Porsche und Le Mans, Le Mans und Porsche. Jahrzehntelang eine einzigartig verwobene Erfolgsformel. Hier der grosse Langstreckenklassiker an der Sarthe, da der kleine Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen.
Seit dem ersten Start eines Porsche 356 SL Aluminium Coupés in Le Mans dauerte es bis 1970, ehe der erste Gesamtsieg eingefahren werden konnte.
Es folgten 18 weitere erfolgreiche erste Zieldurchfahrten bei dem prestigeträchtigen Rennen. Teilweise souverän, teilweise tragisch, teilweise glücklich gewonnen. Man erinnere sich an den Ausfall des Toyota TS050 Hybrid. Kazuki Nakajima strandet nach 23 h 55 min in Führung liegend mit technischen Problemen auf der Start-Zielgeraden. Toyota rollt aus, ein Desaster – Neel Jani prescht zum Sieg. Darüber wird man noch lange reden können.
Eingespieltes Autorenduo
Das Buch von René Staud und Bernd Ostmann widmet sich ausschliesslich der Sigegeschischte von Porsche in Le Mans seit 1970. Auf 240 Seiten gehen sie den Wagen, Fahrern, Konstrukteuren und Mechanikern genauso nach wie Orten und Situationen. Dabei, das sei hier vorweg genommen, entsteht für ein Buch ein ungemein lebendiges Bild dieser Zeitreise in Porsches ruhmreiche Vergangenheit.
Staud der akribische Fotograf hat wohl die meisten Porsche Modelle professionell vor der Linse gehabt und setzt für das Buch die Siegerwagen auf gekonnte Art ins Szene.
Ostmann, der ehemalige Chefredakteur von auto, motor und sport kennt Porsche nicht nur aus der Stuttgarter Nachbarschaft, er war bei so manchem Sieg in Le Mans zugegen und scheute sich auch nicht, Le-Mans-Siegerwagen im Rennoverall selbst auf Herz und Nieren zu testen.
To finish first, you have to finish first
Die Siege von Porsche sind keine Zufälle. Wer neunzehnmal in Le Mans gewinnt, kann nicht nur Glück haben aber von Glück reden. Schon der erste Gesamtsieg 1970 ging an das vermeintlich schwächste aber wahrscheinlich zuverlässigste Fahrzeug aus der angetretenen Porsche Armada. Mit Zurückhaltung, schonender Fahrweise und eben dem nötigen Quäntchen Glück sicherten Hans Herrmann und Richard Atwood Porsche den ersten Gesamtsieg in Le Mans. Gleichzeitig konnte Ferdinand Piëch, technischer Geschäftsführer bei Porsche triumphieren, sein Mut und seine Entschlossenheit, den in kürzester Zeit entstandenen 917 vom Reissbrett in 25 Exemplaren ein Jahr zuvor homologieren zu lassen, hatte sich ausgezahlt.
Porsche hatte sich vom Klassensieger in die Reihe der Gesamtsieger eingereiht. Da wo zuvor, Jaguar, Maserati, Ferrari und Ford vor der Siegersonne standen, war nun der Platz von Porsche. Das sollt sich immerhin noch 18 mal wiederholen.
Vielfältige Zeitreise
Staud und Ostmann zählen in ihrem Buch allerdings nicht 19 Gesamtsiege nach Jahreszahlen auf, sondern liefern ein Stimmungsbild mit viel Zeitgeschmack. Ausgewählte Siege aus den Jahrzehnte mit ausgewählten Fahrzeugen werden unter verschiedenen Aspekten beleuchtet.
Manchmal, wie beim 917, steht die Entwicklungsgeschichte im Mittelpunkt, dann kommen die Motorenentwickler zu Wort. An anderer Stelle sind es Fahrer, Mechaniker und die Boxenstrategen, die einen Eindruck vermitteln, wie es damals zu und her ging, warum die Crew gewann und wo der Sieg auch mal am seidenen Faden hing.
