Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) feierte im Herbst 1969 der VW-Porsche 914 seine Premiere. Mit nur zwei Sitzen und Mittelmotor war er ein echter Sportwagen. Für seine Vermarktung war zwischen Volkswagen und Porsche eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft gegründet worden und diese erkannte schon bald, dass der 914 eigentlich zu kompromisslos konstruiert worden war, um auf grosse Stückzahlen zu kommen, zu wenig Grossserientechnik war übernommen worden, zu wenig Platz boten Interieur und Kofferraum.
So wurde schon bald ein Entwicklungsprojekt mit der Nummer 425 ins Leben gerufen. Im Jahr 1970 bereits wurde mit der Entwicklung begonnen, das Ergebnis wurde im November 1975 der Öffentlichkeit vorgestellt, notabene zum 100. Geburtstag von Ferdinand Porsche, der allerdings bereits 1951 gestorben war.
Bezahlte Entwicklung …
Mit dem Projektbudget ging auch das Lastenheft an das Porsche-Entwicklungsteam: Innenraumgrösse in etwa wie beim Porsche 911, praxisgerechter Kofferraum, mehr Komfort als beim 914, Einsatz mechanischer Komponenten aus dem Ersatzteillager von Volkswagen, Endpreis deutlich unter dem 911.
Die Porsche-Entwickler machten sich ans Werk, schieden eine Heck- und Mittelmotoranordnung schon bald aus, votierten für Wasserkühlung, um eine gute Lösung für die Beheizung zu haben, und positionierten den von Volkswagen/Audi stammenden Vierzylinder schliesslich vorne, um 40 Grad geneigt unter der Motorhaube.
Um ein sportwagentaugliches Fahrverhalten zu sichern, sollten die Hinterräder angetrieben werden und das Gewicht möglichst neutral auf die ganze Fahrzeuglänge verteilt werden. Hier hiess die Lösung “Transaxle”, wie es Ferrari (365 GTB/4) oder Alfa Romeo (Alfetta GT) bereits vorexerziert hatten.
Porsche platzierte allerdings die Kupplung vorne und liess die 20 mm starke Antriebswelle in einem rund zwei Meter langem Tragrohr laufen, welches starr mit Motor und Getriebe verbunden war. Dies bewirkte zwar, dass die Getriebesynchronisation auch noch das Drehmoment der Kardanwelle verkraften musste, aber dies war lösbar.
1972 drehten die technischen Komponenten erstmals an Bord eines BMW 2002, der mit Achsen aus einem VW Käfer 1302 versehen war, ihre Runden. Kurze Zeit später wurde der ganze Antriebsstrang unter dem Kleid eines Opel Manta weitergetestet. Es folgte noch ein zweiter Manta, während sich die Konfiguration immer mehr der späteren Serien näherte.
1972/3 nahm auch die Aussengestalt Formen an und schon bald konnte man eine ganze Reihe von Prototypen Hunderttausende von Kilometern zurücklegen sehen.
… und Interesseverlust in Raten
Während das Projekt gut vorankam, ereigneten sich bei den Auftraggebern umfassende Veränderungen. So ersetzte Rudolf Leiding bei Volkwagen im Jahr 1971 Kurt Lotz. Leiding präferierte seine eigene Entwicklungsmannschaft und wollte die Zusammenarbeit mit Porsche stoppen. Das Projekt 425 allerdings wollte er als Basis für weitere Entwicklungen behalten. So einfach konnte dieses aber den Zuffenhausenern nicht entrissen werden.
Toni Schmücker wurde im Februar 1975 der Nachfolger von Leiding und hatte im Gegensatz zu seinem Vorgänger überhaupt kein Interesse am kleinen Sportwagen. Dafür aber hatte er unausgelastete Produktionsbänder in Neckarsulm. Es ergab sich eines zum anderen und Porsche durfte das Projekt 425 als 924 dort im Audi-NSU-Werk bauen lassen.
Für Porsche war diese Lösung wichtig, denn man benötigte ein Volumenmodell, um überleben zu können.
Design ohne Vorbild
Für das Design des 924 war Anatole Lapin verantwortlich. Er begann mit Skizzen, auf deren Basis dann ein 1:5-Modell entstand, das man im Windkanal testen konnte. Anschliessend folgte die Verwandlung in den Massstab 1:1, wobei noch immer Korrekturen angebracht wurden. So änderte die Heckpartie mehrfach.
