG bis Zehnder mit der vergleichsweise bieder gestalteten 124-er-Baureihe machten. Besonders beliebt war er Anbau von SL- und SEC-Frontelementen, aber auch bei Radgrössen und Interieur-Aufwertungen hielten sich die Veredler damals nicht zurück.
Richtig exotisch wird es dann bei den Umbauten, die zumeist nicht mehr den Stern sondern den Markennamen des Karosseriebauers trugen. So verwirklichte Lorenz & Rankl etwa ein Cabriolet auf W-124-Basis, bevor das Werk auf den Zug aufsprang. Etwas ganz besonderes war der Borchert B 300 C-24 Biturbo, der eine Karosserie von Zagato erhielt, die sich optisch dem damaligen SL (R 129) orientierte, aber mit festem Dach und der Länge eines 190E daherkam. Zusammen mit dem auf 320 PS gebrachten Dreiliter dürfte der nur elfmal gebaute Wagen heute auch als Klassiker interessant sein.
Storz beschreibt und illustriert Tuning-Varianten und Spezialaufbauten inklusive Leichen-/Krankenwagen und Langversionen mit viel Hingabe und alleine diese Kapitel sind vielleicht den Preis des Buchs wert.
Und die Version aus Südkorea
Der Autor macht aber auch bei den umfangreich modifizierten W 124 nicht Halt. Er liefert zusätzlich noch ein Kapitel über die Lizenzvariante SsangYoung Chairman H, die sich ab 1997 der Technik des bei Mercedes ausgelaufene Mittelklasse-Modelles bediente, optisch aber eher nach dem Muster der S-Klasse W 140 gehalten war.
Dieses Modell hätte es vielleicht auch bei uns zu grosser Beliebtheit geschafft, doch verwehrte Mercedes erfolgreich den Vertrieb nach Europa.
Etwas knapp gehalten
Es gibt noch ein Kapitel zu Modellautos und einen knapp gehaltenen Statistikteil mit Motordaten, technischen Angaben und Preisen in Deutschland. Hier wäre natürlich mehr wirklich mehr gewesen und auch bei den Abbildungen muss man teilweise, und dies erstaunt bei einem Auto, das noch bis 1993 gefertigt wurde, Abstriche bei der Schärfe machen, zumal die Bildauswahl nicht immer überzeugt. Hier spürt man den Kostendruck, was angesichts des wirklich attraktiven Buchpreises dann auch wieder milde stimmt.
Wer sich schnell zur “letzten Mercedes-Mittelklasse” einlesen will, ist also gut bedient, wer alle Bücher zur Baureihe haben muss, kauft das Buch sowieso, denn er findet trotz der nur 96 Seiten sicherlich Informationen, die anderswo fehlen.
Bibliografische Angaben
- Titel: Mercedes-Benz W 124 (Schrader-Typen-Chronik)
- Autor: Alexander Franc Storz
- Sprache: Deutsch
- Auflage: 1. Auflage, Januar 2015
- Format: gebunden, 96 Seiten, 24 x 22 cm, 145 Farbbilder und 7 S/W-Abbildungen
- Preis: 12.95 € / 18.20 CHF
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