Dieser vielfältige Zugang offenbart die Mühe der Autoren mit diesem Buch. Alleine die Recherche und die Anzahl der Interviews verdient viel Respekt. Der fundierte Text, die sorgfältige Bildauswahl aus zeitgenössischen Bildern, gepaart mit aktuellen Bildern von Zeitzeugen beim Interview, runden den starken Eindruck des Buches ab.
Der Mythos Le Mans
Bereits der erste Klassensieg mit dem Gmünd Coupé 1951 war teuer erkauft. Kaum als Unternehmen etabliert, wagte der junge Sportwagenhersteller einen Auftritt in Le Mans und gewann mit dem kleinen 356er in der 1100ccm Klasse und kam auf Gesamtrang 20. Le Mans war aus Porsches Rennkalender nicht mehr wegzudenken.
Die Wagen wurden traditionell bis in die 80er Jahre in der Garage in Teloché vorbereitet und von dort auf eigener Achse zur Rennstrecke chauffiert. Wo Fahrer früher auf einer Luftmatratze am Boden ein Nickerchen zwischen den Stints machten, warten heute Motorhomes mit Physiotherapeuten. Die Boxengasse ist von der Rennstrecke abgetrennt, der Le Mans Start seit 50 Jahren abgeschafft.
Gleichwohl, dieses Buch bringt den Leser auf die Spur des Mythos Le Mans und damit auch auf die Erfolgsstrasse der Porsche Siege.
Porsche Erfolge in Buchform
Die Anzahl der Siege macht Porsche heute zur erfolgreichsten Marke in Le Mans. Die einstigen Gegner weit hinter sich lassend. Manche davon existieren schon gar nicht mehr. In diesem Buch kommen die einstigen Macher und Fahrer zu Wort.
Dabei leben die Rennschlachten ebenso auf, wie die Probleme in der Entwicklung oder die strategischen Entscheidungen in der Box. Technik ausgewählter Siegermodelle wird ebenso erklärt, wie persönliche Fahreindrücke von Siegerwagen geschildert werden. Dazu die auf einzigartige Weise in Szene gesetzten Porsche-Modelle durch René Staud.
Schenken oder schenken lassen
Was wird nicht alles über Porsche geschrieben? Was kommt nicht alles zu den 24 Stunden von Le Mans in die Buchläden? Darunter sind natürlich auch gute Bücher, hier ist ein weiteres dazu gekommen.
Der Fokus auf die Siege, die Beschränkung auf ausgewählte Fahrzeuge mögen zunächst nach Reduktion klingen, werden aber schnell zur Offenbarung, weil dahinter eine Tiefe zum Ausdruck kommen darf, die sonst nur noch mehrbändig zu bewältigen gewesen wäre. Lesenswerte Texte, packende Interview in denen auch jene zu Wort kommen, von denen man sonst nichts hört: Aerodynamiker, Strategen, Mechaniker. Es spannt den Bogen vom ersten Sieg mit dem Porsche 917 im Jahr 1970 bis zum letzten Erfolg mit dem 919 Hybrid im Jahre 2017.
Das Buch ist mit EUR 79.00 gemessen an Umfang, Wertigkeit und Tiefgang absolut gerechtfertigt. Wer es kauft, beschenkt sich selbst, wer es nicht kaufen möchte, lässt es sich schenken. Freude sei schon jetzt versprochen.
Bibliografische Angaben
- Titel: Mythos Le Mans - Die Porsche-Sieger. Autos - Technik - Fahrer
- Autoren: René Staud / Bernd Ostmann
- Sprache: Deutsch
- Verlag: Motorbuch
- Auflage: 1. Auflage, Oktober 2020
- Format: 230 x 305 mm, gebunden mit Schutzumschlag
- Umfang: 240 Seiten, 200 Fotos (farbig und s/w)
- ISBN: 978-3-6130-4344-2
- Preis: EUR 79,00
- Bestellen: Online bei amazon.de , online beim Motorbuch Verlag oder in der gut assortierten Buchhandlung
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