Die Hockenheim Historic ist für viele Fans des historischen Rennsports der Startpunkt in die neue Saison. Am 21. bis 23. April 2017 war es wieder soweit, die Parkplätze rund um den Hockenheimring füllten sich, die Club-Parkräume wurden rege genutzt.
Bei durchzogenem, aber nur wenig feuchtem Wetter standen 18 Rennen in neun Klassen auf dem Programm. Ergänzt wurden die Rennläufe durch Präsentationen von Strassen- und Rennfahrzeugen.
Die Perle mit internationalem Stammbaum
Konzipiert war der BMW M1 ja als Gruppe-4-Rennwagen, doch als Nachfolger des erfolgreichen 320 Gruppe 5 hätten die Bayern auch gerne eine Gruppe-5-Version des neuen Mittelsportwagens gehabt. Sie machten also gemeinsame Sache mit dem Formel-1-Team March und vereinbarten eine Arbeitsteilung, in der March sich um das Chassis und die Karosserie kümmerte, während BMW den 3,5-Liter mittels Aufladung auf 850 PS bringen sollten.
March baute zwei Autos, die auf einem Aluminium-Monocoque basierten und aerodynamisch deutlich modifiziert waren, sprich breiter als der Serien-M1 waren und mit deutlich mehr Spoilern versehen.
Nur, BMW konnte den Motor nicht liefern, so mussten die ersten Renneinsätze mit dem normalen Reihensechszylinder absolviert werden. Die damit möglichen rund 480 PS reichten nicht für Siege, der erste Wagen fiel in Brands Hatch, aber auch in Vallelunga aus.
Auch die Einsätze des zweiten Fahrzeugs waren nicht von Erfolg gekrönt, einmal brach die Antriebswelle, einmal eine Aufhängung, dann wieder machte die Elektrik Schwierigkeiten. Weil BMW immer noch keinen Turbo-Motor liefern konnte, bauten die Amerikaner für das Jahr 1980 einen Chevrolet-Traco-V8-Motor ein. Die 700 PS machten den Wagen aber nicht standfester.
Eigentlich kam der Wagen sozusagen nie an. Umso schöner, dass es dem amerikanischen BMW-March M1 mit Chevrolet-Motor nun in Hockenheim wenigstens im zweiten Lauf der Autopassion Youngtimer Touring Car Challenge gelang, ins Ziel zu kommen, notabene auf Platz 3 hinter dem BMW M1 von Andreas Heinrich, der bereits im ersten Lauf dominiert hatte, und dem DeTomaso Pantera, der von Ralf Kelleners gefahren wurde.
Wer die Aufholjagd von Jan Bot Jr. im BMW-March M1 im zweiten Lauf gesehen hat, der wird sich sicherlich noch eine Weile daran erinnern.
Der Schweizer Michael Kammermann konnte seinen zweiten Platz im ersten Lauf im zweiten Lauf nicht mehr bestätigen und wurde Sechster.
Generell beeindruckte die Vielfältigkeit des Fahrzeugfelds, das unter anderem auch einen TVR Tuscan von 1989, einen Dodge Charger, einen Dodge Challenger und eine Renault-Alpine A310 Gruppe 4 von 1979 aufwies. Und nicht zu vergessen natürlich der Zakspeed Capri!
Ein rares Zusammentreffen
Es war der Graf Giovanni Volpi di Misurata, der in den späten Fünfzigerjahren die Scuderia Serenissima gründete. Je nach Situation setzte man Rennwagen verschiedener Hersteller ein, einen Ferrari 250 GTO baute man nach eigenen Vorstellungen zum Breadvan um.
1963 begann man eigene Renn- und Sportwagen herzustellen, eine Serienfertigung kam nie zustande. Der Serenissima 308 Jet Competizine wurde mit dem eigenen Achtzylindermotor ausgerüstet, der auch in der Formel 1 zum Einsatz kam. Tatsächlich wurde der Motor des Sportwagens sogar einmal für ein Formel-1-Rennen ausgebaut, in den Monoposto implantiert und nach dem Rennen wieder ausgebaut.
Vermutlich zum ersten Mal überhaupt sollten sich auf dem Hockenheimring der Serenissima M1AF Formel 1 und sein GT-Bruder 308 Jet Competizione auf der Rundstrecke treffen. Die Vereinigung klappte zumindest teilweise, beide Wagen drehten im Rahmen der “Scuderia Serenissima Präsentation” ihre Runden, womit die Zuschauer in den Genuss echter Raritäten kamen.
Die Spätbremser der Formel Junior
Das grösste und ausgeglichenste Startfeld war wie üblich bei der FIA Lurani Trophy mit den Formel-Junior-Einbäumen zu finden.
Rund 30 Rennwagen mit Front- oder Mittelmotor starteten zum ersten Lauf, der von Philipp Buhofer auf seinem Lola Mk5A mit rund sieben Sekunden Vorsprung auf Manfredo Rossi Di Montelera im Lotus 22 als Sieger beendet wurde.
Die Klasse “D2” konnte Bruno Weibel im Lotus 20 für sich entscheiden, er kam auch im zweiten Lauf als Erster an.
