Die Kollegen Albert und Exbert diskutieren wieder einmal über Automobile und deren Technik, genauer über starre und nicht starre Hinterachsen …
Albert: Gestern gab es gewaltigen Zoff mit Robert. Er behauptete starrsinnig, wie er ist, dass eine De Dion-Achse keine Starrachse sei. Das ist doch albern.
Exbert: Albert, das ist nicht albern. Das ist kompliziert.
A: Kompliziert hab’ ich nicht gern.
E: Ich weiss. Du hast lieber „albern“ oder „nicht albern“. Aber manchmal ist es
einfach kompliziert.
A: Ist es jetzt einfach oder kompliziert?
E: Sei nicht albern. Also von vorne. Eine Starrachse besteht aus einem Differential und einem Rohr, in dem die linke und rechts Antriebachse laufen. Gefedert ist diese Achse entweder mit Blattfedern, die in einfacheren Fällen auch die Längs- und Quer-Führung übernehmen, oder mit Schraubenfedern und Längslenkern.
A: So wie beim Jeep.
E: Genau. Wenn’s etwas mehr sein darf, wird die Achse zusätzlich über Längs- und Querlenker geführt. Wie verhält sich nun diese Achse?
A: Starr natürlich.
E: Wenn ein Rad einfedert, federt das andere aus, und beide Räder stehen zwangsläufig nicht mehr senkrecht zur Strasse. Wenn hingegen in einer Kurve auf flacher Bahn der Wagenkörper sich in den Federn neigt, bleiben beide Räder vertikal, zumindest, solange man es nicht übertreibt. So war die Starrachse auch bei Renn- und Sportwagen bis in die Sechzigerjahre erfolgreich anzutreffen.
A: Warum brauchte es denn noch eine De Dion-Achse, die erst noch kompliziert ist?
E: Ein grosser Nachteil der Starrachse ist ihr Eigengewicht, die sogenannte ungefederte Masse, vorallem wegen des schweren Differentials und der Kardanwelle. Sie spricht träge auf Impulse an und ist schwer zu dämpfen. So kann sie zu trampeln beginnen, entwickelt sozusagen ein gefährliches Eigenleben.
A: So dass das Auto aus der Kurve fliegt.
E: Genau. Die De Dion-Achse erlaubt es, das Differential am Chassis zu fixieren und so die ungefederte Masse zu verringern. Die Räder werden von je einer Halbachse mit zwei Kreuzgelenken angetrieben – wie bei einer Einzelradaufhängung.
Aber statt jedem Rad eigene Querlenker zu geben, verbindet ein Rohr von ziemlichem Durchmesser die beiden Achsschenkel (mit den Radlagern). Dieses Rohr wird in Querrichtung von einem sogenannten Watt-Gestänge, einem Querstab (Panhardstab) oder von einer Gleitschiene am Differential geführt, wo es mit einem Gleitstein drehbar gelagert ist. In Fahrtrichtung übernehmen Längslenker die Führung. Das Rohr kann vor, hinter, auf oder unter der Antriebsachse angeordnet sein.
A: Mir raucht schon bald der Kopf.
E: Pass nur auf, dass es kein Strohfeuer gibt.
A: Warum heisst das eigentlich De Dion-Achse? War der Erfinder ein Vorfahre von Celine Dion?
E: Nein, sie heisst so nach einem Grafen, der 1893 ein Patent anmeldete. Sein Vorname: Albert.
A: Exbert, sei nicht albern.
E: Nichts albern, er hiess wirklich so – Graf Albert De Dion.
A: Zum Glück hiess der Graf nicht Bobby, sonst wäre es jetzt eine Bobby-Achse.
E: Albert, sei nicht albern! – Im Rennsport wurde die De Dion-Hinterachse von den Dreissiger- bis in die Sechzigerjahre häufig eingesetzt und dann zunehmend durch die Einzelradaufhängung abgelöst. In den Siebzigerjahren wurde die De Dion-Achse, angesichts der immer breiteren Reifen, wieder neu geprüft (Ferrari T2, Chaparral H), setzte sich aber nicht mehr durch. Bei hochwertigen Sportwagen hingegen war sie noch lange beliebt, bis dann zunehmend die modernen Multilenker-Einzelradaufhängungen übernahmen.
A: Also ist sie jetzt gestorben.
E: Nein, eben ist sie wieder am Auferstehen, diesmal nicht im Sport- und Luxus-Segment, sondern in Kleinwagen wie dem Smart und in kleinen Elektroautos, so im Mitsubishi i-MiEV (ebenso Citroën C-Zero und Peugeot iOn) und im e.GO Life.
A: Totgesagte leben länger.
E: Wie ich höre, kannst du Sprichwort!
A: A propos – der langen Rede kurzer Sinn: Ist die De Dion-Achse nun eine Starrachse oder nicht?
E: Sagen wir es so: Sie ist eine Starrachse, aber ohne ihren Hauptnachteil, die höhere ungefederte Masse. Übrigens: Noch einen Vorteil bot die De Dion-Achse: Weil das Differential am Chassis befestigt war, konnte das Getriebe an die Hinterachse verlegt werden, um bei Frontmotorwagen die Gewichtsverteilung nach hinten zu verlagern. Selbst die Bremsen konnten nach innen ans Differential wandern, was die ungefederten Massen noch weiter verringerte. Dieses Konzept war im Rennsport von den Dreissiger- bis in die Sechzigerjahre verbreitet. Eines der wenigen Alltagsfahrzeuge mit dieser Anordnung war der (oder die) Alfa Romeo Alfetta (1972-84).
A: So wie ich Dich kenne, hat das auch einen komplizierten Namen.
E: Erraten, das nennt man Transaxle.
A: Klingt nicht gerade jugendfrei.
E: Albert, sei nicht albern!
Weitere Folgen aus der Reihe “Technik im Gespräch” finden Sie im entsprechenden Themenkanal.
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