Auf Basis des Modells aus Plastilin in Originalgrösse entstand eine Kunststoff-Maquette, die erneut im Windkanal ihre Effizienz beweisen musste. Dass man richtig lag, beweist der cW-Wert des fertigen Autos von 0,36.
Mit einer der ersten Prototypenkarossen aus Stahlblech wurden die Sicherheitsuntersuchungen durchgeführt und die vorherigen Computerberechnungen verifiziert. Weitere Prototypen wurden dann um die Welt und auf Versuchsbahnen geschickt, nicht alle mit dem erwünschten Ergebnis. So verunfallten sowohl Versuchswagen 8 als auch 10, aus beiden baute man dann einen weiteren Versuchswagen auf, hier zeigte sich die Natur des Schwaben, der als sehr sparsam gilt.
Das VW-Erbe
Dass der Porsche 924 als Verbundprojekt mit Volkswagen gedacht war, erkannte man, wenn man die technischen Komponenten genauer anschaute. In der Vorderachse waren die Querlenker vom VW Golf, die Federbeine des VW 1303 und Bremssättel Audi, ergänzt um Eigenentwicklungen verbaut. Die hinteren Aufhängungen setzten sich aus Schräglenker und Federstreben vom VW 1303, Drehstäben des VW 181, Bremsen aus VW 1303 und K70 sowie Antriebswelle des VW 181 zusammen.
Der Motor stammte von Audi, tat aber auch im VW LT Dienst. Von dort kam auch das Getriebe. Am sichtbarsten waren die Volkswagenteile aber im Innenraum, wo doch so manches an VW Golf und Käfer erinnerte. Dies war im Übrigen auch noch beim 1980 präsentierten 924 Carrera GT der Fall und der kostete damals immerhin rund das Vierfache eines Golfs.
Überzeugendes Produkt mit wenigen Schwächen
Der Porsche 924 überzeugte die Autotester im Grossen und Ganzen. Er erwies sich als ausreichend schnell (0 bis 100 km/h in 9,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 202,5 km/h gemäss Messungen der Automobil Revue im Jahr 1976) und vor allem als praktisch und sparsam (10,3 Liter pro 100 km im Testbetrieb). Auch der Komfort überzeugte insgesamt, Fahrverhalten und Handlichkeit genauso.
Fritz Reuter zeigte sich in seinem Test für “auto motor und sport” jedenfalls überzeugt:
“Kurven aller Art lassen sich mit über durchschnittlichen Geschwindigkeiten umrunden, wobei sich das Auto neutral bis leicht untersteuernd verhält, um im Grenzbereich dann mit dem Heck auszubrechen. Dieser Übergang vom Unter- zum Übersteuern geschieht ziemlich plötzlich, kann durch rasches Gegenlenken jedoch unter Kontrolle gehalten werden. Gute Bodenhaftung der Antriebsräder auch auf schlechten Straßen, ein ausgezeichneter Geradeauslauf und geringe Windempfindlichkeit runden das positive Bild der Fahreigenschaften ab.”
Das konnte der 911 gewiss nicht besser. Und der kostete deutlich mehr, denn in Deutschland war ein Porsche 924 für DM 23'240, in der Schweiz für CHF 27'390 zu haben. Es gab zwar günstigere Konkurrenten, etwa aus Italien oder Japan, aber am Preis scheiterte der Porsche 924 nicht.
Auf der Minus-Seite wurde bei den meisten Testberichten eher die Geräuschkulisse des Vierzylinders und Mängel im Abrollkomfort geäussert, auch die Lüftung überzeugte nicht in allen Punkten.
Doch Porsche verbesserte das neue Modell, das 1976 bereits täglich 109 Mal gefertigt wurde, Stück um Stück. Der Flankenschutz wurde schon im zweiten Produktionjahr serienmässig, die Instrumentierung geändert. Eine Automatik half Schaltfaulen beim Fahren. Ab September 1977 gab es den 924 dann auch mit Fünfganggetriebe (aufpreispflichtig) und verfeinerten Radaufhängungen zur Verbesserung des Verbrauchs.