Dieses zweite Rennen sah dann aber Rossi Di Montelera als Sieger, gefolgt von John Fyda und Pierre Tonetti mit identischen Brabham BT6. Philipp Buhofer fuhr trotz schnellster Rennrunde als Sechster ein, ein problemloser Lauf war dies offenbar nicht.
Im Vergleich zur Formel Junior sah die Siegerehrung der Formel 3, ausgetragen als AvD Historic Race Cup, deutlich übersichtlicher aus. Gerade einmal acht Wagen schafften es im ersten Rennlauf ohne Probleme ins Ziel. Es siegte Thomas Warken im Ralt RT3/74 Alfa Nova. Er dominierte auch den zweiten Lauf, bei dem immerhin 11 Fahrzeuge die karierten Ziel-Flagge sahen.
Schweizer Dominanz in der CanAm
Gerade einmal ein Dutzend Wagen machten sich im Rennen um den Canadian-American Challenge Cup auf. So hielt sich denn auch das übliche CanAm-Gedonner im Rahmen und es siegte ein kleinhubraumiger Lola T294, gefahren vom Schweizer Felix Haas, in beiden Rennläufen.
Auch Platz 2 ging im ersten Lauf an einen Schweizer, nämlich Philipp Brühweiler auf einem Chevron B19, während der Deutsche Henry v. d. Amalien im McLaren M8C/D die Ehre der Big Bangers rettete, indem er im zweiten Lauf auf dem zweiten Platz ankam, notabene als einer von acht Piloten, die die karierte Flagge geschwenkt erhielten.
Interessant übrigens war zu beobachten, dass die schnellsten CanAm-Wagen den Hockenheimring etwas gleich schnell umrundeten wie besten Formel-3- und BMW-M1-Fahrer, also mit Zeiten um 1:45 bis 1:48. Völlig unterschiedliche Fahrzeugkonzepte führen also zum selben Ergebnis.
Mehr Vielfalt bei den Jüngeren
Einmal mehr waren es die Rennen der Youngtimer Touring Car Challenge, die für die farbigsten Startfelder sorgten.
Speziell die UPS4ALL YTCC-Rennen konnten eine beindruckende Vielfalt sorgen, vom Mazda RX3, über Datsun 240Z, Porsche 944 S2 bis zu Chevrolet Camaro, Saab 99 EMS, Mercedes-Benz 190E 2.3-16 oder Toyota Supra.
Dass es dann doch jeweils ein Porsche war, der sich zuvorderst ans Feld setzen konnte, war zu erwarten, doch der Toyota Supra blieb den Zuffenhausenern auf den Fersen.
Alfas unter sich
In den Rennen der Scuderia Alfa Classica waren die Oldtimer und Youngtimer aus Mailand unter sich. Der Hauptharst des Startfelds bestand aus den Modellen 155, 75 und GTV6, aber es gab auch Giulias, einen Alfasud Sprint und frühere GTVs zu sehen.
Oben auf dem Podium aber stand nach beiden Läufen ein Fahrer eines GTV6 aus Frankreich.
Gut frequentiertes Fahrerlager
Das Fahrerlager war gut besucht, zuweilen musste man sich fast seinen Weg die begeisterten Fans bahnen. Fast hatte man das Gefühl, dass die ungefähr 20'000 Zuschauer alle gleichzeitig zwischen den wartenden Boliden durchpilgern wollten. Es wurde auch einiges an Unterhaltung geboten, so gab es etwa die Möglichkeit, sich im mobilen Barbership rasieren zu lassen.
Auch die geöffneten Tribünen waren vergleichsweise gut gefüllt, auch wenn sich mancher Zuschauer noch an deutlich mehr Volk in der Vergangenheit erinnern dürfte.
Zuwenig historisch?
Ob die Hockenheim Historic ihrer Bezeichnung noch gerecht werden kann, musste bereits beim Anschauen des Programms zumindest teilweise in Frage gestellt werden. Der Lotus Cup Europe, die Boss GP und auch die STT mögen für spannende Rennläufe sorgen, richtig historisch sind die dabei gezeigten Autos aber nur in wenigen Ausnahmen.
Dafür fehlten in Hockenheim andere Serien, die man in der Vergangenheit liebgewonnen hatte, etwa die Zwerge oder auch Startfelder mit Tourenwagen der Sechzigerjahre. Auch zum Beinamen “Jim Clark Revival” passte das Programm kaum mehr, es fehlten schliesslich die Formel-Autos der Sechzigerjahre (Ausnahme Formel Junior) genauso, wie die Sport- und Tourenwagen, die der Engländer einst fuhr.
Torschlusspanik zum Schluss
Das Sonntagsprogramm fiel ein wenig auseinander, weil teilweise Felder zusammengelegt wurden oder viele Autos wegen technischen Problemen gar nicht mehr starten konnten. So reiste dann wohl mancher Besucher früher ab, als er es eigentlich geplant hatte.
Für zukünftige Austragungen der Hockenheim Historic wünscht man sich mehr und vollere historische Rennfelder und eine breitere Fahrzeugpalette.
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