Ja, stimmt, es gibt keinen Mangel an Büchern über den Sportwagen-Archetyp Porsche 911. Selbst Andreas Gabriel hat mit wechselnden Co-Autoren bereits zwei geliefert, wovon das eine den 911 Speedster, das andere den 911 Turbo behandelt. Jetzt haben sich Andreas Gabriel, Manfred Hering und Tobias Kindermann also dem G-Modell gewidmet.
Darunter werden gemeinhin alle Serien subsummiert, die zwischen 1974 und 1989 (jeweils Baujahr) gefertigt wurden, also sozusagen zwischen dem Ur-Elfer (bis F-Modell) und dem 964 standen oder fuhren. Wobei, und dies lernt der Porsche-Novize im Buch ziemlich schnell, die G-Serie natürlich nur ein Jahr gebaut wurde, dann folgte 1975 bereits die H-Serie.
Todgesagte leben länger
Eigentlich war der Porsche 911 mit luftgekühltem Heckmotor im Jahr 1974 bereits ein Auslaufmodell, die Nachfolger standen ja sozusagen mit 924 und 928 bereits in den Startblöcken. So kündigten selbst die grössten Fans, z.B. die Testredakteure der Zeitschrift Auto Motor und Sport, im Jahr 1977 mit dem Test des 911 SC (SC = Super Carrera) mit dem Titel “Der Letzte” das Schlussfeuerwerk des 911 an. Und auch das Kürzel “SC” deutete darauf hin, schliesslich war auch der 356 SC der letzte seiner Art gewesen.
Auch das Porsche-Management, namentlich Herr Fuhrmann, waren vom baldigen Ende der Heckmotorbauweise überzeugt.
Der Mann im Hintergrund
Doch es gab auch Gegenbewegungen und den Bemühungen der Herren Gabriel, Hering und Kindermann ist es zu verdanken, dass ein Mann zu Worte kommt, den nur wenige kennen: Friedrich Bezner. Bereits in den Fünfzigerjahren hatte der junge Bezner bei Porsche angefangen und er entwickelte bereits in den Sechzigerjahren am PDK mit, dem Porsche-Doppelkupplungsgegtriebe, das heute in verbesserter Ausführung bei vielen Herstellern eingebaut wird. 1979 übernahm er dann die Projektleitung für den 911, einen Job, der eigentlich niemand wollte, weil das Ende des 911ers ja besiegelt schien. Doch Bezner gab nicht auf, erhielt kleine Entwicklungsetats und sorgte für eine zweite Jugend des 911ers, dank neuen Modellvarianten wie dem Cabriolet, dem Turbo oder dem Speedster.
In der Literatur wird meistens der kürzlich verstorbene Peter W. Schutz als Retter des 911 gesehen, doch ohne Friedrich Bezner und seine Mitkämpfer hätte Schutz wohl gar nichts mehr zu retten gehabt. Dies wird jedenfalls nach dem Lesen des Interviews im Buch klar.
Chronologischer Aufbau
Aufgebaut ist das 425 Seiten starke Buch entlang der Zeitachse. Alle Modellgenerationen werden mit Erklärungstexten und Bildern eingeführt.
Da fährt man auch die eine oder andere Anekdote, die vorher nicht so präsent war. Etwa, dass der Prototyp des Turbo-Cabriolets auf der IAA eigentlich hätte mit Flügel gezeigt werden sollen, dass der Chef aber auf eine flügellose Studie bestand.
Dazu werden die technischen Daten der einzelnen Modellvarianten und die Preisentwicklungen der letzten Jahre aufgeführt.
Dies führt, nicht zuletzt, weil das Buch zweisprachig (Deutsch/Englisch) gehalten ist, schnell einmal zu 30 und mehr Seiten pro Baujahr. Zwischendurch werden Interviews (z.B. mit Helmut Bott) und ergänzende Texte integriert. Kaufberatungen helfen Interessenten, die Stärken und Schwächen der verschiedenen Entwicklungsstufen zu verstehen.
Auch die Sondermodelle
Besonders stolz ist Andreas Gabriel darauf, dass er erstmals alle Sondermodelle komplett dokumentieren konnte, auch solche, die gemeinhin kaum bekannt sind.
Da stösst man dann auf die Jubiläumsausgabe “25 Jahre” und die 25 Anniversary Edition, aber auch auf den Sonauto-Turbo, den es gerade einmal zehn Mal gegeben hat. Und natürlich fehlen auch die sportlich orientierten 3.0 RS- und Clubsport-Varianten nicht.
Ausgewähltes Bildmaterial
Das Buch ist text- und informationslastig, zeigt aber auch viele historische Bilder aus den 16 dokumentierten Baujahren sowie einige schöne später aufgenommene Bilder. Druckqualität und Bildauswahl überzeugen, mancher Fan hätte sich aber vermutlich noch mehr Fotos gewünscht.
Auch wäre es sicherlich spannend gewesen, mehr Prospekte und Farbtabellen aus den anderthalb Jahrzehnten Porsche-Produktion vorzufinden.
Breite Leserschaft
Über 190’000 G-Modelle wurden von Porsche gebaut in den 16 Jahren, bis die Ablösung durch den 964 erfolgte. Angesichts über 2/3 überlebenden Porsche-Fahrzeugen müsste man sich eigentlich keine Sorge machen, dass das neue Buch alleine schon bei den heutigen Besitzern dieser Autos genügend Abnehmer finden würde. Doch der Leserkreis kann sicherlich noch weiter gefasst werden, denn Porsche hat vermutlich ingesamt deutlich mehr Fans als Besitzer. Und all diesen Lesern ermöglicht das Buch von Berlin Motor Books sicherlich eine vergnügliche Erforschung der Geschichte dieses wichtigen Autos, dem noch heute viele ehemalige Besitzer manche Träne nachweinen.
Bibliografische Angaben
- Titel: Porsche 911 - Aircooled Years - 1974-1989
- Autoren: Andreas Gabriel, Manfred Hering, Tobias Kindermann
- Sprachen: Deutsch/Englisch
- Verlag: BMB Berlin Motor Books
- Auflage: 1. Auflage Dezember 2017
- Format: Gebunden mit Schuber, 27,1 x 4,3 x 32,1 cm
- Umfang: 425 Seiten, rund 250 Bilder
- ISBN: 978-3981459234
- Preis: EUR 99.80
- Kaufen/bestellen: Online bei amazon.de , online beim Verlag Berlin Motor Books oder im einschlägigen Buchhandel
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