An einem Punkt allerdings waren Verbesserungen schwierig, nämlich am kontrovers diskutierten Karosseriekleid. Bereits 1976 wurden fehlende Originalität und die nicht optimale Harmonie der Flankengestaltung im Bereich der hinteren Scheibe kritisiert. Zwar war man sich einig, dass der 924 mehr nach Sportwagen aussehe als sein Vorgänger, richtig glücklich war man aber mit dem Erscheinungsbild nicht.
Und so kam auch der Zweifel auf, ob denn nun der Porsche 924 ein echter Porsche sei. Die Zeitschrift “auto motor und sport” beantwortete diese Frage 1976 folgendermassen:
“Bleibt die Frage zu beantworten, ob der 924 als echter Porsche gelten kann. Er kann es, allerdings mit Einschränkungen. Es fehlen ihm - etwa in den Kriterien Form, Motor oder Fahrleistungen - jene überdurchschnittlichen Qualitäten, die das Herz des Sportwagen- Enthusiasten höher schlagen lassen und die beispielsweise den spezifischen Charakter eines 911 ausmachen. Spielraum für Verfeinerungen und Weiterentwicklungen ist also gegeben, und wenn es im weiteren Leben des 924 so wechselvoll zugeht wie bei seiner Geburt, darf man noch einiges, viel leicht sogar Turbo-Ientes, von ihm erwarten.”
Weise Worte, die sich später bewahrheiten sollten.
Am Lenkrad
Der Porsche 924 lässt sich für einen Sportwagen recht gut entern und bietet auf den Vordersitzen gute Platzverhältnisse. Die Rundumsicht geht, wenn man genügend weit oben sitzt, in Ordnung.
Das Lenkrad ist gut positioniert, Pedale und Schalthebel auch. Die Geräuschkulisse überzeugt deutlich weniger, stört aber auch nicht, wenn man sich mit kommoden Drehzahlen begnügt. Im Fahrbetrieb verhält sich der Transaxle-Porsche leichtfüssig und unaufgeregt, als gut erhaltener Oldtimer macht er bei jedem Wetter Spass.
Der Benjamin
Trotz durchaus bekannter Besitzer und Rennerfolgen blieb dem Porsche 924 das Image des Nachwuchs-Porsche nicht erspart. Die Automobil Revue nannte ihn den «Benjamin» im Zuffenhausener Bauprogramm und sogar die Porsche-Werbung hieb auf die selbe Kerbe ein, wenn sie den 924 als jüngeren Bruder des Turbos betitelten oder texteten, dass man mit dem 924 um Jahre früher ans Porsche-Ziel käme.
Den «Gusseisernen», so nannte man die 911-Verehrer, war der 924 sowieso zu weich und zu modern. Dies änderte sich auch kaum als der Vierzylinder mehr Leistung und breitere Backen kriegte.
Evolution zum «echten» Porsche
Dabei tat Porsche viel, um den 924 erwachsener zu machen. Er erhielt zunächst einen Turbolader, später einen «echten» Porsche-Motor, Kotflügelverbreiterungen und Spoilerwerk. Auch die VW-Teile im Interieur und in der Technik-Plattform wichen nach und nach selbstproduzierten Varianten, dies vor allem beim 944, 944 S2 und 968.
Der Porsche 924 wurde als 924 S noch bis 1988 gebaut, 1986 hatte er, nun mit dem 150 PS starken 944-Vierzylinder, den 924 nach etwas über 130’000 gebauten 924 (mit Audi/VW-Motor) ersetzt.
Und bis zum Schluss war er mit Frontmotor und Wasserkühlung das leibhaftige Gegenteil des 911. Für viele Fans ist er damit der am einfachsten und angenehmsten zu fahrende Porsche aus jener Epoche. Und mit der Audi-/VW-Technik halten sich auch die Wartungskosten in Grenzen, was aus Sicht des Oldtimerbesitzers natürlich auch ein gewichtiges Argument ist.
Wir danken dem Besitzer und der AMAG für die Gelegenheit, den frühen Porsche 924 fotografieren zu können.
