Es gibt nur wenige Bergrennen, die eine derart lange Tradition aufweisen wie die Wettbewerbsläufe auf den Krähberg. Bereits 1911 fanden die ersten Veranstaltungen statt, Krähbergrennen der Vorkriegszeit fanden zwischen 1921 und 1927 statt. 1964 wurde die alte Tradition wiederbelebt und bis 1993 fand dann über 30 Jahre eine zweite Serie der Bergrennen statt. Trotzdem sind die Rennen im Odenwald wenig bekannt als beispielsweise das Klausenrennen oder das Rossfeld Bergrennen.
Ein neues Buch von Michael Schmitt füllt diese Wissenslücke und es tut dies auf überzeugende und vor allem umfangreiche Art und Weise.
Akribisch hat er alles gesammelt, was ihm unter die Finger kam und nun schliesslich ein über 350 Seiten starkes Werk redigiert. Man kann ihm nicht genug dafür danken, denn hier zeigt sich Enthusiasmus und Begeisterung jenseits von kommerziellem Denken.
Die frühen Bergrennen
Rudolf Caracciola, Fritz von Opel, Huldreich Heusser oder Ernes Merck hiessen die Stars der Vorkriegszeit und sie fuhren auf FAFAG, HAG, Bugatti, Stoewer, NSU oder Mercedes-Benz hiessen die Marken, auf den sie unter anderem antraten. Den Piloten und den lokalen Fahrzeugherstellern widmet Schmitt jeweils einen kurzen Abschnitt, bevor er die ersten sechs (1925 wurde verschoben) Krähbergrennen eingehend schildert. Erwähnt wird auch die deutsche Dauerprüfungsfahrt von 1923, die die Teilnehmer auf ihrer langen Wettfahrt über den Krähberg führte.
1928 kam wegen finanzieller Schwierigkeiten das abrupte Ende des organisierenden HAC Darmstadt und damit auch des damaligen Krähbergrennens.
Die späten Bergrennen
Es sollte bis ins Jahr 1964 gehen, bis die Motoren wieder am Krähberg dröhnten. Anders als in der Vorkriegszeit wurde allerdings die gegenüberliegende Bergseite für die Strecke genutzt. Diese bot auf 3,6 Kilometern Länge und bei einer maximalen Steigung von sechs Prozent einige knifflige Kurven, die in der Folge manchem Rennfahrer das Leben schwer machen sollten.
Die Durchschnittsgeschwindigkeiten stiegen kontinuierlich. Reichten 1964 noch 92,1 km/h für den Streckenrekord, waren 1986 bereits 131,52 km/h nötig, um sich in die ewige Bestenliste einschreiben zu können.
Auch für die Darstellung der Rennen der Nachkriegszeit (1964 bis 1993) stellt Schmitt wiederum einige herausragende Rennfahrer vor, darunter Rolf Stommelen, Kurt Ahrens, Sepp Greger und Reinhold Joest, aber auch Albert Pfuhl, der unter anderem mit einem Ferrari 250 GT SWB und einem Porsche 917/10 am Krähberg fuhr.
Dass es überhaupt zu einer Neuauflage des Krähbergrennens kam im Jahr 1964 war u.a. der Firma Veith Pirelli zu verdanken, die sich im Motorsport beweisen wollte und den Anlass finanziell und fachlich unterstützte.
Bereits 1965 zählte der Lauf zur Deutschen Bergmeisterschaft. Die rund 15’000 Zuschauer erhielten ab dann jeweils fast alles zu sehen, was die Autoindustrie an schnellen Autos baute, vom Porsche 356 Carrera, über den 904 GTS, den 906, den 910 bis zum 917, vom Ferrari 250 GT SWB bis zur Shelby Cobra, vom Lotus 23 bis zum Ford GT40.
Einige Rennen fanden sogar bei fast winterlichen Verhältnissen statt, doch dies war nicht der Grund dafür, dass 1993 zum letzten Mal gestartet wurde. Das Ende kam eher überraschend, das Bergrennen wurde sozusagen dem Umweltschutz geopfert, ohne dass je der Beweis erbracht worden wäre, dass es der Umwelt hinterher besser ergangen wäre ...
Der Krähberg als Sonderprüfung
Der Krähberg war nicht nur der Austragungsort des Bergrennens, sondern auch Teil der Streckenführung vieler anderer Anlässe der Nachkriegszeit, wie dies ja bereits bei der Dauerprüfungsfahrt von 1923 der Fall gewesen war.
Am bekanntesten dürfte hier die Olympia Rallye von 1972 gewesen sein, eine der spektakulärsten Rallyes, die je auf deutschem Boden stattgefunden hat. Angetreten war damals neben international bekannten Rallye-Stars wie Darniche, Mikkola oder Nicolas auch der junge Walter Röhrl, der auf einem Ford Capri RS 2600 elf Bestzeiten schaffte und damit die Alpine-Renault A110 und Ford Escort RS 1600 tüchtig einheizte. Die Wertungsprüfung 30 führte über den Krähberg, der Schnellste (Darniche) schaffte die Strecke in 4:51,3 Minuten.
Vielfältiges Bildmaterial
440 Fotos sind auf den über 350 Seiten verteilt, sie zeigen nicht nur die Rennen der Nachkriegszeit, sondern auch der Vorkriegszeit und viele der Bilder wurden vorher wohl noch nie abgedruckt. Sie stellen eine eindrückliche Dokumentation über ein Stück deutsche Motorsportgeschichte dar und wer heute einen Porsche 906 oder eine Alpine besitzt, findet vielleicht sogar sein eigenes Auto abgebildet.
Natürlich ist Schmitts Buch nicht für den Couchtisch gedacht, es will gelesen und studiert werden. Aber die Bilder illustrieren die sich stetig ändernden Zeiten bei Bergrennen auf eindrückliche Weise.
Umfangreiche Datensammlung
Natürlich hat es der Autor nicht damit bewenden lassen, die Rennen der Vergangenheit zu kommentieren. Wo immer möglich werden umfangreiche Ergebnislisten publiziert, Startlisten integriert und Berichte aus der Vergangenheit wiedergegeben.
So ist eine Datensammlung entstanden, die manchen Historiker vor Freude hüpfen lässt.
Preisgünstig
Mit EUR 29.00 wird die derartig umfangreiche Daten- und Bildsammlung wirklich günstig angeboten. Für den Interessierten offeriert das Buch viele Anekdoten und Bilder, die man sonst noch nie gelesen oder gesehen hat. So z.B. die Erzählung, wie sich ein Fernsehreporter 1966 bei Filmaufnahmen im Porsche Carrera 6 auf dem offenen geführten Gaszug abstützte, was den Wagen beschleunigte und schliesslich zum Abflug mit zwei Verletzten führte.
Bibliografische Angaben
- Titel: Am Krähberg donnern wieder die Motoren
- Autor: Michael Schmitt
- Sprache: Deutsch
- Verlag: Heimats- und Geschichtsverein Oberzent e.V.
- Auflage: 1. Auflage 2017
- Format: Gebunden, 21 x 26 cm
- Umfang: 352 Seiten, 440 Farb- und Schwarzweiss-Fotos
- Preis: EUR 29.00 (plus Versand EUR 2.50) in Deutschland
- Kaufen/bestellen: Per Email beim Autor , beim Heimat- und Geschichtsverein Oberzent e.V. Beerfelden oder im regionalen Buchhandel