Neben Jim Clark, Gilles Villeneuve und Michael Schumacher zählt der Brasilianer Ayrton Senna zu den ganz grossen Legenden der Formel 1. Allein das Farbschema seines Helms wird uns allen für immer in Erinnerung bleiben. Seine Fangemeinschaft ist noch heute immens. Viele wandten sich nach seinem Tod sogar vom Rennsport ab.
28 Jahre nach seinem tödlichen Unfall erschien nun im Delius-Klasing-Verlag ein neues Buch über das Riesentalent hinter dem Lenkrad und zeigt dabei ein paar neue und uns bisher fremde Facetten über die Person Ayrton Senna auf. Die Zeitzeugen Pino Allievi, Carlo Cavicchi, Roberto Boccafoglio, Carlos Sanchez und Giorgio Piola erzählen Stationen aus Sennas Leben aus ihrer Sicht oder wie sie Ayrton da Silva kennengelernt hatten.
Spaghetti ohne alles
Bei den ersten vier Autoren liest es sich fast wie eine Vergötterung des Brasilianers, was aber dann am Ende im Interview mit Giorgio Piola etwas relativiert wird. Auf den 199 reichlich mit grossen Bildern bestückten Seiten ist der Textteil überschaubar, stellt aber doch eine etwas andere Sichtweise dar. Spannend, wie Senna (bereits bei Lotus) irgendwo im schon damals äusserst gefährlichen Detroit mit Carlo Cavicchi (damaliger Chefredakteur von autosprint) und dem italienischen Formel-1-Fotografen Angelo Orsi auf der Suche nach irgendeinem Restaurant unterwegs war, und am Ende bei einem Mexikaner seine Lieblingsspeise, eine einfache Portion "Spaghetti Bianco", bestellte.
Das Schöne an den persönlichen Erlebnissen mit Senna ist, dass kein Platz für Ursachenforschung zum Unfall oder gar wilde Verschwörungstheorien bleibt. Das Buch konzentriert sich so sehr auf die tollen historischen Bilder, dass es nicht einmal die fünf Geschichten-Erzähler auf dem Cover nennt. So entsteht fast der Eindruck eines Fotoalbums, das man gemeinsam mit einem älteren Verwandten durchstöbert, der bei jedem zweiten Bild "Ach, weisst du noch damals..." sagt.
Die Fotos sind abei nicht alle neu, aber einige von ihnen hat man tatsächlich bisher noch nicht gesehen. "Neue Bilder einer Legende" ist eher im übertragenen Sinne als eine neue Sichtweise auf den Brasilianer zu verstehen. Interessant ist in dem Zusammenhang, dass kein einziges Bild des Unfalls in Imola oder der Erstversorgung danach seinen Weg in das quadratische Buch gefunden hat. Es endet mit dem Rennstart, bei dem JJ Lethos Benetton in seiner Startbox stehen bleibt.
Kein Senna-Buch ohne Prost
Ganz grosses Thema des Buches ist einmal mehr der sich Jahr für Jahr aufbäumende Streit zwischen Prost und Senna, auf und neben der Rennstrecke. Dieser begann ja bereits in Monaco 1982, als der noch blutjunge Senna im unterlegenen Toleman Prosts haushoch überlegenen McLaren-TAG-Porsche im strömenden Regen in der 32. Runde bezwang, dann aber auf den zweiten Platz zurückversetzt wurde, da das nach einem Unfall von Jacky Ickx abgebrochene Rennen nach dem Stand der 31. Runde gewertet wurde.
Ayrton, der sechsfache König von Monaco, setzte seinen McLaren 1988 in der Portier-Kurve – mit einem Riesenvorsprung von fast einer ganzen Minute auf den Franzosen im gleichen Auto – in die Leitplanke, nachdem er aus der Box zu langsamerer Fahrt genötigt wurde. Durch Wut auf sich selbst, den verlorenen siebten Sieg und vor allem die Demütigung durch Prost verschwand er sofort in sein nahegelegenes Appartement und liess sich stundenlang nicht mehr blicken.
Lenkrad-Vorlieben
Senna griff in die Lenkräder von Nardi und Personal, wo Giorgio Piola das Bindeglied zwischen der Firma und den Fahrern war. Er kannte dadurch auch die Vorlieben der einzelnen Piloten. "Senna wollte immer ein Lenkrad mit grossem Durchmesser und einem geschossenen, absolut runden Kranz, dünn im Griff. Er hielt nichts von Lenkrädern, bei denen ein Teil des Kranzes fehlte, oder jene die mit anatomisch geformten Griffen ausgestattet waren". Auch wenn es nur eine Randnotiz ist, so sind doch diese kleinen Dinge, die man sonst eher selten liest, die den schriftlichen Teil des Buches lesenswert machen.
Fazit
"Ayrton Senna – Neue Bilder einer Legende" ist bestimmt ein "must have" für all die noch heute zahlreichen Senna-Fans. Auch wenn nicht alle Bilder "neu" sind, wie der Untertitel verspricht, kann man die auf der Rückseite angepriesene Behauptung "Senna neu gesehen" doch irgendwie bestätigen. Denn weiter liest man auf der Rückseite: "In diesem Buch begegnen wir einem Senna mit Willenskraft und Zielstrebigkeit, manchmal fast besessen von Ehrgeiz, wie auch sein Erzrivale Alain Prost, aber gleichzeitig auch einem überaus menschlichen Senna, warmherzig, introvertiert, mit Zukunftsängsten. Portraitiert in selten gesehenen Bildern und einfühlsamen Berichten von Zeitgenossen."
Der Bildband ist zum Preis von 39,90 Euro in Deutschland und für 41,10 Euro in Österreich zu haben. In der Schweiz kostet er 56,90 Franken.
Bibliografische Angaben
- Titel: Ayrton Senna – Neue Bilder einer Legende
- Autoren: Pino Allievi, Carlo Cavicchi, Roberto Boccafogli, Carlos Sanchez, Giorgio Piol
- Verlag: Delius Klasing
- Auflage: 1. Auflage März 2022
- Format: Festeinband, 277 x 297 mm
- Umfang: 200 Seiten, 272 Abbildungen
- ISBN: 978-3-667-12354-1
- Preis: EUR 39.90
- Kaufen/bestellen: Online beim Delius-Klasing-Verlag , online bei amazon oder im einschlägigen Buchhandel