Weitere Informationen
- AR-Zeitung Nr. 48 / 1975 vom 20.Nov.1975 - Seite 17: Vorstellung Porsche 924
- AR-Zeitung Nr. 49 / 1975 vom 27.Nov.1975 - Seite 11: Am Lenkrad des Porsche 924
- auto motor und sport / Nr. 24 / 1975 - Seite 30: Fahrbericht Porsche 924
- auto motor und sport / Nr. 24 / 1975 - Seite 36: Die wechselvolle Entstehung des Porsche 924
- auto motor und sport / Nr. 4 / 1976 - Seite 28: Test Porsche 924 - Lastenausgleich
- ADAC Motorwelt Nr. 4 vom 1. April 1976 - Seite 20: Test Porsche 924
- AR-Zeitung Nr. 20 / 1976 vom 13.Mai.1976 - Seite 17: Test Porsche 924
- auto motor und sport / Nr. 16 / 1976 - Seite 13: Modifikationen am Porsche 924
- auto motor und sport / Nr. 10 / 1977 - Seite 200: Nord-Süd-Express - Porsche 924
- auto motor und sport / Nr. 23 / 1977 - Seite 48: Kurztest Porsche 924 mit Fünfganggetriebe
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Zum 924: Mit 9,5 sec. war er langsamer als der zeitgleiche Golf I GTI oder erst recht der Scirocco GTI. Selbst ein Audi 80 GTE fuhr ihm noch davon oder auch z.B. ein Alfa Spider 2000. Man muß in den mittleren oder späten 70er Jahren nicht so viel Geld ausgeben wie der 924 gekostet hatte, um mindestens gleiches oder schnelleres zu bekommen. Für mich war erst der 924 S, der leider viel zu spät herauskam und eigentlich den pausbackigen 944 von vorneherein überflüssig gemacht hätte, eine echter Könner. Der 2.5L-Motor läuft um so vieles besser und schöner als der alte 2.0L-Audi-Motor, daß man die beiden wahrlich nicht vergleichen kann. Ein einziges "S" am Heck macht ein anderes Auto daraus. Mir gefällt die elegante Form des 924 viel besser als der halbstarke 944. Ein 924 S ab ´81, anstatt des 944, das wärs gewesen!
Es war nicht ganz einfach, einen Beleg über die von MB beabsichtigte Positionierung des 190 E 2.3-16 im Markt zu finden, aber in Ausgabe 12/1984 von sport auto bin ich in einem Vergleichstest mit dem 944 schließlich fündig geworden:
"Auch Daimler-Benz nahm und nimmt den Verkaufsrenner aus Stuttgart-Zuffenhausen ernst: Neben potenten BMW-Limousinen läuft heute noch ein weißer 944 im vergleichenden Untertürkheimer Vierventiler-Versuch.
In der Tat sehen die Mercedes-Verkaufsstrategen gerade im 944 den einzigen ernst zu nehmenden Gegner für ihre neue Sportlimousine, wenn es um die Kombination außerordentlicher Fahrleistungen mit bemerkenswerter Verbrauchs-Bescheidenheit geht - Grund genug für sport auto, dieses schwäbisch-schwäbische Duell zu inszenieren."
Erst der Boxster hat dann den 914 eingeholt. Der Boxster ist für mich der würdige Nachfolger des 914, nicht der 924. Damit möchte ich den 924 nicht schlecht reden, er ist konzeptionell aber deutlich anders. Beim Boxster hat Porsche die Fehler des 914 nicht wiederholt. So liegt er preislich deutlich unterhalb des 911er, leistungstechnisch aber deutlich über die sogenannte GTI-Klasse.
Letztes Jahr gab es das schöne Jubiläumsfest für den 914 im Porsche Museum, wenn auch in der Ausstellung kein normaler 914/6 zu finden war - Schade. Und preislich liegen und lagen die 914/6 schon immer nur wenig unterhalb des 911er.
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LM 1981:
924 Carrera GTR / Sieger der Klasse IMSA GTO mit Manfred Schurti & Andy Rouse
[der 924-Nachfolger - 944 LM - gewann hier übrigens die Klasse GTP+3.0 mit Jürgen Barth & Walter Röhrl].
LM 1982:
924 Carrera GTR / Sieger der Klasse IMSA GTO mit Jim Busby & Doc Bundy.
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